Prof. Dr. Markus Christmann

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Transkriptionelle Regulation von DNA-Reparaturgenen durch genotoxischen Stress

Gentoxischer Stress verursacht DNA-Schäden, die zur Anhäufung von Mutationen, zur Karzinogenese und/oder zum Zelltod führen. Um diesen katastrophalen Auswirkungen entgegenzuwirken, entwickelten sich DNA-Reparaturmechanismen, welche DNA-Läsionen entfernen oder tolerieren und dadurch die genomische Integrität erhalten. Diese Reparaturmechanismen können durch den gentoxischen Stress auf unterschiedlichen Ebenen reguliert werden. Im Zentrum unserer Untersuchungen steht die Frage, wie die DNA-Reparatur durch gentoxischen Stress reguliert wird.


Durch genotoxischen Stress induzierte DNA-Reparaturgene

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Christmann, M. and Kaina, B. (2013) Transcriptional regulation of human DNA repair genes following genotoxic stress: trigger mechanisms, inducible responses and genotoxic adaptation. Nucleic Acids Res. 41, 8403-8420.

Christmann M., Tomicic M., Roos W., Kaina B. (2003) Mechanisms of human DNA repair: an update. Toxicology 193, 3-34

Transkriptionelle Induktion von DNA-Reparaturgenen durch Umweltkarzinogene

Eine wichtige Quelle von gentoxischem Stress in der Umwelt ist ultraviolettes (UV) Licht. UVC-induzierte Läsionen werden durch die Nukleotid-Exzisionsreparatur (NER) aus der DNA entfernt. Bei der transkriptionellen Regulation der NER-vermittelten Reparatur der UV-Schäden spielen die p53 und AP-1 die Hauptrolle. So ist p53 verantwortlich für die UVC-vermittelte Induktion der NER-Gene ddb2 und xpc. Ein weiteres Zielgen von p53, welches wir identifizieren konnten, ist die Flap Endonuklease FEN1. Die transkriptionelle Induktion von FEN1 ist sowohl mit der Wiederaufhebung des UVC-induzierten DNA-Replikationsblocks als auch der Resistenz gegenüber UVC assoziiert (Christmann et al., 2005). Neben p53-defizienten Zellen sind auch c-Fos-defiziente Zellen hypersensitiv gegenüber UVC. Der molekulare Mechanismus hierfür beruht darauf, dass c-Fos in murinen und humanen Fibroblasten die Expression der an der NER beteiligten Exonukleasen xpf und xpg vermittelt und darüber hinaus zu einer adaptiven Protektion der Zellen führt (Christmann et al., 2007; Christmann et al., 2006; Tomicic et al., 2011). Neben UVC vermittelten Regulation von XPF konnte auch eine c-Fos-vermittelte Induktion der Three prime exonuklease I (TREX1) gezeigt werden. Diese Induktion erfolgt in murinen und menschlichen Fibroblasten nach UVC Exposition sowie in Glioblastom- und Melanomezellen nach Exposition mit den Zytostatika Fotemustin, ACNU und Topotecan (Christmann et al., 2010b; Tomicic et al., 2013). In allen Fällen ist TREX1 bei der Resistenz gegenüber den verwendeten gentoxischen Stimuli beteiligt.

Tomicic, M. T., Reischmann, P., Rasenberger, B., Meise, R., Kaina, B. and Christmann, M. (2011) Delayed c-Fos activation in human cells triggers XPF induction and an adaptive response to UVC-induced DNA damage and cytotoxicity. Cell Mol Life Sci, 68, 1785-1798.

Christmann M., Tomicic M.T., Aasland D., Berdelle N. and Kaina B. (2010) Three prime exonuclease I (TREX1) is FOS/AP-1 regulated by genotoxic stress and protects against ultraviolet light and Benzo(a)pyrene-induced DNA damage. Nucleic Acids Research, 38, 6418-6432.

