Forschungsstipendien

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2022-2023

Forschungsstipendium der Stiftung Mainzer Herz für Dr. Felix Müller 

Systemische Inflammation und Autoimmunität in der Entstehung und Progression kardiovaskulärer Erkrankungen

Teilprojekt 1:

Systemische Inflammation (von lat. inflammatio, „Entzündung“) ist eine wichtige Komponente in der Entstehung kardiovaskulärer Risikofaktoren und Erkrankungen, was sowohl experimentelle Daten aus der Grundlagenforschung als auch klinische Daten suggerieren. Das Herzschwäche-Syndrom als gemeinsame Endstrecke kardiovaskulärer Risikofaktoren (Bluthochdruck, Diabetes mellitus, etc.) sowie Erkrankungen wie der koronaren Herzkrankheit zeigt sich im Besonderen gekennzeichnet durch eine Vielzahl an inflammatorischen Prozessen, die für den klinischen Verlauf relevant, jedoch noch unzureichend verstanden sind.

Akute Formen der Herzschwäche stellen den häufigsten Aufnahmegrund in deutschen Notaufnahmen dar, die Prognose der chronischen Herzschwäche ähnelt in fortgeschrittenen Stadien derer häufiger Tumorerkrankungen. Somit kommt dem besseren Verständnis der Faktoren, die an Entstehung und Progression der Herzschwäche beteiligt sind, große Bedeutung zu.

Auf Basis der MyoVasc-Studie, die über 3.000 Individuen mit hohem Risiko zur Entwicklung einer Herzschwäche oder bereits manifester Herzinsuffizienz über Jahre hinweg untersucht und beobachtet, soll das komplexe Zusammenspiel verschiedenster inflammatorischer Prozesse auf molekularer Ebene untersucht werden. Dies wird möglich durch die Analyse von Eiweiß- (Protein-) Signaturen der Probanden aus über 300 Proteinen, die aus wenigen Mikrolitern Blut aus der studieneigenen Biobank durchgeführt wird. Über das große klinische Spektrum der Herzinsuffizienz können so möglicherweise spezifische Proteinsignaturen und biologische Pfade identifiziert werden, die besonders für die Progression der Erkrankung verantwortlich sind. Dies wiederum kann der Ausgangspunkt für die Entwicklung zielgerichteter Diagnostik, Risikobeurteilung und Therapie der Herzschwäche sein.

 

Teilprojekt 2:

Eine bislang nur unvollständig verstandene Rolle in der Entstehung und Progression kardiovaskulärer Erkrankungen spielt die Autoimmunität, die Immunreaktion im Sinne einer Bildung spezifischer Antikörper gegen körpereigene Strukturen. Während bestimmte Autoimmunerkrankungen und ihre Interaktionen mit dem kardiovaskulären System wie beispielsweise die Schuppenflechte oder der systemische Lupus erythematodes viel beforscht wurden, so ist die Rolle von Auto-Antikörpern gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren wie dem CXC-Motiv-Chemokinrezeptor 3 (CXCR3) oder dem Angiotensin-II-Rezeptor Typ 1 (AT1R), die essenziell für die Signaltransduktion wesentlicher kardiovaskulärer Stoffwechselwege sind, noch unklar.

Erste Analysen zur Verteilung und Bedeutung von Autoantikörpern gegen wesentliche G-Protein-gekoppelte Rezeptoren wie CXCR3 in der Bevölkerung erfolgen aktuell im Studienkollektiv der Gutenberg- Gesundheitsstudie, wobei die Messung der Antikörper mittels neu entwickelter, spezifischer Testverfahren erfolgt. Vorläufige Ergebnisse legen nahe, dass sich in einem breiten Teil der Allgemeinbevölkerung jene Autoantikörper nachweisen lassen – ein spannendes Ergebnis, das die Theorie eines „autoimmunen Gleichgewichts“ zulässt, dessen Einflussfaktoren noch unklar sind. Die Bedeutung einer gesteigerten Autoimmunität im Sinne auffälliger Auto-Antikörperlevel in der Bevölkerung und deren Einfluss auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen soll im Rahmen des Forschungsstipendiums in knapp 5.000 Probanden der Gutenberg-Gesundheitsstudie untersucht werden. Das Kooperationsprojekt mit der Klinik für Rheumatologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (Campus Lübeck) sowie der Firma CellTrend (Luckenwalde, Deutschland) zielt darauf ab, das Verständnis der kardiovaskulären Autoimmunität verbessern und birgt Potential zur Weiterentwicklung von Diagnostik und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

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2021 - 2022: 
Forschungsstipendium der Stiftung Mainzer Herz für Dr. Steffen Daub 

Folgen eines fundamentalen Eingriffs in die Leistungsfähigkeit des Immunsystems bei Bluthochdruck

Das körpereigene Immunsystem spielt eine essenzielle, teils schädliche Wirkung bei der Ausprägung der Folgen eines bestehenden Bluthochdrucks. Obwohl Entzündungszellen den Körper gegen Krankheitserreger verteidigen sollen, kommt es bei Bluthochdruck, genauso wie bei anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu einem fehlgeleiteten Angriff der Entzündungszellen gegen das eigene Gefäßsystem.

Klinische Studien haben gezeigt, dass ein medikamentöser Eingriff in das Immunsystem, sei es ungezielt und breit (COLCOT Studie) oder passgenau und selektiv (CANTOS Studie), dazu beitragen kann, Patienten vor den Folgen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu schützen.

Nun ist der Eingriff in das körpereigene Immunsystem zum Zwecke einer Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein zweischneidiges Schwert: Im dem komplexen Geflecht aus Entzündungszellen und Veränderungen der Gefäßwand kommt bestimmten Eiweißen auf den Entzündungszellen sowohl schädliche als auch eine schützende Rolle zu.

