Trotz seiner festen Erscheinung befindet sich Knochen in einem ständigen Umbau. Dies bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt einige Teile des Kieferknochens resorbiert werden, während andere Teile durch Ablagerung von neuem Knochen wachsen. Dieser Vorgang erfordert eine gewisse Koordination zwischen Resorption und Apposition, damit die normale Funktion des Knochens aufrechterhalten werden kann. Die Remodellierung des Alveolarfortsatzes ermöglicht die reguläre Wanderung der Zähne in mesiale Richtung (Mesialdrift), wenn sich deren Approximalflächen durch Attrition abnutzen. Die Remodellierung macht auch eine orthodontische Zahnbewegung und Wundheilung möglich.
Abb. 124: Mesiodistaler Schnitt durch einen oberen Eckzahn (C) und einen seitlichen Schneidezahn (I). Mesial ist rechts in der Abbildung. Man könnte einen histologischen Hinweis für eine Mesialdrift erwarten, bei der sich die Zähne langsam durch den Knochen, von der linken zur rechten Seite der Abbildung, bewegen.
Abb. 125: Vergrößerte Ansicht des interdentalen Septums (IDS) zwischen dem Eckzahn und dem seitlichen Schneidezahn. Mesial und distal sind mit M bzw. D angegeben. Im Bereich der Kiefermitte werden die Zähne größtenteils durch spongiösen Knochen gestützt.
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Abb. 126: Vergrößerte Ansicht des interdentalen Septums aus Abb. 125. Beachten Sie die großen Knochenmarkräume (BMS) im spongiösen Knochen des interdentalen Septums. Die distale Seite (D) des Septums besitzt die Merkmale einer Knochenoberfläche, die überwiegend einer Resorption unterliegt (BRS). Im Gegensatz dazu zeigt die mesiale Seite (M) des Septums die typischen Merkmale einer Oberfläche mit Knochenbildung (BFS).
Abb. 127: Mesiale Seite des interdentalen Septums aus Abb. 126. Die dem Desmodont (PDL) gegenüberliegende Knochenoberfläche besitzt charakteristische Merkmale einer Fläche, an der vorwiegend Knochenneubildung stattfindet. Dazu gehört die Präsenz von Bündelknochen (BB), von dem ein Teil in Osteone bzw. Haverssche Systeme (HS) umgewandelt wird. Bei dieser Vergrößerung scheint Bündelknochen aus Knochenlamellen, die durch ausgeprägte Zement-/Appositionsinien getrennt sind, zu bestehen. Andere, bei dieser Vergrößerung nicht sichtbare Merkmale sind Osteoblasten, die die Knochenoberfläche säumen, und Sharpeysche Fasern, die senkrecht zur Knochenoberfläche orientiert sind.
Abb. 128: Distale Seite des interdentalen Septums aus Abb. 126: Die dem Desmodont (PDL) gegenüberliegende Knochenoberfläche besitzt charakteristische Merkmale einer Fläche, die überwiegend einer Knochenresorption unterliegt. Dazu gehören das Fehlen einer gut definierten Schicht aus Bündelknochen, die Präsenz einer ausgezackten Knochenoberfläche, die Präsenz von Resorptionslakunen (RL) mit oder ohne knochenresorbierende Zellen und das Vorhandensein einer Ruhelinie (RL). Die Ruhelinie markiert die Stelle, bis zu der die Resorptionsfront maximal vorgedrungen gewesen war, bevor ein dünner Knochensaum zur Neuverankerung der desmodontalen Fasern gebildet wurde.
Die tatsächlichen histologischen Merkmale einer Oberfläche mit überwiegend stattfindender Knochenresorption variieren in Abhängigkeit von dem physiologischen Stadium. Da eine Knochenresorption zyklisch abläuft, verändern sich die histologischen Merkmale in Abhängigkeit vom Zyklus. Eine Oberfläche mit überwiegend stattfindender Knochenresorption kann daher Hinweise auf eine aktive Knochenresorption geben, kann sich in einer Ruhephase befinden oder kann tatsächlich Hinweise auf eine gerade stattfindende Knochenablagerung liefern, obwohl dann üblicherweise Zeichen dafür existieren, dass es sich bei dieser nur um eine kurze, vorübergehende Phase handelt.
Abb. 129: Bündelknochen (BB) auf der mesialen (einer Knochenbildungs-)Fläche eines interdentalen Septums. Bei dieser Vergrößerung sind blassgefärbte Sharpeyschen Fasern (SF) erkennbar. Die durch Oberflächenapposition entstandenen zyklischen Ablagerungen von Knochen sind durch dunklere Zementlinien getrennt (CL).
Abb. 130: Knochenoberfläche mit aktiver Resorption auf der distalen Seite eines interdentalen Septums. Mehrere Resorptionslakunen (RL) - auch bekannt als Howshipsche Lakunen - sind sichtbar, einige mit multinukleären Osteoklasten. Es gibt keinen Hinweis auf eine Ruhelinie, weil der Resorptionsprozess jede Spur der ehemaligen Resorptionsfront zerstört hat. Weiterhin gibt es keinen Hinweis auf irgendeine in letzter Zeit stattgefundene Knochenneubildung.
Abb. 131: Knochenoberfläche während einer Ruhephase (RBS). Der unregelmäßige Verlauf der Knochenoberfläche und das Fehlen von Bündelknochen über den teilweise resorbierten Osteonen (HS) zeigt, dass dies eine Knochenoberfläche mit überwiegend stattfindender Resorption ist. Dieser Phase folgt im allgemeinen eine kurze Phase der Knochenablagerung, die der Wiederherstellung der Verankerung zwischen dem Knochen und dem Desmodont dient.
Abb. 132: Knochenoberfläche mit überwiegend stattfindender Knochenresorption während einer Phase der Knochenapposition. Die Ruhelinie (Rev) ist als deutliche, dunkelgefärbte, girlandenförmige Linie sichtbar. Sie markiert die Resorptionsfront der vorausgegangenen Knochenresorptionsphase. Nach einer Ruhephase wird ein Saum neuen Knochens (NB) aus im Desmodont (PDL) befindlichen Osteoblasten (OB) abgelagert. Diese Osteoblasten befinden sich auf dem neugebildeten Knochen. Dieser neugebildete Knochen enthält kurze eingebettete Sharpeysche Fasern, mit deren Hilfe die Verankerung der Zähne am Knochen wiederhergestellt wird. Nach einer weiteren Ruhephase wird die aktive Knochenresorption fortschreiten.