AfD-Wähler glauben besonders oft an Verschwörungserzählungen

Forscher des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts an der Universität Leipzig stellen deutliches Rechts-links-Gefälle bei Menschen mit Verschwörungsmentalität fest

Auch wenn Verschwörungserzählungen ein gesamtgesellschaftliches Phänomen sind, fand das Forschungsteam unter der Leitung des Sozialpsychologen Prof. Dr. Oliver Decker heraus, dass diese besonders häufig bei Anhängerinnen und Anhängern der Partei Alternative für Deutschland (AfD) verbreitet sind. So glauben zwei Drittel der AfD-Parteigänger an COVID-19-bezogene Verschwörungserzählungen. Unter Anhängern der Grünen kommen Verschwörungserzählungen hingegen am wenigsten oft vor.


„In letzter Zeit gab es immer wieder öffentliche Diskussionen, wie weit die Corona-Proteste auch von Wählerinnen und Wählern der Grünen oder Linken mitgetragen werden. Unsere Daten zeigen, dass die Anhänger dieser Parteien weniger anfällig für eine Verschwörungsmentalität sind”, sagt Oliver Decker, Leiter des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts (EFBI). „Gleichzeitig sehen wir, dass gerade die AfD-Wählerinnen und Wähler am stärksten an Verschwörungserzählungen glauben“. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am neu gegründeten Institut für Demokratieforschung an der Universität Leipzig haben zusammen mit Prof. Dr. Elmar Brähler die Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus Studie (LAS), einer repräsentativen Umfrage, analysiert, um die statistischen Zusammenhänge zwischen der Zustimmung zu Verschwörungsmentalität, Parteipräferenz sowie der Selbstverortung auf einer links-rechts-Skala zu erforschen.


Anhänger aller anderen Parteien weisen weniger oft eine Verschwörungsmentalität auf

Es zeigt sich, dass Verschwörungserzählungen unter Befragten mit Wahlpräferenz für die AfD mit Abstand am weitesten verbreitet sind: 73,5 Prozent der AfD-Anhängerinnen und -Anhänger weisen eine Verschwörungsmentalität auf, zwei Drittel glauben zudem an COVID-19-bezogene Erzählungen. Unter den Nichtwählerinnen und Nichtwählern sind 55,2 Prozent für Verschwörungserzählungen empfänglich. Bei den Befürwortern der anderen im Bundestag vertretenen Parteien liegt der Wert deutlich darunter, zwischen 37 Prozent bei den FDP-Anhängerinnen und -Anhängern und 18,1 Prozent bei den Befragten, die sich für eine Wahl der Grünen entscheiden würden.


Klarer Zusammenhang zwischen Antisemitismus und Verschwörungserzählungen

Außerdem zeigt die Analyse, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen antisemitischen Aussagen und Verschwörungserzählungen, auch jenen die COVID-19 thematisieren, gibt. Für Oliver Decker bestätigt sich damit noch einmal, dass die AfD ein großes Problem bei der Auseinandersetzung mit anti-modernen und antisemitischen Inhalten hat. Dass Verschwörungserzählungen unter Befragten mit einer Präferenz für die Grünen am wenigsten häufig verbreitet sind, erklärt Elmar Brähler damit, dass der Partei „ein Großteil ihrer verschwörungsgläubigen Wählerinnen und Wähler abhandengekommen ist, wie schon ein paar Jahre vorher CDU/CSU und SPD einen großen Teil ihrer rechtsextrem eingestellten Anhängerschaft verloren haben. Sie haben bei der AfD ihre neue Heimat gefunden“. Der Soziologe Dr. Johannes Kiess, stellvertretender Leiter des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts, ergänzt: „Verschwörungsmentalität, die Teil eines antimodernen Weltbildes ist, korreliert mit menschenfeindlichen und antidemokratischen Einstellungen. Insbesondere die Abwertung Anderer ist beispielsweise unter Grünen-Wählerinnen und -Wählern weniger stark ausgeprägt.“
Ihre Ergebnisse haben die Forscherinnen und Forscher in einem Policy Paper mit dem Titel „Verschwörungsmentalität, COVID-19 und Parteipräferenz: Ergebnisse einer repräsentativen Befragung“ zusammengefasst.

 

Über das Institut:

Das Else-Frenkel-Brunswik-Institut (EFBI) bildet eine Forschungsinfrastruktur in Sachsen, die
demokratiefeindliche Einstellungen, Strukturen und Bestrebungen erforscht und dokumentiert. Im Vordergrund stehen dabei verschiedene Formen der Diskriminierung, die Strategien und Dynamiken rechts-autoritär motivierter Bündnisse und die Stärkung demokratischer Politik.

Über die Leipziger Autoritarismus Studien:

Diese Repräsentativbefragung der in Deutschland wohnhaften Bevölkerung wird seit 2002 im Zweijahresrhythmus durchgeführt und gilt bundesweit als Referenzstudie zur Entwicklung und Verbreitung politischer Einstellungen. Die Untersuchung im Frühsommer 2020 wurde in Kooperation mit der Otto Brenner Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung durchgeführt Hierfür wurden 2.503 Personen mittels Paper-Pencil-Verfahren befragt. Die Auswahl der Befragten erfolgte als geschichtete Zufallsstichprobe und ist deshalb repräsentativ für die Grundgesamtheit der in Deutschland wohnhaften Bevölkerung.

Weitere Informationen finden Sie hier (Pdf , 477,8 KB).


Kontakt:
Pia Siemer
Else-Frenkel-Brunswik-Institut
Telefon: +49 341 97-37892
E-Mail:  pia.siemer@uni-leipzig.de