Forschungsthemen und Teilprojekte

Künstliche Implantate aus körperfremden Materialien werden in fast allen chirurgischen Disziplinen verwendet. Die Ansprüche an solche Implantate sind, abhängig von Funktion und Lokalisation, sehr unterschiedlich. Ein gemeinsames Problemfeld in allen Einsatzgebieten besteht in der Interaktion des Körpers mit den Implantaten. Während Form, Größe und Stabilität aufgrund der angestrebten Funktion häufig sehr genau vorgegeben sind, werden insbesondere oberflächenchemische und -physikalische Eigenschaften oft nur unzureichend untersucht und gestaltet. Probleme mit fehlender Adhäsion oder auch mit überschießender „Einheilung“ sind mögliche Folgen, die den Behandlungserfolg begrenzen.

Gemeinsam mit den Materialwissenschaftlern der Johannes-Gutenberg-Universität, des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung, der Universität Siegen und der Fachhochschule Gelsenkirchen, versuchen die an BiomaTiCS beteiligten chirurgischen und nicht-klinischen Institute, die Ursachen unerwünschter Gewebereaktionen auf die Implantatmaterialien zu identifizieren und durch gezielte Material- bzw. Oberflächenmodifikationen die Gewebereaktion besser zu steuern.



Forschungskonzept der BiomaTiCS-Gruppe
Forschungskonzept der BiomaTiCS-Gruppe

 

 

Dies betrifft nicht nur permanente Implantate, sondern auch solche, die nur zeitweilig im Körper verweilen und ohne Rückstände und Gewebsverletzungen wieder entfernt werden müssen.

In der regenerativen Medizin spielt neben der Verwendung von künstlichen Implantaten aber auch zunehmend der biologische Ersatz von Geweben und Organen eine Rolle. Beim "Tissue Engineering" sollen körpereigene Zellen des Patienten im Labor zu neuem Gewebe wachsen. Basis hierfür sind sogenannte "Scaffolds" aus zumeist künstlichen Materialien, die die Form des neuen Gewebes vorgeben und für eine optimale Funktion sorgen sollen.

Insgesamt lassen sich die verschiedenen BiomaTiCS-Forschungsprojekte in zwei große, sich teilweise thematisch und methodisch überschneidende Bereiche aufteilen:

 

Der Schwerpunkt „Funktioneller Ersatz“ befasst sich mit der gezielten Steuerung der Anhaftung von Proteinen, Zellen und Geweben auf kommerziellen und experimentellen Implantaten, die im Körper verbleiben und dauerhaft funktionelle Defekte ausgleichen sollen (z.B. Glaukom-Drainage-Implantate, Zahnimplantate, Gehörknöchelchen, Gelenkendoprothesen,etc.). Dabei werden sowohl antiadhäsive als auch adhäsionsfördernde Materialien und Oberflächen untersucht und gezielt modifiziert. Eine besondere Rolle spielt die Osseointegration von Zahnimplantaten und Gelenkprothesen. Da hier ein schnelles Einheilen und jahrzehntelanger fester Halt notwendig ist, zielen die Projekte auf die Entwicklung „induktiver“ Materialien/Oberflächen ab, die die Rekrutierung und Differenzierung von Osteoblasten fördern und die Mineralisierung des materialangrenzenden Gewebes hin zu Knochengewebe gezielt steuern/stimulieren können. Ein in Deutschland einmaliger Ansatz ist hierbei die Verwendung der Erkenntnisse aus der Erforschung mariner Organismen (wie z.B. von Meeresschwämmen), die zur hochgradig geordneten Ablagerung von Biosilikaten/Biomineralien fähig sind.

Im Schwerpunkt „Geweberegeneration“ werden insbesondere Implantate und Materialien untersucht, die die Heilung erkrankten oder geschädigten Gewebes bzw. die Herstellung von biologischem Ersatz im Sinne des Tissue Engineering unterstützen (z.B. Osteosyntheseplatten zur Frakturbehandlung, temporäre Shuntsysteme, Scaffold-Materialien für den Ersatz großer Knochendefekte, Rekonstruktion von Harnleitern und Blutgefäßen). Diese Materialien verbleiben nicht im Körper, sondern müssen entweder in situ abgebaut und durch funktionelles Gewebe ersetzt, oder durch einen zweiten Eingriff nach Abschluss der Regeneration (z.B. Heilung einer Knochenfraktur) ohne erneute Schäden entfernt werden. Ziele dieses Schwerpunktes sind u.a. die Steuerung der Geweberegeneration mithilfe chemischer und biologischer Modifikation von zwei- bzw. dreidimensionalen Oberflächen sowie die Steuerung der Balance zwischen mechanischer Stabilität und Resorbierbarkeit.

 


Kontakt

Dr. rer. nat. Nadine Wiesmann
Universitätsmedizin Mainz
BiomaTiCS
Langenbeckstrasse 1
55131 Mainz
E-Mail:  nwiesman@uni-mainz.de