Christmann, M., Tomicic, M.T., Aasland, D. and Kaina, B. (2007) A role for UV-light-induced c-Fos: Stimulation of nucleotide excision repair and protection against sustained JNK activation and apoptosis.  Carcinogenesis, 28, 183-190.

Christmann, M., Tomicic, M. T., Origer, J., Aasland D. and Kaina, B. (2006) c-Fos is required for excision repair of UV-light induced DNA lesions by triggering the re-synthesis of XPF. Nucleic Acids Research, 34, 6530-6539.

Christmann, M., Tomicic, M. T., Origer, J. and Kaina, B. (2005). Fen1 is induced p53 dependently and involved in the recovery from UV-light-induced replication inhibition. Oncogene, 24, 8304-8313.

 

Eines der wichtigsten chemischen Umweltkarzinogene ist der polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoff Benzo(a)pyren (B[a]P). B[a]P wird bei unvollständigen Verbrennungsprozessen wie industriellen Produktionsprozessen, Fahrzeugabgasen und Rauchen gebildet. B[a]P selbst ist nicht krebserregend, wird jedoch metabolisch in Benzo(a)pyren-9,10-diol-7,8-epoxid (BPDE) umgewandelt, welches an die exocyclische N2-Position von Guanin in der DNA binden kann. Wie bereits für UVC gezeigt führt auch BPDE zu einer konzertierten transkriptionellen Aktivierung der p53-regulierten NER-Gene DDB2 und XPC sowie der AP-1-regulierten XPF und XPG. Eine Vorbehandlung mit niedrig dosiertem BPDE konnte nicht nur die Expression der NER-Faktoren erhöhen, sondern auch die Expression während der nachfolgenden Hochdosis-Exposition aufrechterhalten, und so in einer adaptiven Reaktion die Aktivität der Nukleotid-Exzisionsreparatur steigern. Parallel zeigte sich auch die Induktion der Polymerase eta (POLH), die als Hauptpolymerase während der Translesionsynthese (TLS) fungiert. Die Induktion von POLH reduzierte den BPDE-induzierten Zelltod, jedoch auf Kosten einer erhöhten Mutationsfrequenz.

Christmann M, Boisseau C, Kitzinger R, Berac C, Allmann S, Sommer T, Aasland D, Kaina B and Tomicic MT. (2016) Adaptive upregulation of DNA repair genes following benzo(a)pyrene diol epoxide protects against cell death at the expense of mutations. Nucl Acids Res., 44, 10727–10743.

Transkriptionelle Induktion von DNA-Reparaturgenen durch Zytostatika

Neben Umweltkarzinogenen induzieren auch Zytostatika DNA-Schäden. Daher untersuchen wir auch die transkriptonelle Regulation von DNA-Reparaturfaktoren, sowie von apoptotischen Faktoren nach Behandlung mit Zytostatika wie dem methylierenden Zytostatikum Temozolomid (TMZ) und den chloroethylierenden Zytostatika Fotemustin und ACNU. Im Rahmen dieser Untersuchungen konnten wir zeigen, dass die Resistenz von Melanomzellen gegenüber Fotemustin durch eine p53-abhängige Induktion der DNA-Reparaturgene TREX1, POLH vermittelt wird. Weiterhin konnten wir zeigen, dass in Gliomzellen die mitochondriale Apoptose nach TMZ-Behandlung über c-JUN-abhängige Induktion des pro-apoptotischen Faktors BIM vermittelt wird.

Tomicic, M., Meise, R., Aasland, D., Berte, N., Kitzinger, R., Krämer, O.H., Kaina ,B. and Christmann, M. (2015) Apoptosis induced by temozolomide and nimustine in glioblastoma cells is supported by JNK/c-Jun mediated induction of the BH3-only protein BIM. Oncotarget, 6, 33755-68.

Tomicic, M.T., Aasland, D., Naumann, S.C., Meise, R., Barckhausen, C., Kaina, B. and Christmann, M. (2014) Translesion Polymerase η Is Upregulated by Cancer Therapeutics and Confers Anticancer Drug Resistance. Cancer Res., 74, 5585-5596.

