Integrierte Versorgung für Thrombose-Patienten

Bundesweit einmaliges Projekt startet am Universitätsklinikum in Mainz

Mit einem in Deutschland bisher einzigartigen Projekt im Rahmen der integrierten Versorgung soll die Versorgung von Patienten, die an einer Thrombose leiden oder davon bedroht sind, wesentlich verbessert werden. Dazu haben die Ersatzkassen DAK – Unternehmen Leben,
Hamburg Münchener Krankenkasse, Gmünder ErsatzKasse und HZK – Die Profikrankenkasse mit dem Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Gesundheitsorganisation Rheinhessen eG einen Vertrag abgeschlossen, der die Einrichtung des ersten Thrombosedienstes in Deutschland ermöglicht.

In Deutschland werden aktuell mehr als 900.000 Patienten aufgrund bestehender Thrombosen oder zur Vorbeugung thromboembolischer Erkrankungen langfristig mit Blutverdünnern wie Markumar behandelt Bei einer geschätzten Dunkelziffer von 1 Prozent der Bevölkerung, also 900.000 weiteren Patienten, wäre eine solche Behandlung eigentlich notwendig.

„Komplikationen wie Embolien oder inadäquate medikamentöse Einstellungen bedeuten für die Patienten nicht nur ein hohes Risiko, sondern verursachen auch hohe Kosten im Gesundheitswesen, sagte Armin Lang, Leiter der Ersatzkassenverbände in Rheinland-Pfalz, bei der Vertragsunterzeichnung in Mainz. Deshalb sind wir froh, dass es uns gelungen ist, mit dieser Vereinbarung ein Modell auf den Weg zu bringen, dass durch eine enge Zusammenarbeit von niedergelassenen Haus- und Fachärzten und dem Universitätsklinikum Mainz die Versorgung dieser Patienten im Raum Mainz wesentlich verbessert.

Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes ist die Einrichtung eines Thrombosedienstes. Die Neuartigkeit dieses Behandlungszentrums besteht darin, dass die Versorgung von Patienten mit gerinnungshemmender Therapie telemedizinisch unterstützt und durch eine elektronische Patientenakte gesteuert wird. Standort dieses Zentrums ist die II. Medizinische Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum in Mainz. Deren Direktor, Prof. Dr. Thomas Münzel, sagte zu der Vereinbarung: „Es ist natürlich schon aufregend, wenn an unserer Klinik mit dem ersten Thrombosedienst in Deutschland ein weiteres viel versprechendes Projekt initiiert werden kann, das die Gesundheitsversorgung in Rheinhessen weiter verbessern wird.“

Über die „Gesundheitsorganisation Rheinhessen eG“ sind niedergelassene Haus- und Fachärzte eingebunden, die in Zukunft eng mit dem Thrombosedienst zusammenarbeiten, so Dr. Norbert Wittlich, der als Kardiologe in Mainz wesentlich am Zustandekommen dieser integrierten Versorgung beteiligt war.

Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer begrüßt die Einrichtung des bundesweit ersten telemedizinisch unterstützten Thrombosedienstes. „In der Versorgung der Patientinnen und Patienten werden wir dadurch einen riesigen Schritt voran kommen, denn das Konzept berücksichtigt neben medizinischen Aspekten auch die Bedürfnisse und die Situation der Patientinnen und Patienten. Das wird unter anderem in einer deutlichen Verbesserung der Therapietreue führen, die eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine optimale Behandlung ist,“ so die Ministerin. Gleichzeitig können durch das Konzept die Blutungskomplikationen und thrombembolische Komplikationen (z.B. Schlaganfall) deutlich verringert werden. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen hat das Projekt seit den ersten Planungsschritten mit begleitet, unterstützt und hat eine zentrale Moderationsaufgabe in den Verhandlungen mit den Partnerinnen und Partnern im Land und auch bundesweit erfüllt.

Die Hauptziele des Vertrages sind

  • die rechtzeitige Erkennung und Behandlung von Komplikationen - wie etwa Blutungen – bei der Behandlung mit Blutverdünnern wie Markumar
  • die Senkung von Folgekosten, etwa durch Verhinderung erneuter Krankenhausaufenthalte oder der Entstehung von Pflegebedürftigkeit
  • die Verbesserung von Behandlungskontinuität und –qualität durch eine koordinierte Zusammenarbeit von Thrombosedienst, anderen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten.

