Koronare Herzkrankheit

Ursache der koronaren Herzerkrankung ist die Arteriosklerose (Arterienverkalkung) der Herzkranzefäße. Durch Ablagerung von Fetten (Lipiden), Bindegewebe und Kalk in der Gefäßwand kommt es zur Lumeneinengung mit Beeinträchtigung der Blutzufuhr zum Herzmuskel (Myokard). Klinische Manifestation der koronaren Herzkrankheit sind die typischen Herzschmerzen (Angina pectoris), das akute Koronarsyndrom, die „stumme“ Myokardischämie und der akute Myokard(Herz-)infarkt, Herzrhythmusstörungen einschließlich des plötzlichen Herztodes sowie die Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz).

Inhaltsverzeichnis:

Epidemiologie

Von der erworbenen Herzerkrankungen spielt die koronare Herzkrankheit (KHK) die epidemiologisch wichtigste Rolle. Ihre Folgen – akuter Myokardinfarkt und myokardiales Pumpversagen – sind die häufigste Todesursachen in den westlichen Ländern. Bekannte Risikofaktoren sind Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), Rauchen, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Hyperurikämie, Fettleibigkeit (Adipositas), Streß, Bewegungsmangel und familiäre Anlagen. Das Risiko der Krankheitsentstehung wird durch das Zusammentreffen zweier oder mehrerer der o.g. Risikofaktoren erhöht.

Anatomische Grundlagen

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Die Herzkranzgefäße sind die Blutgefäße, die den Herzmuskel mit sauerstoffreichem Blut versorgen. Sie gehen direkt von der Hauptschlagader (Aorta) ab und umschließen mit ihren Verzweigungen die beiden Herzhälften wie ein Kranz. Die rechte Herzkranzarterie (Arteria coronaria dextra, RCA) versorgt den rechten Vorhof, die rechte Kammer, die Herzhinterwand und einen kleinen Teil der Herzscheidewand. Der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie teilt sich in zwei Äste (Ramus interventricularis anterior (RIVA,LAD) und Ramus circumflexus (RCx)), welche den linken Vorhof, die linke Kammer und den überwiegenden Teil der Herzscheidewand versorgen.

Ätiologie und Pathogenese

Die KHK ist die kardiale Manifestation der Atherosklerose mit Einengung oder Verschluss der Herzkranzarterien (Koronararterien). Die Folge ist ein Missverhältnis zwischen Angebot und Sauerstoffbedarf des Herzmuskelsnd. Aufgebrochene (ulcerierende) Plaques können zu diffusen Mikroembolien führen oder über lokale Gerinnselbildungen (Thrombosen) zum plötzlichen Verschluss einer Herzkranzarterie.

Entsprechend der Beteiligung der Herzkranzgefäße spricht man von einer: Hauptstammstenose, 1-Gefäßerkrankung, 2-Gefäßerkrankung oder 3-Gefäßerkrankung.
In der Häufigkeit der Lokalisation von Koronarstenosen liegt der Ramus interventrikularis anterior der linken Herzkranzarterie mit seinen Seitenästen an 1. Stelle, gefolgt von der rechten Herzkranzarterie und dem seltener befallenen Ramus circumflexus der linken Herzkranzarterie. Eine signifikante Minderdurchblutung des Herzens wird durch eine Einengung der Herzkranzgefäße von über 70 % des Gefäßdurchmessers verursacht. Unter Ruhebedingungen reicht die Blutmenge, welche die Herzkranzgefäße durchströmt aus, um den Herzmuskel ausreichend mit Blut zu versorgen. Eine Minderversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff (Myokardischämie) tritt dann auf, wenn Herzarbeit und O2-Bedarf des Herzmuskels die Fähigkeit des Koronararteriensystems, sauerstoffhaltiges Blut zu liefern, übersteigen.

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Der Herzinfarkt ist definiert als ein durch plötzliche Sauerstoffminderversorgung verursachter, umschriebener Gewebsuntergang des Herzmuskels und ist die häufigste Todesursache in der Bundesrepublik Deutschland. 35 % der Infarktpatienten versterben im Akutstadium. Frauen sind meist erst nach den Wechseljahren betroffen, wenn die Östrogen-Produktion abnimmt. Ursache des Infarktes ist der Verschluss oder eine hochgradige Einengung einer oder mehrerer Herzkranzarterien als Komplikation der Arteriosklerose. Zunächst bildet sich eine arteriosklerotische Plaque, d.h. eine aus Fetten und Bindegewebe bestehende, plattenartige, in die Gefäßlichtung hineinragende Gewebeveränderung. In einer späteren Phase reißt die Gefäßinnenhaut über einer solchen Plaque ein.