Tomicic, M.T., Aasland, D., Nikolova, T., Kaina, B. and Christmann, M. (2013) Human three prime exonuclease TREX1 is induced by genotoxic stress and involved in protection against UV light and anticancer drugs. BBA Molecular Cell Research 1833, 1832-1843.

Transkriptionelle und epigenetische Regulation der MGMT

Die O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT), ist ein DNA-Reparaturprotein, welches Alkylierungen von der O6-Position des Guanins entfernt. Diese Schäden sind bei der Therapie mit dem methylierenden Zytostatikum Temozolomid und den chloroethylierenden Zytostatika ACNU, CCNU und Fotemustin für die Zytotoxitität verantwortlich, weshalb MGMT als Biomarker für Tumortherapie von Gliomen verwendet werden kann. In murinen Zellen konnte nach gentoxischem Stress eine transkriptionelle Induktion der MGMT-Expression beobachtet werden. Daher stellte sich die Frage, ob es auch in menschlichen Zellen, insbesondere in Tumorzellen nach Behandlung mit Zytostatika zu einer transkriptionellen Aktivierung der MGMT kommt. In unseren Arbeiten konnten wir zeigen, dass dies nicht der Fall ist. Weder kommt es nach Behandlung mit Temozolomid, CCNU oder ionisierender Strahlung zu einer Aktivierung des Promotors noch zu einer Änderung in der Expression der mRNA oder des Proteins. In menschlichen Zellen scheint die Regulation von MGMT ausschließlich über Promotormethylierung zu erfolgen. So konnten wir zeigen, dass die Expression der MGMT in Melanomzellen durch Behandlung mit dem chloroethylierenden Zytostatikum Fotemustin erhöht wird, was auf einer verstärkten Methylierung im kodierenden Bereich des Genkörpers zurückzuführen ist. In weiteren Arbeiten wurde in Hirntumoren die Aktivität der MGMT mit der Promotoraktivierung verglichen. Hierbei handelte es sich um ein Tumor-Kollektiv, welches Astrozytome WHO Grad III und Glioblastome WHO Grad IV umfasst. In diesem Kollektiv wurde die Expression von MGMT mittels Promotor-methylierungsspezifischer PCR sowie der direkten Bestimmung der MGMT-Aktivität in 65 Glioblastomen und 22 Astrozytomen untersucht. Es zeigte sich, dass beide Methoden in über 75% der Tumore ein übereinstimmendes Ergebnis liefern.

Aasland D, Reich, Tomicic MT, Switzeny OJ, Kaina B and Christmann M. (2018) Repair gene MGMT is controlled by SP1 and upregulated by glucocorticoids, but not by temozolomide and radiation, Journal of Neurochemistry, 144, 139-151.

Switzeny O., Christmann M., Renovanz M., Giese A., Sommer C., Kaina B. (2016) MGMT promoter methylation determined by HRM in comparison to MSP and pyrosequencing for predicting high-grade glioma response, Clinical Epigenetics, 8, 49.

Christmann M, Verbeek B, Roos WP, Kaina B. O(6)-Methylguanine-DNA methyltransferase (MGMT) in normal tissues and tumors: Enzyme activity, promoter methylation and immunohistochemistry. Biochim Biophys Acta. 2011; 1816:179-90.

Christmann, M., Nagel, G., Horn, S., Krahn, U., Wiewrodt, D., Sommer, C., and Kaina, B. (2010). MGMT activity, promoter methylation and immunohistochemistry of pretreatment and recurrent malignant gliomas: a comparative study on astrocytoma and glioblastoma. Int J Cancer, 127, 2106-2118.