Die Beteiligten zeigten sich optimistisch, dass diese Ziele erreicht werden und dieses Modell eines Thrombosedienstes dann auch in anderen Regionen Deutschlands umgesetzt wird.

 

Hintergrundinformationen:

 

Die Versorgung der Patienten in dem Projekt

Versicherte der beteiligten Ersatzkassen können sich bei entsprechender Indikation über das Universitätsklinikum oder einen an dem Projekt teilnehmenden Haus- oder Facharzt einschreiben. Diese erheben dann einen Eingangsbefund und melden den Patienten beim Thrombosedienst an.

Die teilnehmenden Patienten sowie die betreuenden Personen erhalten durch den Thrombosedienst umfassende Informationen zur Antikoagulationsbehandlung, Medikation, Einflussfaktoren und Risikofaktoren bezüglich der individuellen Diagnose und Lebensumstände. Zudem erfolgt bei Bedarf eine Beratung zu folgenden Themen:

  • Beratung bei Urlaubsplanungen,
  • Beratung bei anstehenden invasiven Untersuchungen,
  • Beratung bei zusätzlichen nicht vorhersehbaren Komplikationen.

Bis zu 18 mal pro Jahr erfolgen Laborkontrollen, die zeigen, ob die Gerinnungshemmung des Blutes optimal eingestellt ist. Die Blutabnahme (venös oder kapillär) erfolgt durch qualifizierte Mitarbeiter des Thrombosedienstes an festen Blutabnahmestandorten oder im Einzelfall bei dem jeweiligen Versicherten zuhause, wenn dieser krankheitsbedingt den Blutabnahmestandort nicht aufsuchen kann.

Wenn das Ergebnis der Gerinnungskontrolle vorliegt, wird der entsprechende Laborwert in die elektronische Patientenakte eingegeben. Es wird überprüft, ob der so genannte INR-Wert im Zielbereich liegt und welche Dosierung der gerinnungshemmmenden Medikamente der Patient benötigt. Außerdem wird der nächste Kontrolltermin festegelegt. Der Patient und der kooperierende Haus- oder Facharzt erhalten einen Dosierbrief, der die Ergebnisse enthält.

Bei jeder Blutabnahme werden zudem alle den INR-Wert beeinflussenden Faktoren erfragt, elektronisch erfasst und bei der Festlegung der Dosierung und des nächsten Kontrolltermins berücksichtigt. Dazu gehört auch die Hinterfragung der regelmäßigen und sachgerechten Medikamenteneinnahme.

Bei Komplikationen und Risikosituationen, z.B. bei einer notwendigen Antibiotikatherapie oder bei Umstellung der Medikation, werden die Dosierung und die Intervalle zwischen den Messterminen entsprechend angepasst. Der Arzt des Thrombosedienstes passt die Dosierung innerhalb der festgelegten Grenzen an, teilt dies dem kooperierenden Arzt und den Patienten mit und informiert über weitere Schritte.

Fallen dem kooperierenden Haus- oder Facharzt Komplikationen oder Risikosituationen auf, informiert er den Thrombosedienst.

 

Thrombotische und thromboembolische Erkrankungen

Thrombotische und thromboembolische Erkrankungen spielen in der Medizin eine immer wichtigere Rolle. Mehr als 900.000 Patienten werden aktuell in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund bestehender Thrombosen oder zur Vorbeugung thromboembolischer Erkrankungen langfristig mit Blutverdünnern wie Markumar antikoaguliert. In Deutschland besteht eine Dunkelziffer von 1 Prozentder Bevölkerung, das heißt ca. weitere 900.000 Patienten bedürfen eigentlich einer Antikoagulation, haben aber momentan keine adäquate Therapie. Die Hauptindikationen für eine Behandlung mit Markumar bestehen zum einen bei Patienten mit Vorhofflimmern und zum anderen bei Patienten mit künstlichen Herzklappen. Die Komplikationen einer schlechten Einstellung der Blutverdünnung sind zum einen vermehrte Blutungen, bei zu starker Verdünnung, bzw. Embolien, die z.B. zu einem Schlaganfall führen können, bei zu schwacher Blutverdünnung.  Die Komplikationszahlen im Rahmen einer Markumartherapie sind in Deutschland drastisch höher als zum Beispiel in den Niederlanden, wo Thrombosezentren sich um eine optimale Einstellung bemühen.  Dies war in erster Linie der Anlass sich um einen Aufbau eines Thrombosedienstes (eTTCA für European Telemedicine Treatment Center Anticoagulation) in Deutschland zu bemühen.