Die dadurch entstehende rauhe Oberfläche führt zu einer Anlagerung von Blutplättchen (Thrombozyten) und zur Aktivierung der Blutgerinnung, so dass sich das Herzkranzgefäß durch das entstandene Blutgerinnsel verschließt. Aus den Durchblutungsstörungen resultiert eine unzureichende Sauerstoffversorgung des Herzmuskels, so dass das von dem betroffenen Gefäß versorgte Herzmuskelgewebe bereits nach 20-30 Min. anfängt abzusterben. Innerhalb von 6 Std. ist das minderversorgte Muskelgewebe komplett und irreparabel geschädigt - es ist eine Nekrose des Herzmuskels entstanden. Wird der Infarkt überlebt, so bildet sich eine Narbe, die sich jedoch nicht mehr wie das ursprüngliche Muskelgewebe zusammenziehen (kontrahieren) kann und deshalb keine Pumpfunktion erfüllt. Je näher ein Verschluss eines Herzkranzgefäßes an dessen Abgang aus der Hauptschlagader liegt, desto größer ist in der Regel der Infarktbezirk.

Symptome

Hauptsymptom der KHK ist die Angina pectoris: Sekunden bis Minuten anhaltende, plötzlich auftretende, starke Schmerzen hinter dem Brustbein oder in der linken Brustseite, die mit Vernichtungsgefühl, Beklemmung und Todesangst einhergehen können. Eine Ausstrahlung der Schmerzen in den linken Arm, den Hals, den Unterkiefer oder den Oberbauch ist möglich. Typischerweise wird die Angina pectoris durch körperliche Aktivität ausgelöst, hält in der Regel nur wenige Minuten an und klingt in Ruhe ab. Die meisten Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit klagen über Angina pectoris; die KHK kann jedoch auch ohne Symptome (asymptomatisch) verlaufen und erstmals durch einen akuten Infarkt, Herzrrhythmusstörungen mit Herzstillstand oder ein Pumpversagen auffällig werden. Ein asymptomatischer Verlauf ist typisch für Patienten mit Diabetes mellitus.

Die Einteilung der Angina pectoris erfolgt nach der Canadian coronary Society (CCS) in vier Schweregrade:

Grad 1: Keine Symptome
Grad 2: Symptome bei stärkerer körperlicher Belastung
Grad 3: Symptome bei leichter körperlicher Belastung
Grad 4: Symptome in Ruhe

