Das Desmodont stammt embryologisch vom ektomesenchymalen Gewebe des Zahnsäckchens ab, das den sich entwickelnden Zahn in seinem knöchernen Hohlraum umgibt. Die Zellen und Kollagenfasern in dem Zahnsäckchen, d.h. dem zukünftigen Desmodont, sind zur Zeit des Zahndurchbruchs mit ihrer Längsachse vor allem parallel zur Wurzeloberfläche orientiert. Die Umwandlung des Zahnsäckchens in ein Desmodont beginnt an der Schmelzzementgrenze und schreitet in apikale Richtung fort.
Abb. 58: Ein sich entwickelnder Milchzahn in seiner Knochenhöhle zur Zeit des Durchbruchs. Obwohl die Zahnkrone vollständig ausgebildet ist, zeigt sich die Wurzel mit weit offenem Foramen noch unvollständig entwickelt. Das Zahnsäckchen um die sich entwickelnde Wurzel ist auf eine dünne Bindegewebekapsel, die in das Desmodont (PDL) umgewandelt wird, reduziert. Einige der pluripotenten Zellen des Zahnsäckchens, die zur Bildung von Knochen, Zement und Desmodont befähigt sind, bleiben als undifferenzierte Zellen im reifen Desmodont, gewöhnlich in der Umgebung von Gefäßen, erhalten. Die Umwandlung des Desmodonts beginnt an der Schmelzzementgrenze und schreitet nach apikal fort. B, Knochen; CEJ, Schmelzzementgrenze; ES, Schmelzraum; M, Mundschleimhaut; P, Pulpa; PDL, unreifes Desmodont; TB, Keim eines bleibenden Zahnes
Abb. 59: Vergrößerte Ansicht der Abb. 58, direkt apikal der Schmelzzementgrenze (CEJ). Die Umwandlung des Zahnsäckchens in ein Desmodont (PDL) beginnt nahe der Schmelzzementgrenze im Anschluss an die Bildung der dentogingivalen Fasern (DGF). Die Umwandlung beginnt mit den Fasern, die der Wurzeloberfläche und dem Knochen (B) am nächsten sind. Der Prozess schreitet dann in apikale Richtung fort, bis das gesamte Zahnsäckchen in ein Desmodont mit mehr oder weniger senkrecht zur Wurzeloberfläche verlaufenden Fasern umgewandelt ist. B, Alveolarknochen; CEJ, Schmelzzementgrenze; DGF, dentogingivale Fasern; PDL, desmodontale Fasern
Abb. 60: Vergrößerte Ansicht der Abb. 58, auf Höhe der halben Wurzellänge. Der zukünftige Desmodontalspalt (PDL) besteht aus Bindegewebefasern, die hauptsächlich parallel zur Zahnoberfläche angeordnet sind. Zu dieser Zeit kann, wenn überhaupt, nur sehr wenig Zement auf dem an den Desmodontalspalt grenzenden Dentin (D) nachgewiesen werden.
Abb. 61: Transmissionselektronenmikroskopische Abbildung der Wurzeloberfläche bei Beginn der Zementogenese. Die meisten Zellen, einschließlich Fibroblasten (F), und Fasern des Zahnsäckchens (DF) sind parallel zur Wurzeloberfläche orientiert. Kleine ans Wurzeldentin (D) angrenzende Kollagenfaserbündel (EF) werden senkrecht zur Dentinoberfläche angeordnet. Diese Fasern gehören zu den zementfremden Fasern (extrinsischen Fasern), die in das Zement eingebettet werden.
Abb. 62: Transmissionselektronenmikroskopische Abbildung der Wurzeloberfläche zu Beginn der Zementogenese. Stärkere Vergrößerung eines Bereichs, der dem in Abb. 61 ähnelt. Zementfremde (extrinsische) Kollagenfaserbündel sind mit ihrer Längsachse senkrecht zur Wurzeloberfläche, die in diesem Stadium der Entwicklung aus Dentin besteht, angeordnet. An der Stelle des Ineinandergreifens von Kollagenfibrillen aus dem Dentin und aus dem Zement bildet sich die zukünftige Dentinzementgrenze aus.
Abb. 63: Es handelt sich hierbei um eine schematische Darstellung des Umwandlungsprozesses im Zahnsäckchen, der zur Bildung des reifen Desmodonts führt. Die ersten Umformungen im Zahnsäckchen finden entlang des Zahnes (T) und des Alveolarknochens (AB) statt (Abb. A und B). Kleine Kollagenbündel richten sich selbst senkrecht zum Zahn und zur Knochenoberfläche aus. Sie werden schrittweise dicker und länger, wobei die Fasern auf der Knochenseite breiter als jene auf der Zahnseite werden. Auf der Zahnseite werden die Faserbündel in die sich entwickelnde Zementschicht und auf der Knochenseite in neuen Knochen eingebettet.
Der eingebettete Anteil der Fasern, bekannt als Sharpeysche Fasern, wird mineralisiert und zu einem Bestandteil dieser Hartgewebe. In einiger Entfernung von den Hartgewebeoberflächen trennen sich die Shapeyschen Fasern auf und bilden ein geflochtenes Netzwerk aus Kollagenfasern, die senkrecht zu den Hartgewebeoberflächen orientiert sind (Abb. 63 C und D). Obwohl es sein kann, dass ein Ende eines Faserbündels zum Teil nichtmineralisiert ist und im eigentlichen Desmodont liegt, wohingegen das andere Ende mineralisiert und in Knochen oder Zement eingebettet ist, wird nur der Teil als Sharpeysche Faser bezeichnet, der tatsächlich mineralisiert ist. Die Umgestaltung der Fasern schreitet von den Hartgewebeoberflächen zum zentralen Teil des Desmodonts fort, der zuallerletzt umgeformt wird. Im reifen Desmodont bleiben die Sharpeyschen Fasern auf der Zahnseite kleiner und zahlreicher als auf der Knochenseite.Ein unvollständig umgeformtes Desmodont oder Schnitte durch neurovaskuläre Kanäle sind in der Literatur fälschlicherweise als sogenannter "intermediärer Plexus" beschrieben worden. Es handelt sich dabei um eine Zone, die ein mechanisches "Verrutschen" zwischen den aus Zement und Knochen einstrahlenden Fasern während einer schnellen Eruption erlauben sollte. Heute ist anerkannt, dass eine schnelle Zahnbewegung die Folge einer kontinuierlichen Umwandlung der desmodontalen Strukturelemente auf Molekularebene ist. Eine schnelle Zahnbewegung resultiert jedoch nicht aus einer mechanischen Anpassung der Faserelemente.