Um Licht in dieses komplexe Zusammenspiel zu bringen, wird von uns aktuell ein Tiermodell beforscht, bei dem Mäuse eine angeborene Fehlfunktion eines Eiweißes auf der Oberfläche (CD40) ihrer Zellen tragen, was zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit des Immunsystems führt. Diese Tiere erhalten dann ein gefäßverengendes Medikament (Angiotensin II), wodurch sich bei den Mäusen Bluthochdruck einstellt.

In den aktuell noch laufenden Versuchen bestätigt sich die Komplexität eines Eingriffes in das Immunsystem: Eine ungezielte Dämpfung des Immunsystems hat bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht ausschließlich schützende Wirkung und kann sogar zusätzlich schaden.

In weiteren Experimenten wird aktuell ein Medikament erprobt, welches einen feineren, gezielteren Eingriff in das Immunsystem zulässt und so eine ausschließlich schützende Wirkung auf die Gefäßfunktion bei Bluthochdruck erzielen soll. Erste Ergebnisse zeigen durchschlagende Erfolge. Eine klinische Relevanz ist hier gegeben, weil ein Abkömmling des Medikamentes in der Zukunft bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden soll.
Eine abschließende Serie an Experimenten soll im Sommer 2022 beendet sein.

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Forschungsstipendium der Stiftung Mainzer Herz für Herr Dr. Paul Stamm vom 01.04.2019 bis 31.12.2020 (mit Unterbrechung von 3 Monaten aufgrund der COVID-Pandemie)

Blutdrucktherapie durch bioaktive Moleküle: Bedeutung von exogenem Nitrit und Nitrat

Die arterielle Hypertonie, also „Bluthochdruck“, gilt weltweit als einer der wichtigsten Risikofaktoren für ein frühzeitiges Versterben, insbesondere an Erkrankungen des Herzkreislaufsystems wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Obwohl bereits eine Vielzahl an medikamentösen Therapiemöglichkeiten existieren, wünschen sich viele Patienten alternative bzw. „pharmaziefreie“ Therapieoptionen.

Anorganisches Nitrit und Nitrat sind in verschiedenen Nahrungsmitteln wie Spinat oder Roter Beete in höherer Konzentration enthalten und können durch eine Erweiterung der Gefäße blutdrucksenkend wirken. Entsprechend stellen diese beiden bioaktiven Moleküle kostengünstige, diätische Alternativen zur Behandlung des Bluthochdrucks dar. Die genauen Effekte dieser Substanzen in Hinblick auf das Herzkreislaufsystem sind bisher jedoch nicht ausreichend verstanden.

Um die Effekte von Nitrit und Nitrat genauer zu untersuchen, haben wir in einem Tiermodell mit künstlich hervorgerufenem Bluthochdruck beide Substanzen angewendet und die kurzfristigen Folgen auf verschiedene Organsysteme wie Gefäße, Herz, Nieren und Blut untersucht.  

Ergebnis der durchgeführten Studien war, dass insbesondere exogenes Nitrit und weniger Nitrat den Blutdruck normalisieren und teilweise die Blutdruck-bedingte Schädigung der Organsysteme verhindern konnte. Auf diese Erkenntnisse aufbauend können weitere Studien zu diesem Thema durchgeführt werden, um alternative Therapiestrategien ohne klassische Medikamente zur Bekämpfung des Blutdruckhochdrucks zu entwickeln.

Dr. Maike Knorr
Dr. Maike Knorr

Forschungsstipendium der Stiftung Mainzer Herz für Frau Dr. Maike Knorr vom 1.7.2009 bis 30.6.2010

Einfluss von Entzündungszellen auf die Gefäßfunktion und die Entstehung des Bluthochdrucks

Das Endothel kleidet als einlagige Zellschicht die Innenwand der Blutgefäße wie eine Tapete aus und trennt so das Blut vom Gewebe. Aufgrund seiner Zellzahl (5x1013), Masse (1,5kg) und Oberfläche (1000m2; so groß wie ein Fußballplatz) sowie seiner strategischen anatomischen Position zwischen dem zirkulierenden Blut und den Gefäßmuskelzellen nimmt es eine Schlüsselrolle ein und muss als eigenständiges Organ aufgefasst werden. Die Zellen des Endothels produzieren gefäßerweiternde und gefäßverengende Substanzen. Das Endothel reguliert damit den Spannungszustand der Gefäße, das Gefäßwachstum und beeinflusst die Blutplättchenaktivierung sowie Einwanderung von weißen Blutkörperchen.

Bestehen nun Risikofaktoren wie Rauchen, erhöhter Blutzucker oder erhöhte Blutfettwerte, kommt es zur Aktivierung von Enzymsystemen, die freie Radikale bilden. Die Aktivierung dieser Enzyme führt zur Abschwächung der Bildung des körpereigenen Nitroglyzerins und damit zur Gefäßverengung und Blutdrucksteigerung.

Bis ist heute unklar, inwieweit insbesondere Entzündungszellen wie z.B. die weißen Blutkörperchen zur Blutdrucksteigerung beitragen.

Zur Klärung dieser Fragestellung haben wir ein gefäßverengendes Medikament (Angiotensin II) infundiert und ein Tiermodell benutzt, mit dem wir gezielt Entzündungszellen ausschalten können.

Die herausragende Botschaft war, dass diese Zellen sehr wohl entscheidend bei der Blutdruckregulation als auch bei der Regulation des Spannungszustandes der Gefäße beteiligt sind.  Dies wiederum bedeutet, dass möglicherweise ein neuer therapeutischer Ansatz entdeckt wurde, aufgrund dessen innovative Medikamente zur Bluthochdruckbekämpfung entwickelt werden können.