Bei einer stabilen Angina pectoris ist der Schmerzcharakter der Anfälle immer gleich, die Schmerzen lassen sich durch die Anwendung von Nitroglyzerin beseitigen. Wenn die Anfälle ausschließlich bei Anstrengung auftreten, werden sie auch als Belastungsangina bezeichnet. Eine instabile Angina pectoris liegt vor, wenn die Häufigkeit der Anfälle, deren Dauer sowie die Schmerzintensität zunehmen, die Schmerzen häufiger auch ohne körperliche Belastung auftreten (Ruheangina) und Medikamente nur noch verzögert zu einer Besserung der Beschwerden führen. Da ein akuter Angina-pectoris-Anfall anhand der bestehenden Schmerzen nicht von einem Herzinfarkt unterschieden werden kann, muss durch ein EKG und Laboruntersuchungen (Bestimmung der Herzmuskelenzyme) ein Infarkt ausgeschlossen werden. Eine instabile Angina bedeutet höchste Herzinfarktgefahr und erfordert ärztliche Behandlung.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt durch ein Ruhe-EKG und durch ein Belastungs-EKG (meist mit einem Fahrrad-Ergometer im Sitzen oder Liegen). Auch die Belastungs-Echokardiographie kann Hinweise auf das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung liefern und nicht funktionsfähige Anteile des Herzmuskels darstellen, bei denen nach Bypassanlage eine Erholung der Funktion zu erwarten ist. Zu dieser Information können auch nuklearmedizinische Methoden beitragen. Beweisend ist in der Regel die Herzkatheteruntersuchung mit Darstellung der Herzkranzgefäße (Koronarangiographie), die notwendig ist zur Einschätzung des Schweregrades der KHK und zur Festlegung der optimalen Therapie. Dabei handelt es sich um die Röntgenkontrastdarstellung der Herzinnenräume, der großen Gefäßstämme und der Herzkranzgefäße mittels eines über ein Blutgefäß – entweder die Leistenarterie oder die Armarterie - in das Herz vorgeschobenen dünnen Katheters. Über diesen Katheter können Kontrastmittel oder Medikamente gespritzt werden (z.B. zur Auflösung von Blutgerinnseln), Druck-, und Sauerstoffsättigungsmessfühler in die Herzkammern und die großen Gefäße einführt, sowie Blutproben für Blutgasanalysen entnommen werden. Außerdem können spezielle Katheter zur Aufdehnung von Engen (Dilatation, PTCA) auf diese Weise in die Herzkranzgefäße eingebracht werden, wodurch bei einem Teil der Patienten eine Herzkranzgefäßoperation aufgeschoben oder unnötig werden kann. Bei unklaren Befunden aus der Herzkathteruntersuchung können Zusatzuntersuchungen (intravasaler Ultraschall (IVUS), Bestimmung der koronaren Flussreserve) weitere Informationen liefern. Das Risiko tödlicher Komplikationen bei der Koronarangiographie liegt unter ein Promille. In Zukunft ist damit zu rechnen, daß nicht invasive bildgebende Methoden wie das CT (Computertomographie) und MRT (Magnetresonanztomographie) vergleichbare Darstellungen der Herzkranzgefäße liefern werden.

Neben der Anamnese mit der Befragung nach familiärer Belastung und Risikofaktoren ist bei der körperlichen Untersuchung auf das Vorliegen von Gefäßgeräuschen zu achten. Die Gefäßgeräusche entstehen bei einer generalisierten Arteriosklerose, denn häufig ist die koronare Herzerkrankung mit einer peripheren Arterienverschlusskrankheit oder Verengungen der Halsschlagader (Karotisstenosen) kombiniert.

Prognose

Die jährliche Sterblichkeitsrate der koronaren Herzerkrankung liegt bei 5 - 8% und ist abhängig vom Schweregrad der koronaren Herzerkrankung: je mehr Gefäße betroffen sind, umso höher ist das Risiko, das bei der 1-Gefäßerkrankung 3-4% beträgt, bei einer 2-Gefäßerkrankung schon auf 6-8% steigt und bei der 3-Gefäßerkrankung bei 10-13% liegt. Eine besonders ungünstige Prognose besteht bei einer Stenose des Hauptstammes der linken Herzkranzarterie. Hier liegt die Sterblichkeit in Abhängigkeit vom Grad der Enge bei über 30% pro Jahr. In Ausnahmefällen kann auch eine Eingefäßerkrankung mit einer ungünstigen Prognose verbunden sein. Für alle Formen der koronaren Herzerkrankung gilt, dass die Prognose durch das Vorliegen einer eingeschränkten Pumpfunktion des linken Herzens (EF < 40) deutlich verschlechtert wird.

Behandlungsmöglichkeiten

Prinzipiell gibt es 4 Behandlungswege in der Therapie der koronaren Herzkrankheit: die konservativ medikamentöse Therapie, die Ballondilatation oder Stentung sowie die Bypass-Op.
Ziel der Therapie eines akuten Angina-pectoris-Anfalls ist es, die Sauerstoffversorgung des Herzens zu verbessern und einem Herzinfarkt vorzubeugen. Eine medikamentöse Erweiterung der verengten Herzkranzgefäße erreicht man durch Nitroglyzerin (als Spray oder Kapseln). Um weiteren Anfällen vorzubeugen, ist eine medikamentöse Dauerbehandlung erforderlich (z.B. mit Betablockern, Acetylsalizylsäure). Je nach Erfolg der medikamentösen Behandlung und Schweregrad der koronaren Herzkrankheit kommen auch Eingriffe wie eine Ballondilatation (PTCA) oder eine Bypassoperation infrage.

