V. Alveolarfortsatz und Alveolarknochen / A. Strukturmerkmale

1. Allgemeine Merkmale


Der Alveolarfortsatz ist der Anteil des Kieferknochens, der die Zähne und die Alveolen, in denen die Zähne aufgehängt sind, enthält. Der Alveolarfortsatz befindet sich auf dem basalen Knochen. Die reguläre Entwicklung des Alveolarfortsatzes hängt vom Zahndurchbruch ab, und das Fortbestehen des Alveolarfortsatzes ist vom Zahnerhalt abhängig. Wenn sich keine Zähne entwickeln (z.B. Anodontie), bildet sich kein Alveolarfortsatz aus. Werden alle Zähne extrahiert, geht der Alveolarfortsatz größtenteils verloren. Lediglich der basale Knochen bleibt zurück, so dass der verbleibende Kieferknochen in der Höhe stark reduziert ist.

Der Alveolarfortsatz besteht aus einer äußeren und einer inneren kortikalen Platte kompakten Knochens, die die Spongiosa zwischen sich einschließen. Die Spongiosa stellt ein aus spongiösem (trabekulärem, gitterförmigem) Knochen bestehendes Kompartiment dar.

Zwischen den Begriffen "Alveolarfortsatz" und "Alveolarknochen" muss unterschieden werden.

Der eigentliche Alveolarknochen kleidet die im Alveolarfortsatz liegende Alveole (Zahnfach) aus. Der eigentliche Alveolarknochen besteht aus einer dünnen Platte kortikalen Knochens mit zahlreichen Löchern (Lamina cribriformis), die die Passage von Blutgefäßen zwischen den Knochenmarkräumen und dem Desmodont erlauben. Der koronale Rand des Alveolarknochens bildet den Alveolarknochenkamm, der im allgemeinen parallel zur Schmelzzementgrenze und 1-2 mm apikal von dieser verläuft (Abb. 111 B).

Abb. 111 (nach Ritchie und Orban, 1953): Darstellung der Formvarianten des Alveolarknochenkamms im Interdentalbereich. In mesiodistalen Schnitten wird die Form des Alveolarknochenkamms von der Kontur und Breite des Interdentalraums, histo130a2_sm.jpg (2968 bytes)dem Grad des Zahndurchbruchs und der Stellung der benachbarten Zähne bestimmt. Der Alveolarknochenkamm verläuft annähernd parallel zu einer Linie, die die benachbarten Schmelzzementgrenzen verbindet (Schnitt A, B und D). Wenn die Schmelzzementgrenzen auf gleicher Höhe liegen (Schnitt A), verläuft der Alveolarknochenkamm mehr oder weniger horizontal. Wenn sich die benachbarten Schmelzzementgrenzen auf ungleicher Höhe befinden (Schnitt B) oder die Zähne gekippt sind (Schnitt D), neigt der Alveolarknochenkamm zu einem schrägen Verlauf.


Abb. 112 (unbekannte Quelle): Schematischer Querschnitt von einem Zahn im Alveolarfortsatz des histo127a2_sm.jpg (6641
    bytes)Kieferknochens. Der Alveolarfortsatz besteht aus einer inneren und einer äußeren kortikalen Platte kompakten Knochens (C), zwischen denen sich der gitterförmige bzw. spongiöse Knochen (S) befindet. Innerhalb des Alveolarfortsatzes liegen die Alveolen, die die Zähne beherbergen. Der Zahn (T) ist über das Desmodont (PDL) an den Alveolenwänden verankert. Die Alveolenwand besteht aus einer dünnen Schale kompakten Knochens, dem eigentlichen Alveolarknochen (AB). Dort, wo die Alveole mit der inneren und der äußeren kortikalen Platte Kontakt bekommt, verschmilzt oftmals der eigentliche Alveolarknochen mit dem Knochen der kortikalen Platten zu einer einzigen Kompaktaschicht.

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Abb. 113 (Ramfjord, S.P. und Ash, M.M., 1989): Dort, wo eine Wurzel prominent und der darüberliegende Knochen sehr dünn ist, kann der Knochen tatsächlich begrenzt verloren gehen, so dass ein Knochenfenster entsteht, durch das die Wurzel sichtbar wird. Dieser fensterartige Defekt im Knochen wird Fenestration (F) genannt.


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Abb. 114 (Ramfjord, S.P. und Ash, M.M., 1989): In einigen Fällen, wie in dieser Abbildung erkennbar, kann der Knochen zwischen der Fenestration und dem Alveolarknochenkamm ganz und gar verloren gehen, so dass ein Defekt entsteht, der Dehiszenz (D) genannt wird. Beim Abklappen mukoperiostaler Lappen ist es wichtig, sich solcher Defekte bewusst zu sein, da durch die chirurgische Freilegung solcher Knochendefekte deren Ausmaß vergrößert werden kann.

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Abb. 115 (Rateitschak, K.H. et al., 1989): Mesiodistaler Schnitt durch die Alveole eines Unterkiefermolaren. Beachten Sie die kompakte Beschaffenheit des eigentlichen Alveolarknochens (C), der die Alveole auskleidet, im Vergleich mit dem benachbarten spongiösen Knochen (S) des Alveolarfortsatzes. Der Alveolarknochen weist trotzt seiner kompakten Beschaffenheit zahlreiche Perforationen auf, die besonders im koronalen Anteil der Alveole erkennbar sind.