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TRP X39 Rolle von PAR2 bei C5a-induziertem Lungenschaden

Förderzeitraum: 01.08.2019 – 31.08.2020

Projektskizze

Die akute Lungenschädigung (ALI, acute lung injury) und das akute Atemnotsyndrom (ARDS, acute respiratory distress syndrome) sind lebensbedrohliche Formen des akuten Lungenversagens, die weltweit zu den häufigsten Ursachen für Morbidität und Mortalität gehören. Derzeit gibt es jedoch keine zugelassenen pharmakologischen Therapien für ALI/ARDS. Die zellulären und molekularen Wechselwirkungen zwischen den Gerinnungswegen und dem Immunsystem sollen eine wichtige Säule der Pathophysiologie von ALI/ARDS darstellen, die auf der Aktivierung von Komplementfaktoren beruht.
Die Protease-aktivierte Rezeptoren (PARs) sind eine Familie von vier G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs) für Proteasen aus dem Kreislauf, Entzündungszellen und Epithelgewebe. Der allgemeine Mechanismus der Aktivierung durch proteolytische Spaltung ist für alle PARs ähnlich. Nach der proteolytischen Aktivierung von PARs wird ein neuartiger gebundener Ligand exponiert, der sich an den Rezeptor bindet und mehrere nachgelagerte Signalwege auslöst. Diese Ereignisse vermitteln verschiedene biologische Funktionen, einschließlich des Abbaus von Proteinen und der Kontrolle des Zellzyklus. Zu den Proteasen, die PARs aktivieren, gehören Gerinnungsfaktoren [z.B. Thrombin, FVIIIa (Faktor VIIa), FXa], Proteasen aus Entzündungszellen (Mastzell-Tryptase, neutrophiles Cathepsin G) und Enzyme aus Epithelgewebe (Trypsine). Jede dieser Proteasen kann einzelne PARs mit unterschiedlicher Affinität aktivieren und über eine bestimmte Agonisten-Signalwege spezifische Reaktionen auslösen.

Die PARs werden auf einer Vielzahl von Immunzellen und nicht-immunen Zellen in verschiedenen Geweben exprimiert, darunter Niere, Bauchspeicheldrüse, Magen, Darm, Atemwege, Haut, Blase und Gehirn. In der Lunge werden PARs in fast allen Zelltypen exprimiert, d.h. in alveolären Epithelzellen und Endothelzellen, Fibroblasten und Makrophagen. PAR1 und PAR2 werden auf Lungenepithelzellen exprimiert, die häufig verschiedenen pathogenen Mikroben ausgesetzt sind. In der gesunden Homöostase enthält das Alveolarlumen hauptsächlich alveoläre Makrophagen (AM) und einen niedrigen Gehalt an aktiven Proteasen. Polymorphonukleäre Neutrophile (PMN) infiltrieren bei Entzündungszuständen die Alveolen und setzen reichlich Proteasen frei. Diese Proteasen können entweder Mitglieder der PAR-Familie aktivieren oder hemmen, ebenso wie die gerinnungsaktivierenden Faktoren, die bei Entzündungen auftreten.

Die Rolle von PARs in verschiedenen Situationen von pathogenbedingten oder sterilen Lungenverletzungen ist nicht vollständig charakterisiert und wird kontrovers diskutiert. Einerseits wurde berichtet, dass die PAR2-Aktivierung den PMN-Zustrom bei LPS-induzierten Atemwegsverletzungen hemmt. Im Gegensatz dazu wurde auch berichtet, dass ein Mangel an einzelnen PARs die entzündliche Reaktion auf LPS nicht beeinflusst. Im Rahmen der gramnegativen Pseudomonas-Infektion zeigten PAR2-defiziente Mäuse eine erhöhte PMN-Infiltration und proinflammatorische Zytokinspiegel, aber die Eradikation von Bakterien war aufgrund der reduzierten phagozytischen Aktivität von PMN und AM stark beeinträchtigt. Der Antagonismus von PAR1 war mit einer reduzierten PMN-Rekrutierung während einer grampositiven Pneumokokkeninfektion bei Mäusen verbunden, obwohl die Fähigkeit, das Bakterienwachstum zu kontrollieren, nicht beeinträchtigt wurde. Diese Berichte zeigen die ambivalenten Funktionen von PAR1 und PAR2 bei verschiedenen Entzündungszuständen. Bemerkenswert ist, dass bakterienexprimierte Proteasen, die PAR2 deaktivieren können. Unterschiede in dieser Fähigkeit können einige der unterschiedlichen Befunde in Einklang bringen.

Insgesamt bleibt ein hoher Bedarf an weiteren vertieften Analysen, um die zellspezifischen Funktionen von PAR2 zu entschlüsseln, die beteiligten Zelltypen (z.B. Epithelzellen, PMN, Eosinophile und AM) hinsichtlich der Signalwege sowie der Wechselwirkung zwischen Protease-produzierenden Immunzellen zu identifizieren.

In diesem Projekt werden die PAR2-Mutanten- und zelltypspezifische PAR2-Knockout-Mäuse einer akuten Lungenverletzung ausgesetzt, die durch intra-tracheale rmC5a-Verabreichung hervorgerufen wird. Analysen auf der Basis von Entzündungsmediatoren wie Zytokinen und Chemokinen sowie auf zellulärer Ebene (z.B. Zellphänotypisierung, Lungenhistologie) sollen Einblicke in die PAR2-abhängigen Immunologie- und Koagulationsnetzwerke ermöglichen. Die Bildung neutrophiler extrazellulärer Fallen (NET), die hauptsächlich extrazelluläre Histone enthalten, wird durch die Quantifizierung von citrullierten Histonen (z.B. citH3) mittels ELISA und FACS an BALF-Proben untersucht.

Darüber hinaus ermöglicht ein in situ Hybridisierungstest (z.B. PrimeFlow™ RNA-Assay) den gleichzeitigen Nachweis des PAR2 RNA-Targets in Kombination mit der Immunphänotypisierung der Zelloberfläche, um die Expression von PAR2 in verschiedenen Zellpopulationen wie Neutrophilen zu bewerten. Darüber hinaus wird die Quantifizierung von PAR2-Protein in der BALF-Probe durch Western Blot als Bestätigung der bisherigen Ergebnisse auf Proteinebene angesehen.

Um weitere Einblicke in die von PAR2 initiierten intrazellulären Ereignisse zu erhalten, wird die RNA-Sequenzierung an sortierten Zellpopulationen aus entzündeten Lungen durchgeführt. Die Pfadanalyse kann präzise durchgeführt werden, um genaue Rückschlüsse auf die komplexen Wechselwirkungen der koagulatorischen und entzündlichen Signalnetze zu ziehen.

In Zukunft könnten die im Rahmen des vorgeschlagenen Arbeitsprogramms gewonnenen Daten für die translationale Biomedizin relevant sein, um unser Verständnis der Lungenpathophysiologien von Patienten mit ALI/ARDS und anderen entzündlichen Atemwegserkrankungen zu vertiefen.

Projektleitung