Die medikamentöse Therapie soll eine mögliche Progression und die Symptomatik positiv beeinflussen. Die Mehrzahl der Interventionen bei der KHK hat im wesentlichen prognostischen Charakter. Koronarintervention oder chirurgische Behandlung sollen vor allem die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Herztodes reduzieren und die Intensität der Angina pectoris als klinisches Korrelat der Myokardischämie und die Rate von Infarkten verringern.

Eine Behandlung mit das Gerinnsel auflösenden Medikamenten (Fibrinolyse) und möglicherweise Akutintervention kann innerhalb der ersten Stunden nach Auftreten der Durchblutungsstörung (Ischämie) zumindest die Ausdehnung verringern, bei einem Teil der Patienten sogar die Ausbildung des Infarktes verhindern. Frühe Komplikationen des eingetretenen Infarktes sind ventrikuläre Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) und ein Pumpversagen des Herzens. In 1-2% der Fälle können nach bis dahin stabilem Verlauf 6 bis 12 Tage nach dem Infarkt Komplikationen wie eine Septumruptur (Infarkt-VSD), eine Papillarmuskelruptur oder eine Ruptur der freien Ventrikelwand auftreten.

Indikationsstellung

Ziel der operativen Behandlung ist die Verbesserung der Durchblutung in den bedrohten Herzmuskelarealen mit Hilfe von Umleitungs"brücken" (Bypässen), d.h. sauerstoffreiches Blut wird um die Engstellen/den Verschluß der Herzkranzgefäße geleitet.
Entscheidendes Kriterium für die Entscheidung zur chirurgischen Behandlung ist deren akute oder langfristige Überlegenheit gegenüber medikamentöser bzw. interventioneller Behandlung. Dieses ist bei Vorliegen einer Hauptstammstenose sowie Dreigefäßerkrankung in der Regel gegeben: Bei einer 3-Gefäßerkrankung besteht ohne Operation eine nur 50 %-ige Überlebenswahrscheinlichkeit in 5 Jahren, so dass bei einem durchschnittlichen Risiko von 2-3 % eine Operation indiziert ist. Bei bestimmten Formen der Zweigefäßerkrankung steht ebenfalls der prognostische Vorteil der chirurgischen Revaskularisation außer Diskussion. Im Gegensatz dazu ist die Lebenserwartung bei einer isolierten Stenose des rechten Kranzschlagader (RCA) oder der Circumflexarterie (RCX) meist nicht wesentlich eingeschränkt. Die Operation wie auch Katheterinterventionen verbessern hierbei lediglich die Lebensqualität.
Liegen Nebenerkrankungen wie insulinpflichtiger Diabetes mellitus oder eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz vor, so ist die chirurgische Therapie der interventionellen deutlich überlegen. Bei Patienten mit schweren Lungenerkrankungen oder ausgeprägter Atherosklerose der Aorta und der hirnversorgenden Arterien ist im Einzelfall die Koronardilatation das Verfahren mit dem geringeren Risiko.
Der Zeitpunkt der operativen Behandlung ist bei stabilen Patienten innerhalb eines mehrwöchigen Intervalls in der Regel frei wählbar. Besonders gefährdet sind jedoch Patienten mit einer kritischen Hauptstammstenose und Dreigefäßerkrankung, die bei Vorliegen einer Ischämie in Ruhe kurzfristig, d. h. innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen revaskularisiert werden sollten. Problematisch bei der Indikationsstellung ist bisweilen der optimale Zeitpunkt der Operation nach einem Myokardinfarkt. Ungünstige Koronarmorphologie oder Nachweis einer weiterbestehenden Saerstoffminderversorgung des Herzmuskels können eine dringliche Operation notwendig machen, die aber mit einer etwas höheren Sterblichkeit verbunden ist.

Operative Therapie (Bypassoperation)

Bei der Bypassoperation handelt es sich um ein Vorgehen, bei dem die eigentliche Koronarstenose belassen wird und durch körpereigene Gefäße überbrückt wird. Zu diesem Zweck wird in unserem Zentrum mindestens eine der beiden Brustwandarterien (Arteria mammaria interna), insbesondere bei jüngeren Patienten auch beide Brustwandarterien und falls für weitere Bypässe erforderlich Segmente der Beinvenen (Vena saphena magna oder parva), insbesondere wiederum bei jüngeren Patienten auch eine Arterie aus dem Arm (Arteria radialis) und in Einzelfällen Armvenen.

