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Ethikbeirat übergibt Stellungnahme zur „Verbesserung der Situation in der Organspende“ an Gesundheitsminister Clemens Hoch – Es besteht dringender Handlungsbedarf

Der Ethikbeirat des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit hat eine Stellungnahme zur aktuellen Situation im Bereich der Organspende verfasst und diese heute an Gesundheitsminister Clemens Hoch übergeben. „Das Thema Organspende ist mir persönlich und als Gesundheitsminister ein wichtiges Anliegen. Ich bin dankbar, dass wir mit der nun vorliegenden Stellungnahme des Ethikbeirates eine wissenschaftlich fundierte und neutrale Auseinandersetzung der ethischen Grundlagen und der Möglichkeiten für Verbesserungen im Bereich der Organspende an die Hand bekommen haben“, sagt Minister Hoch. Ausgangspunkt für die Stellungnahme ist die Tatsache, dass es in Deutschland zu wenige Organspender gibt.

"Aus ethischer Sicht gibt es noch immer dringenden Handlungsbedarf bei der Steigerung der Zahl der Organspenden. Das Thema sollte viel stärker vor dem Gedanken der Solidarität mit schwer erkrankten Menschen als positive Haltung in unser Bewusstsein rücken. Zudem müssen und können auch bestehende Strukturen und Abläufe bei der Organentnahme bis hin zum Umgang mit Organspendern und ihren Angehörigen optimiert werden. Erst dann ist schließlich auch zu diskutieren, ob nicht ein besserer rechtlicher Rahmen in unserem Land für die Organspende förderlich wäre“, so der Vorsitzende des Ethikbeirats, Univ.-Prof. Dr. Norbert W. Paul.

Die Mitglieder des Ethikbeirats sehen die Notwendigkeit, Organspenden in Deutschland verstärkt als Beitrag zu unserem Solidarsystem zu verstehen und somit zu fördern. In Deutschland warten über 8800 Patientinnen und Patienten auf ein Organ. Dem gegenüber stehen 869 Organspender im Jahr 2022. Obwohl die Zahl der Organspenden in Deutschland in diesem Jahr wieder leicht angestiegen ist, bewegt sie sich laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Damit ist Deutschland im Eurotransplant-Verbund zum „Netto-Organverbraucher“ geworden und leistet in diesem solidarisch organisierten Verbund einen zu geringen Beitrag zu Erreichung des Ziels, Organe in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen.

Vor diesem Hintergrund sieht der Ethikbeirat in seiner Stellungnahme vorrangig dafür Bedarf, die bestehenden Strukturen und Abläufe bei der Organentnahme, beim Umgang mit Organspendern und deren Angehörigen sowie die Prävention von Organschäden zu verbessern. Ziel dabei ist es, die Zahl der Organspenden zu erhöhen.

Außerdem nimmt der Ethikbeirat in der Stellungnahme auch die erweiterte Widerspruchslösung in den Blick. Diese ist im Eurotransplant-Raum die Regel. In Deutschland gilt die 2012 eingeführte Entscheidungslösung, nach der ohne Zustimmung der betreffenden Person zu Lebzeiten eine Organentnahme nicht zulässig ist. Bei der erweiterten Widerspruchslösung wären Organentnahmen grundsätzlich immer möglich, es sei denn Patientinnen und Patienten oder deren Angehörige widersprechen ausdrücklich der Spende. Der Ethikbeirat kommt dabei zur Feststellung, dass die Widerspruchslösung auch eine legitime Lösung für die Neuordnung der Organspende in Deutschland darstellt, zunächst aber andere Maßnahmen in Betracht gezogen werden sollten, wie etwa ein optimierter Umgang mit Organspendern und ihren Angehörigen.

Minister Hoch betont: „Die Organspende ist in Deutschland auf Bundesebene geregelt. Wir können uns trotzdem als Land dafür stark machen, das Transplantationsgesetz zu ändern. So wird heute ein Entschließungsantrag der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in den Bundesrat eingebracht, mit der die Bundesregierung aufgefordert werden soll, die Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme in das Transplantationsgesetz aufzunehmen. Wir werden diese Entschließung nun in den Fachausschüssen des Bundesrates beraten. Ich unterstütze dieses Anliegen ausdrücklich.“

Die Stellungnahme des Ethikbeirats steht als PDF hier zum Download bereit

Hintergrund zum Ethikbeirat

Der Ethikbeirat wurde im Dezember 2020 eingerichtet mit dem Ziel, die Landesregierung bei der Umsetzung der Empfehlungen der STIKO zu beraten. Prof. Dr. Norbert Paul, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universitätsmedizin Mainz, ist der Vorsitzende. 2022 wurde beschlossen, das thematische Spektrum des Ethikbeirats auf allgemeine Fragen der Gesundheitspolitik zu erweitern.

Pressekontakt Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz:

David B. Freichel,
Pressesprecher, Telefon 06131 16-4597

Susanne Gellweiler,
Pressesprecherin, Telefon 06131 16-2839

Pressestelle Telefon 06131 16-2994, E-Mail presse@mwg.rlp.de