Parodontologie

Chronische Zahnbetterkrankungen

Die Gingiva (Zahnfleisch) ist Teil der Mundschleimhaut. Die gesunde Gingiva hat eine blassrosa Farbe, ist derb, fest, unverschieblich und besitzt straffe, bei Berührung nicht blutende Papillen. Ihre Oberfläche ist orangenhautähnlich gestippelt (linkes Bild).
Durch die vermehrte Ansiedlung von Plaque (Zahnbelag) kommt es zu einer Gingivitis (Zahnfleischentzündung, rechtes Bild).
Plaque ist ein gelblich-grauer Zahnbelag, der vorrangig aus Mikroorganismen besteht. Er lässt sich nur mechanisch mit Hilfe der Zahnbürste entfernen. Durch spezielle Färbetabletten bzw. -lösungen ist Plaque anfärbbar.
Wird die Plaque nicht entfernt, so kommt es innerhalb weniger Tage zu einer Zahnfleischentzündung. Die ersten Anzeichen einer beginnenden Zahnfleischentzündung sind Rötung und Schwellung des Zahnfleisches. Wenn das Zahnfleisch beim Zähneputzen blutet, ist dies ein Zeichen für eine bestehende Entzündung. Schmerzen treten dabei nur selten auf.
Wird der Zahnbelag mindestens zweimal am Tag gründlich durch Zähneputzen entfernt, verschwinden Entzündungen und Blutungen in wenigen Tagen.

Gesundes Zahnfleisch, Gingivitis (Zahnfleischentzündung)
paradon_6.jpg

Zahnbelag (Plaque) kann auch verkalken und so zu "Zahnstein" werden.
Besteht eine Zahnfleischentzündung über einen längeren Zeitraum, kann sich eine Parodontitis entwickeln. Dabei handelt es sich um eine entzündliche, durch bakterielle Beläge verursachte Erkrankung, die über das Zahnfleisch hinaus auch den Zahnhalteapparat des Zahnes, d.h. Wurzelhaut, Wurzelzement und Kieferknochen, befällt.
Mit steigender Entzündungsintensität entsteht eine Zahnfleischtasche und der komplette Zahnhalteapparat wird abgebaut. Aus der Gingivitis (Zahnfleischentzündung) hat sich eine Parodontitis entwickelt. Bei ausbleibender Therapie kann es zu Zahnlockerungen und späterem Zahnverlust, aber auch zu Taschenabszessen (Eiterung) kommen.
Nur eine zahnärztliche Behandlung und besonders gute Mitarbeit des Patienten bei der Mundhygiene können die Parodontitis zum Stillstand bringen.
Bei guter Mundhygiene ist also eine Zahnfleischentzündung mit ihren Folgen vermeidbar.

Therapie

Basis für den langfristigen Erfolg der zahnärztlichen Therapie ist die intensive Zusammenarbeit von Patient und Behandler.

Vorbehandlung:

  • Aufklärung des Patienten über die Ursachen der Erkrankung
  • Instruktion von Mundhygienetechniken und Hilfsmittel
  • Herstellen eines hygienefähigen Gebisszustandes: Beseitigung von Karies, insuffizienten Kronen- und Brückenkonstruktionen, Zahnsteinentfernung
  • Motivation des Patienten zur aktiven Mitarbeit


Aufgabe des Patienten:
Verbesserung der persönlichen Mundhygiene, tägliche vollständige Entfernung von Plaque.

Gingivitis:
Durch forcierte Mundhygienemaßnahmen und intensive Mitarbeit des Patienten heilt eine Gingivitis vollständig aus. Halbjährliche Kontrolluntersuchungen und regelmäßige Zahnsteinentfernung sind erforderlich.

Parodontitis:
Nach Durchführung der Vorbehandlung (s.o.) sind je nach Schweregrad der Krankheit verschiedene Therapiemaßnahmen indiziert. Entscheidend sind Sondierungstiefen (Taschentiefen) und Ausdehnung des Knochenabbaus (Röntgenbilder).

Folgende Maßnahmen werden nur unter lokaler Anästhesie durchgeführt:

Scaling und Kürettage:
Entfernung von Plaque, Zahnstein und bakteriellen Anlagerungen auf den Wurzeloberflächen und Auffrischen des Wurzelzementes bzw. -dentins. Abschälen (Kürettage) des Entzündungsgewebes von der Tascheninnenwand.

Offene Kürettage:
Durchführung der Kürettage nach Abklappen des Zahnfleisches. Das Entzündungsgewebe wird bei der Schnittführung entfernt. Vorteil: Arbeiten unter Sicht

Lappenoperation:
Bei sehr tiefen Taschen und starkem Knochenabbau großzügiges Entfernen der entzündeten Gewebe. Eventuell Augmentation des Knochens mit Hilfe der Membrantechnik. Wegen des langfristigen Erhalts der eigenen Zähne müssen unter Umständen freiliegende Zahnhälse in Kauf genommen werden.