 Die Anastomose der linken Brustwandarterie mit dem R. interventricularis anterior ist der wichtigste Bypass. Er beugt am besten gegen eine erneute Angina pectoris bzw. einen Myokardinfarkt vor und führt zur niedrigsten Sterberate im Langzeitverlauf. Die Bedeutung der Revaskularisation der anderen Koronargefäße ist geringer, vermutlich wird dadurch mehr die Lebensqualität als die Letalität beeinflusst. Die innere Brustwandarterie entspringt aus einer großen Schlagader und muß in ganzer Länge von der Brustbeinunterfläche freipräpariert und mobilisiert, ursprungsfern durchtrennt und jenseits der Stenose an dem Herzkranzgefäß angeschlossen werden. Die aortale Anastomosierung entfällt zumeist, da die Arteria mammaria interna in der Regel weiterhin von der Arteria subclavia versorgt wird. Bei zu kurzer Arteria mammaria interna kann diese als freies Transplantat verwandt werden und wird dann mit der Aorta anastomosiert. Eine Verwendung von Arterien aus dem Bauchraum (Arteria epigastrica inferior und Arteria gastroepiploica) ist ebenfalls möglich, erfolgt aber nur selten. Gründe dafür liegen im kleinen Kaliber bzw. der Notwendigkeit eines Zweihöhleneingriffes. Bei Verwendung einer Vene als Überbrückungsgefäß können mehrere Herzkranzgefäße mit einem Bypass versorgt werden. Venen müssen jedoch –im Gegensatz zur inneren Brustwandarterie- zusätzlich an die Körperschlagader angeschlossen werden. Auf Grund verschiedener Untersuchungen der letzten Jahre erscheint die Verwendung von Schlagadern (Arterien) als Bypassmaterial besonders bei jüngeren Patienten sinnvoll. Die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgversprechende Revaskularisationsmaßnahme ist eine hinter der Engstelle anschließbare Koronararterie, die mindestens einen Durchmesser von 1 mm hat und vitalen Herzmuskel versorgt. Die Myokardrevaskularisation kann sowohl durch Einzel- als auch durch sequentielle Bypassversorgung geschehen, bei der mehrere Koronararterienäste an ein Bypassgefäß angehängt werden. Die Operation wird in den meisten Fällen unter Verwendung der Herz-Lungen-Maschine ausgeführt, welche die Versorgung des Körpers mit sauerstoffreichem Blut gewährleistet und es ermöglicht, die Bypässe unter optimalen Bedingungen am stillgelegten, also am nicht schlagenden Herzen an den Kranzgefäßen anzuschließen. In dieser Phase ist es erforderlich, die Blutgerinnung zu hemmen. Der Standardzugang für koronare Mehrgefäßerkrankungen ist heute die "mediane Sternotomie": der Hautschnitt erfolgt direkt über dem Brustbein, das durchtrennt wird.
Leider belastet der durch die Herz-Lungen-Maschine erzeugte künstliche Blutkreislauf den Organismus. Als Alternative zur konventionellen Bypassoperation kann bei Patienten mit günstigen Befunden (günstige Lokalisation, Größe der betroffenen Herzkranzgefäße, Ausmaß der Verkalkungen) die Operation auch ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine ausgeführt werden. Hinzu kommt, dass wie in anderen Bereichen der Chirurgie auch in der Herzchirurgie der Wunsch nach kleinen Operationswunden und geringerer Belastung des Körpers die Entwicklung der sog. minimal-invasiven Chirurgie stimuliert hat, bei der auf den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine verzichtet werden kann. Bei der sog. MIDCAB-Operation (minimal invasive direkte Coronararterien-Bypassoperation) wird zum Zugang zum Herzen nicht das Brustbein durchtrennt, sondern der Brustkorb wird seitlich zwischen den Rippen mit einem kleineren Schnitt eröffnet (anterolaterale Thorakotomie). Bei der OPCAB-Methode, die wir anwenden (Bypassoperation ohne Herz-Lungen-Maschine) wird zwar der klassische Zugang durch Längsspaltung des Brustbeines verwandt, doch unterscheidet sich diese Art der Operation von der herkömmlichen dadurch, daß wie bei der MIDCAB-Methode keine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz kommt. Der Vorteil einer medianen Sternotomie ist, dass nahezu alle Koronaräste erreicht werden können, während kleine Zugänge zumeist nur die Revaskularisierung eines Koronargefäßes erlauben, dafür aber weniger traumatisch und kosmetisch vorteilhafter sind. Der Anschluss der Bypassgefäße erfolgt bei beiden Methoden am schlagenden Herzen, das mit Hilfe eines Halteapparates (z.B. Octopus) lokal nur an der vorgesehenen Stelle zur Bypassanlage stabilisiert wird. Die zusätzliche Belastung des Körpers durch die Herz-Lungen-Maschine kann dem Patienten erspart werden.

