Gut genagelt heilt besser

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Mainz entwickeln einen optimierten Nagel für problematische Schienbeinbrüche

Wissenschaftler der Klinik für Unfallchirurgie des Uniklinikums Mainz haben einen Titan-Nagel entwickelt, mit dem Schienbeinbrüche vor allem in der Nähe des Kniegelenkes und des Sprunggelenkes besser als bisher versorgt werden können. Dadurch heilt der gebrochene Knochen schneller und Fehlstellungen durch falsches Zusammenwachsen können weitgehend verhindert werden. Den Proximalen Tibia Nagel – kurz PTN – hat die Schweizer Firma Synthes inzwischen zu einem „Allround-Nagel“ für Schienbeinfrakturen, der den Namen „Expert(tm) Tibianagel“ trägt, weiterentwickelt. Auf dem 23sten Weltkongress der Internationalen Vereinigung für Orthopädische und Traumatologische Chirurgie in Istanbul stellt Prof. Pol M. Rommens, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie, den Nagel heute erstmals einem großen Fachpublikum vor.

Verkehrsunfälle, Sportunfälle, Stürze aus unterschiedlicher Höhe – das sind die Hauptursachen für gebrochene Schienbeine, im Fachjargon Tibia. Dabei stellen solche Schienbeinbrüche die häufigsten Frakturen eines langen Röhrenknochens beim Menschen dar. Besonders schwerwiegend sind Brüche am oberen Ende des Schienbeins, also in der Nähe des Kniegelenkes. „Um solche proximalen Frakturen zu stabilisieren, kann der Unfallchirurg beispielsweise Nagel-Implantate in den Knochen einbringen und dort verankern“, erklärt Prof. Rommens. „Doch das ist nicht immer unproblematisch. Einer der Gründe ist, dass der kleine Knochenteil oberhalb des Bruches sehr instabil ist und oft nicht optimal stabilisiert werden kann. Das verzögert natürlich die Heilung. Auch andere Techniken zur Stabilisierung – etwa Platten oder eine Fixierung von außen – haben ihre Nachteile.“

Deshalb haben sich Wissenschaftler an der Mainzer Klinik für Unfallchirurgie daran gemacht, einen „idealen“ Nagel für knienahe – proximale – Schienbeinbrüche zu entwickeln. So entstand ein Mainzer Nagel – der proximale Tibia Nagel (PTN). Der Clou des neuen Nagels ist die Verriegelungstechnik – also die Anordnung von Schrauben, mit denen der Nagel im Knochen verankert wird. Durch drei Schrauben auf unterschiedlichen Ebenen kann der Nagel besonders stabil mit dem Knochen verbunden werden.

Im Biomechanik Labor haben die Wissenschaftler den PTN im wahrsten Sinne des Wortes auf Biegen und Brechen getestet. Mit einer speziellen Versuchsanordnung können sie etwa Biege- oder Dreh-Bewegungen des Unterschenkels naturgetreu simulieren. So setzen sie den Nagel genau jenen Belastungen aus, die er auch im „wahren Leben“ aushalten muss. Die Wissenschaftler verglichen den PTN mit vier Alternativen, die teils bereits in der klinischen Anwendung, teils erst in der präklinischen Phase sind. Am Ende vieler Testreihen stand fest: Der neue PTN ist das zuverlässigste Implantat und hält auch großen Belastungen stand, ohne sich zu verformen oder gar zu brechen.

Auch erste klinische Tests hat der neue PTN bereits bestanden. Und die Ergebnisse sind viel versprechend. So ist der neue Nagel einerseits leichter und sicherer in den Knochen zu implantieren. Andererseits verzeichnen die Ärzte eine nur geringe Rate an Fehlstellungen – so kann der Knochen auch schneller und komplikationsärmer heilen.

„Wir waren sehr gespannt, ob und wie sich unser Nagel weiter etablieren würde“, verrät Prof. Rommens. „Dass die Firma Synthes unsere viel versprechenden Versuche mit dem PTN aufgegriffen hat und jetzt den daraus entwickelten ‚Expert(tm) Tibianagel’ für Schienbeinbrüche auf den Markt bringt, freut uns natürlich sehr. Schließlich bestätigt es in glänzender Weise die Leistungsfähigkeit des von uns entwickelten Implantates.“

Weitere Informationen:
Prof. Pol M. Rommens, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie
Tel. 06131 / 17-7140, Fax 06131 / 17-4043, E-Mail: rommens@unfall.klinik.uni-mainz.de

Bildanfragen:
Auf Wunsch senden wir Ihnen gerne ein Foto zu. Es zeigt Röntgenaufnahmen der
Versorgung einer komplexen Unterschenkelfraktur mit dem neuen Nagel. (Bildquelle: Klinik
für Unfallchirurgie)


Dr. Renée Dillinger, Pressestelle des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität,
Tel. 06131 / 17 7424, Fax 06131 / 17 3496, E-Mail: dillinger@vorstand.klinik.uni-mainz.de