Christmann M, Pick M, Lage H, Schadendorf D, Kaina B. (2001) Acquired resistance of melanoma cells to the antineoplastic agent fotemustine is caused by reactivation of the DNA repair gene MGMT. Int J Cancer. 92, 123-129

Transkriptionelle Repression von DNA-Reparaturgenen

Neben der Induktion der DNA spielt auch die Repression von DNA Reparaturgenen eine wichtige Rolle in der zellulären Antwort gegenüber gentoxischem Stress. Die Repression kann durch eine Gentoxin-induzierte Veränderung im Zellzyklusverhalten erklärt werden, welche zur Aktivierung und Deaktivierung unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren führt. So konnten wir zeigen, dass Temozolomid (TMZ) effizient Seneszenz induziert. Im Rahmen der TMZ-induzierten Seneszenz werden Zellen in der G2/M-Phase arretiert. Inhibitor-Experimente zeigten, dass die TMZ-induzierte Seneszenz über Aktivierung der ATR/CHK1-Achse der DNA-Schadensantwort, sowie Abbau von CDC25c vermittelt wird. Die TMZ-induzierte Seneszenz erforderte funktionelles p53 und war abhängig von anhaltender p21-Induktion. Die Seneszenz geht mit einer transkriptionellen Repression der DNA-Raparaturgene  ​​MSH2, MSH6, EXO1 und RAD51 einher, welche aufgrund der verminderten Aktivität des Transkriptionsfaktors E2F1vermittelt wird. In unseren aktuellen Arbeiten sollen die molekularen Mechanismen der TMZ-induzierten Seneszenz aufgeklärt werden. Hierbei soll vor allem die Rolle von p21 untersucht werden, wobei ChiP-Seq Experimente und die Massenspektrometrie-basierte Identifizierung von p21-Interaktionspartnern geplant sind.

Aasland D, Götzinger L, Hauck L, Berte N, Meyer J, Effenberger M, Schneider S, Reuber EE, Roos WP, Tomicic MT, Kaina B, Christmann M. (2019). Temozolomide Induces Senescence and Repression of DNA Repair Pathways in Glioblastoma Cells via Activation of ATR-CHK1, p21, and NF-κB. Cancer Res. 79(1):99-113

 

Gefördert durch DFG-CH655-6-1

 

Eine transkriptionelle Repression der DNA-Raparaturgene ​​MSH2, MSH6, EXO1 und RAD51 konnte auch nach der Exposition von Zellen mit dem Umweltkarzinogen Benzo(a)pyren (B[a]P) und seinem aktiven Metaboliten Benzo(a)pyren-9,10-Diol-7,8-epoxid (BPDE) beobachtet werden. Auch in diesem Fall beruht die Repression auf einer verminderten Aktivität von E2F1. Parallel kommt es auch zu einer direkten Repression durch den DREAM Komplex. In unseren aktuellen Arbeiten sollen die molekularen Mechanismen der B[a]P-induzierten Seneszenz aufgeklärt werden. Hierbei wird die Rolle repressiver Chromatinmarkierung (H3K9me3, H3K9me2, H3K27me3), der Polycomb Komplexe und von p21 untersucht.

Gefördert durch DFG-CH655-5-1 und SFB1361

 

Post-translationale Regulation der Mismatch Reparatur

Neben der transkriptionellen Repression der Mismatch Reparatur konnten wir auch dessen posttranslationale Regulation nachweisen. So konnten wir zeigen, dass es nach Behandlung mit alkylierenden Agenzien zu einer Translokation der an der Proteine MSH2 und MSH6 aus dem Zytoplasma in den Zellkern kommt und konnten eine Phosphorylierung dieser Proteine nachweisen.

Ein Forschungsantrag bzgl. Weiterführung dieser Thematik speziell nach Behandlung mit Temozolomid und Topoisomerase-Inhibitoren in Glioblastomzellen, deren Organoiden und Rezidiven wurde beantragt…

Christmann M., Tomicic M., Kaina B. (2002) Phosphorylation of mismatch repair proteins MSH2 and MSH6 affecting MutSalpha mismatch-binding activity. Nucleic Acids Research, 30, 1959-1966

 

Christmann M., Kaina B. (2000) Nuclear translocation of mismatch repair proteins MSH2 and MSH6 as a response of cells to alkylating agents. JBC, 275, 36256-36262


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