Unter Umständen können auf diese Weise Patienten operiert werden, bei denen das herkömmliche Verfahren aufgrund von Begleiterkrankungen nicht möglich ist. Auch eine Kombination von Bypaßoperation und nachfolgender Koronardilatation (PTCA) durch den Kardiologen ist möglich, dies wird als Hybridverfahren bezeichnet. Obwohl die Beschwerden und das Risiko eines Herzinfarktes auch durch medikamentöse und interventionelle Therapie (Ballonaufdehnung während Herzkatheter) deutlich gebessert werden können, ist die aortokoronare Bypassoperation, vor allem bei Patienten bei denen mehrere Herzkranzgefäße betroffen sind, weiterhin die Therapie der Wahl. Lebenserwartung und Lebensqualität der Patienten können durch die Operation langfristig verbessert werden.

Ballonaufdilatation (PTCA)

Verengungen der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit) sind die häufigste Ursache von Herzbeschwerden. Wesentliche Risikofaktoren sind der Nikotinkonsum, der länger bestehende Bluthochdruck, Fett- und Zuckerstoffwechselstörungen und die familiäre Anlage. Die typischen Symptome sind schmerzhafte Beklemmungszustände (Angina pectoris), zuerst bei stärkerer körperlicher Anstrengung, später auch bei geringer Belastung oder gar in Ruhe. Das genaue Ausmaß der Einengung und ihre Lokalisation werden am besten mittels einer Kontrastmittel-Röntgenuntersuchung (Herzkatheteruntersuchung) beurteilt. Hierzu wird nach einer ausführlichen Aufklärung über den Ablauf und die Komplikationen der Untersuchung über die Arm- oder die Leistenarterie ein Katheter bis zum Herzen vorgeschoben.
Zunächst wird die Leistengegend oder Handgelenksregion örtlich betäubt. Nach Punktion der dort verlaufenden Arterie wird zunächst ein Führungsdraht eingeführt. Sodann wird der Katheter, ein sehr biegsames dünnes Kunststoffröhrchen in Richtung auf das Herz bis zum Abzweig der Herzkranzarterien aus der Hauptschlagader vorgeschoben. Über diesen Katheter erfolgt die Injektion des Kontrastmittels in die linke Herzkammer und die einzelnen Herzkranzgefäße, die dadurch im Röntgenbild sichtbar werden. Dieses wird simultan im Computer, per Film, Videoband oder auf Magnetband aufgezeichnet. Das Kontrastmittel wird innerhalb weniger Sekunden durch das Herz in den Kreislauf gepumpt und dann durch die Nieren ausgefiltert. Simultan werden während der gesamten Untersuchung die Herzstromkurve (EKG) und der Blutdruck registriert.
Sollten die Engstellen für eine Ballonerweiterung (Dilatation, PTCA) geeignet erscheinen, so wird der Untersucher versuchen, diese mit einem anderen Katheter, an dessen Spitze sich ein aufblasbarer Ballon befindet, aufzuweiten. Dies setzt allerdings voraus, dass er zuvor auch Ihr Einverständnis für diesen Eingriff eingeholt hatte. Der Kardiologe sondiert gezielt die betroffene Herzkranzarterie und passiert die verengte Stelle. Hat der Ballon die gewünschte Position erreicht, wird er mit verdünntem Kontrastmittel aufgepumpt. Hohe Drücke (bis zu 10 Atmosphären) sind nötig, um die aus Fett und Kalk bestehenden Ablagerungen mit dem Ballon aufzusprengen. Wenn durch die Ballonaufdehnung allein keine befriedigende Arterienaufweitung erzielt wurde, kann zusätzlich eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt werden. Unter einem Stent versteht man ein Geflecht, das zusammengelegt auf einem Katheter in die Herzkranzarterie eingeführt wird. Ist die Engstelle durch den Stent überbrückt, so wird dieser durch Aufblasen des Ballons entfaltet und drückt das verkalkte Material in die Arteriewand.
Die Aufweitung der Herzkranzarterien durch Ballonkatheter ist zwar eine sehr wirksame Methode bei der Behandlung der koronaren Herzkrankheit, hat allerdings auch Limitationen; insbesondere kann sie nur bei einem Teil der Patienten angewandt werden. Die Dilatation wird vor allem dann empfohlen, wenn sich bei der Röntgenkontrastuntersuchung zeigt, dass nur eins oder zwei Gefäße verengt und die Veränderungen nicht diffus sind und der überwiegende Anteil des Herzmuskels gut versorgt ist. 6 Monate nach der Dilatation sollte das Ergebnis mittels erneuter Herzkatheteruntersuchung überprüft werden.