Regenerative Parodontaltherapie

Das Parodont (griech. Para: "um herum", odontos "Zahn") zu deutsch Zahnbett, ist ein funktionelles System, das aus Zahnfleisch, Wurzelhaut, Wurzelzement und Alveolarknochen (zahnumgebendem Knochen) besteht; es umfasst alle Stützgewebe, die die Belastung des Zahns auffangen.
Das Ziel regenerativer Parodontaltherapie ist die Wiederherstellung des verlorenen Zahnhalteapparates (d.h. die Neubildung von Wurzelzement, Desmodont und Alveolarknochen). Eine der am meisten dokumentierten und vorhersehbarsten regenerativen Therapien ist die gesteuerte Geweberegeneration (GTR). GTR beruht darauf, dass in einer parodontalchirurgischen Operation eine Membran gelegt wird, die als mechanische Barriere in der postoperativen Heilungsphase fungiert. Sie verhindert das Wachstum des schnell regenerierenden Saumepithels nach apikal und bietet somit den langsam regenerierenden Desmodontal- und Knochenzellen die Möglichkeit, die Wurzeloberfläche und das Wundgebiet zu besiedeln.
Neueste Ergebnisse aus der Grundlagenforschung haben auf die wichtige Rolle der Schmelz-Matrix-Proteine (Enamel-Matrix-Proteins kurz EMD) in der parodontalen Wundheilung hingewiesen. Wissenschaftliche Ergebnisse konnten zeigen, dass die Behandlung mit EMD die Neubildung des Zahnhalteapparates fördert. Des weiteren konnte in klinischen Studien gezeigt werden, dass die Behandlung mit EMD die parodontale Wundheilung am Menschen positiv beeinflusst.
Kombinationstherapien von verschiedenen Knochenersatzmaterialien und EMD oder GTR Technik kann die klinischen Ergebnisse noch zusätzlich verbessern.

Mit diesen Therapiemöglichkeiten bleiben bestimmte Zähne, die man vor einigen Jahren als verloren angesehen hätte, weiter erhalten.

Tiefe Zahnfleischtasche Röntgenbild auf dem ein tiefer Knocheneinbruch zu sehen ist
Tiefe Zahnfleischtasche vor regenerativer Therapie
xray_pro_01.jpg
Röntgenbild auf dem ein tiefer Knocheneinbruch zu sehen ist

Die chirurgische Behandlung freiliegender Zahnhälse

Auch im entzündungsfreien Gebißsystem können anatomische Besonderheiten zu Irritationen an der den Zahn umschließenden Zahnfleischmanschette (Gingiva) führen.

Neben anderen Faktoren sind hoch ansetzende Lippen- und Wangenbändchen, bei gleichzeitig fehlender oder sehr schmal ausgeprägter Zone befestigten Zahnfleischs (attached gingiva) die Hauptursache für einen lokalisierten, entzündungsfreien Schwund des Zahnhalteapparats (Rezession).

Freiliegende Zahnhälse

Durch diesen Schwund wird im Zahnhalsbereich ein Teil der nicht mit Schmelz bedeckten Zahnwurzel freigelegt :
Der Patient beobachtet, daß der betroffene Zahn "länger" wird und zunehmend auf heiße oder auch kalte Speisen und Getränke empfindlich reagiert.

Vorrübergehende Anfärbung des Zahnfleischs zur Diagnose

Schon bevor es zu einem solchen Schwund kommt, kann der Behandler durch schmerzfreie und vorrübergehende Anfärbung des Zahnfleischs prüfen, ob die verschiedenen Strukturen des Zahnhalteapparats gesund sind oder therapiert werden müssen.

Eine äußerst bewährte und sichere Methode zur Therapie freiliegender Zähne ist die Versorgung des betroffenen Gebiets mit einem freien Schleimhauttransplantat:

Freies Schleimhauttransplantat

Hierzu wird unter Lokalanästhesie eine hauchdünne (0,8mm) Gewebeschicht aus dem Gaumen entnommen und in den Bereich der freiliegenden Zahnhälse verpflanzt.

Zahnhälse sind wieder mit gesundem Zahnfleisch bedeckt

Die kleinen Wunden verheilen innerhalb weniger Tage. Die Zahnhälse an Eckzahn und Seitenzähnen, die durch stark einstrahlende Wangenbänder freigelegt waren, sind wieder mit gesunden Gingivastrukturen bedeckt.