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Mainzer Wissenschaftler:innen entdecken bisher unbekannte Ursache für die Entstehung der Lungenfibrose

Neue Erkenntnisse bieten Ansatz für innovative Medikamente

Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben einen bisher unbekannten Mechanismus entdeckt, der die Entstehung von Lungenfibrose begünstigt. Dabei ist sogenannte Histonproteine maßgeblich beteiligt. Die Abbildung zeigt eine Mikroskopieaufnahme von Lungengewebe, welches von Fibrose (türkis) betroffen ist. ©UM/ AG Bosmann

Forschende des Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz und der Boston University haben einen Mechanismus entdeckt, der die Vernarbung der Lunge und damit die Entstehung einer sogenannten Lungenfibrose fördert. Sie haben gezeigt, dass eine Freisetzung von Proteinen der Histonfamilie einen Signalweg beeinträchtigt, der verhindern soll, dass das Lungengewebe sich unkontrolliert vermehrt und vernarbt. Ausgehend von dieser neuen Erkenntnis hat das Forschungsteam einen auf Antikörpern basiertes Wirkprinzip getestet, welches Histone blockieren kann. Die in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichte vorklinische Studie zeigt eine vielversprechende Wirkung des neuartigen Therapieansatzes beim experimentellen Modell einer Lungenfibrose.

Die Lungenfibrose ist eine bisher nicht heilbare und oft tödlich verlaufende Erkrankung. Bei den Betroffenen kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung von Narbengewebe in der Lunge, die durch chronische Entzündungen ausgelöst wird. Die Lunge ist dadurch weniger elastisch und kann sich beim Atmen nicht hinreichend ausdehnen. Die Patient:innen haben schon bei geringen Anstrengungen Atemnot – im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium sogar im Ruhezustand. Die genauen Ursachen für die Entstehung der Erkrankung sind bisher noch unzureichend aufgeklärt.

„Unser Ziel ist es, die molekularen Zusammenhänge der Lungenfibrose genauer zu verstehen, um die Therapiemöglichkeiten verbessern zu können. Wir haben einen bisher unbekannten Mechanismus identifiziert, der darauf hinweist, dass Proteine der Histonfamilie beim Krankheitsprozess eine entscheidende Rolle spielen, wenn sie von Immunzellen freigesetzt werden. Histone bilden deshalb eine potentielle Zielstruktur, um neue Medikamente zur Behandlung der Lungenfibrose entwickeln zu können“, erläutert Prof. Dr. Markus Bosmann, Arbeitsgruppenleiter am Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz.

Histone sind Proteine im Zellkern, die dazu dienen, die DNA zu verpacken. Werden Histone zum Beispiel durch eine fehlgeleitete Abwehrreaktion oder einen Zelltod freigesetzt, können sie in immunologische Prozesse eingreifen. Bei ihren vorklinischen Untersuchungen stellten die Mainzer Forschenden fest, dass in Proben von Betroffenen mit Lungenfibrose eine deutlich höhere Konzentration an Histonen vorlag als bei gesunden Probanden. Sie konnten zeigen, dass die freigesetzten Histone ein Wechselspiel zwischen Botenstoffen aus den Blutplättchen und den Immunzellen auslöste. Die Folge: Ein Sicherheitsmechanismus, der die unkontrollierte Gewebsbildung und Vernarbung in der Lunge verhindern soll, schaltet sich aus.

Die derzeit verfügbaren Medikamente zur Therapie der Lungenfibrose hemmen zwar die Vernarbung, können diesen Prozess aber nicht vollständig aufhalten. Die Mainzer Wissenschaftler:innen haben auf Basis von Antikörpern einen innovativen Wirkstoff getestet, der die freigesetzten Histone blockieren kann. Im experimentellen Modell zeigte dieser eine hohe Wirksamkeit gegen die Fibrosierung der Lunge.

„Es ist denkbar, dass ein Antikörper-basierter Wirkstoff mit den aktuell eingesetzten Medikamenten kombiniert werden kann, um bessere Behandlungsergebnisse zu erzielen. Bevor dieses innovative Wirkprinzip jedoch klinisch eingesetzt werden kann, müssen noch weitere Optimierungen und vorklinische Tests erfolgen. Auch wenn es noch viele Jahre dauern wird, sind wir zuversichtlich auf dem richtigen Weg zu sein“, so Professor Bosmann.

 

Originalpublikation:
D.R. Riehl, A. Sharma, J. Roewe, M. Bosmann et al. Externalized histones fuel pulmonary fibrosis via a platelet-macrophage circuit of TGF?1 and IL-27. PNAS, 2023, 120 (40) e2215421120.
DOI: doi.org/10.1073/pnas.2215421120

 

Bildunterschrift: Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben einen bisher unbekannten Mechanismus entdeckt, der die Entstehung von Lungenfibrose begünstigt. Dabei ist sogenannte Histonproteine maßgeblich beteiligt. Die Abbildung zeigt eine Mikroskopieaufnahme von Lungengewebe, welches von Fibrose (türkis) betroffen ist.

Bildquelle: © Universitätsmedizin Mainz / AG Bosmann

 

Kontakt:
Prof. Dr. med. Markus Bosmann, CTH und Forschungszentrum Immuntherapie (FZI), Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-8277, E-Mail  markus.bosmann@unimedizin-mainz.de

Pressekontakt:
Dr. Natkritta Hüppe, Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-7771, E-Mail  pr@unimedizin-mainz.de