Post-operative Therapie

Da die operative Myokardrevaskularisation nur eine palliative Behandlungsmethode ist, müssen, um auch einer Progression der koronaren Herzerkrankung nach einer Bypass-Operation oder einer Dilatation vorzubeugen, aggressiv die oft auch in Kombination auftretenden Risikofaktoren behandelt werden. Eine Fettstoffwechselstörung wird durch fett- und cholesterinarme Ernährung behandelt. Vorteilhaft erscheint die sog. Mittelmeerkost (Olivenöl, Knoblauch, Fisch, Gemüse...), da sie vermehrt ungesättigte Fettsäuren enthält. Seefische enthalten Omega-Fettsäure, der eine die Entstehung arteriosklerotischer Gefäßveränderungen verlangsamende Wirkung zugesprochen wird. Meist muss die Ernährungsumstellung medikamentös mit Lipidsenkern oder Cholesterinsynthesehemmern unterstützt werden, um insbesondere die Cholesterinwerte zu senken. Sofern erforderlich, wird eine Gewichtsreduktion angestrebt, das Rauchen sollte unbedingt unterlassen werden. Bluthochdruck oder erhöhte Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus werden durch Diät und/oder Medikamente normalisiert. Bewegung unter ärztlicher Überwachung, z.B. in einer ambulanten Koronarsportgruppe, ist selbst bei eingeschränkter Herzfunktion zu empfehlen. Sofern nicht Begleitkrankheiten (z.B. Magengeschwüre) dagegen sprechen, sollte eine Dauerbehandlung mit Acetylsalizylsäure erfolgen, um die Bildung von Blutgerinnseln in den Herzkranzgefäßen zu verhindern. Die Einnahme eines Betarezeptorenblockers entlastet durch Frequenz- und Blutdrucksenkung das Herz. Da es trotz Presseberichten nicht erwiesen ist, dass Bakterien eine Rolle bei der Entwicklung der koronaren Herzkrankheit zukommt, ist eine Therapie mit Antibiotika nicht zu empfehlen.

Ergebnisse

Das Standardverfahren der chirurgischen Revaskularisation ist die koronare Bypassoperation, die sich in ihrem grundlegenden Prinzip in den letzten 40 Jahren nur wenig verändert hat. Alternative Ansätze (z. B. transmyokardiale Laserpertherapie) haben sich der Bypassoperation gegenüber als unterlegen erwiesen. Im Laufe der Zeit hat der Erfahrungsschatz der Koronarchirurgie lediglich zu einer Veränderung in der Wahl der Conduits für die Bypassoperation geführt. Die aortokoronare Bypassoperation gehört heute zu den risikoarmen Eingriffen in der Herzchirurgie, obwohl das durchschnittliche Alter der Patienten gestiegen ist, und das Risikoprofil sich verändert hat. Die 5-Jahresüberlebensrate ist ohne Operation bei den 1-Gefäßerkrankungen (jedoch nicht beim RIVA-Befall) weitgehend normal (95 %) und liegt bei 2-Gefäßerkrankungen bei 75 %, bei 3-Gefäßerkrankungen und bei einer Hauptstammstenose bei etwa 50 %. Bei normaler Pumpfunktion der linken Herzkammer (EF) liegt das 5-Jahresüberleben bei 92 %, bei einer EF von 30-50 % nur bei 75 %.
Die Operationssterblicheit, die bei Patienten unter 75 Jahren mit guter LV-Funktion bei elektiven Eingriffen bei 1-3% liegt, steigt bei Notfalloperationen, beim Vorliegen einer schweren Pumpstörung, Nierenfunktionsstörungen, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, peripherer Gefäßerkrankung oder Mitralklappeninsuffizienz erheblich an. Für Reoperationen ist ein etwa verdoppeltes Risiko zu erwarten. Nach misslungener PTCA (Risiko 5 %) steigt das Risiko auf 5-10 % an.
10 Jahre nach Koronarrevaskularisation sind noch 50 % der Patienten frei von Angina pectoris, nach gleich langer medikamentöser Therapie jedoch nur 3 %. Welchen Einfluss die vermehrte Verwendung arterieller Blutleiter und die minimal-invasiven Operationstechniken auf den Langzeitverlauf haben werden, ist noch unklar
Eine typische Komplikationen des operativen Eingriffs stellen Herzinfarkte, die bei ca.5 % der Patienten im Zusammenhang mit der Operation auftreten, dar. Hinweise ergeben sich durch den Anstieg spezifischer Laborparameter sowie Veränderungen im EKG oder Wandbewegungsstörungen im Echokardiogramm. Bei ca. 30% der Patienten nach Bypass-Operation kommt es zu kurzzeitigen Herzrhythmusstörungen in Form von Herzrasen (Vorhofflimmern/Vorhofflattern). Durch einen langsamen Herzschlag charakterisierte Herzrhythmusstörungen treten deutlich seltener auf. Neurologische Komplikationen sind bei jungen Patienten (< 60 Jahre) selten, bei Patienten mit einem Alter von mehr als 75 Jahren muss mit einer Komplikationsrate von etwa 5 % gerechnet werden. Die durchschnittliche 5-Jahresüberlebensrate nach OP beträgt 80-95% und ist im wesentlichen beeinflusst von Herzfunktion und Begleiterkrankungen. Bei der Hauptstammstenose wirkt die Bypassoperation lebensverlängernd. Durch die Operation wird die 2-Jahres-Überlebungsrate auf 90% erhöht. Lebensverlängernd wirkt die Operation auch bei der koronaren 3-Gefäßerkrankung, insbesondere bei eingeschränkter Pumpfunktion. Auch bei der koronaren 2-Gefäßerkrankung ist die Prognose deutlich besser als im Vergleich zur medikamentösen Therapie, wenn gleichzeitig der Ramus interventrikularis anterior stenosiert ist. In etwa 80% kommt es nach der Operation zu einer Beseitigung der Angina pectoris-Symptomatik. Die 5-Jahres-Bypass-Offenheitsrate beträgt nach Mammaria interna-Bypass etwa 80% bis 95%, nach aortokoronarem Venenbypass etwa 65% bis 80% bei einer frühpostoperativen Verschlußrate von 10%, nach 10 Jahren sind ca. 50% der Grafts verschlossen.
Durch den begrenzten Zugang und das Vorgehen am schlagenden Herzen ergeben sich Limitationen in der Qualität der Revaskularisation. Die Durchführung der Operation über eine Sternotomie am schlagenden Herzen (off-pump oder OPCAB) soll das Morbiditäts- und Letalitätsrisiko der extrakorporalen Zirkulation vermeiden. Bislang konnten eindeutige Vorteile dieses Vorgehens gegenüber dem konventionellen noch nicht nachgewiesen werden; möglicherweise kann es aber Vorteile bei den Patienten haben, die aufgrund einer schwereren generalisierten Atherosklerose ein erhöhtes neurologisches Komplikationsrisiko aufweisen.
Eine Reoperation ist bei 10% bis 15% der Patienten nach etwa 10 Jahren notwendig. Die besten Langzeitergebnisse konnten bei Patienten dokumentiert werden, bei denen initial eine komplette Revaskularisation vorgenommen wurde und zur Revaskularisation des Ramus interventrikularis anterior eine Arteria mammaria interna verwandt.