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Klassische Gesundheits-Risikofaktoren 

Die International Diabetes Federation zählte im Jahr 2021 weltweit rund 537 Millionen Fälle von Diabetes. Schätzungen zufolge soll diese Zahl bis zum Jahr 2045 auf 783 Millionen steigen. Die ökonomischen Kosten und menschlichen Opfer sind immens. Etwa jeder zehnte Deutsche hat Diabetes - das sind aktuell etwa 8,5 Millionen Betroffene; nicht eingerechnet sind etwa 2 Millionen Menschen, die noch gar nichts von ihrer Erkrankung wissen. Diabetes ist die verbreitetste Ursache für Erblindung im Erwachsenenalter, für nicht-traumatische Amputationen und für renale Erkrankungen im Endstadium, sowie die sechst-häufigste Todesursache. In Deutschland erleidet alle 19 Minuten ein Diabetes-Patient einen Herzanfall. Dennoch ist über die Mechanismen der Pathogenese, die Konsequenzen für das kardio-vaskuläre System sowie eine effektive Behandlung der Krankheit bislang wenig bekannt. Demnach stellt die Diabetesforschung unter anderem einen Schwerpunkt unserer Forschungsaktivitäten dar.

Eine Vielzahl kardiovaskulärer Erkrankungen ist mit einer erhöhten Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (z.B. Superoxidradikal) assoziiert, die sowohl kausal als auch indirekt/sekundär an der Pathogenese der Erkrankung beteiligt sind. So konnte für die Hypertonie, Hyperlipidämie bzw. Arteriosklerose und den Diabetes mellitus erhöhter vaskulärer oxidativer Stress in Verbindung mit einer Verschlechterung der Endothelfunktion nachgewiesen werden. Der prädiktive Wert der minimalinvasiven fluss-abhängigen Dilatation im Unterarm rückt neben dem Acetylcholintest (Infusion von Acetylcholin in die Koronargefäße) immer mehr in den Mittelpunkt der prognostischen Parameter. Wie kommt es zur endothelialen Dysfunktion, welche Rolle spielt der oxidative Stress dabei und wo liegen die möglichen Ansatzpunkte für eine Therapie mit AT1-Rezeptor-Blockern, Statinen, β-Blockern, organischen Nitraten und anderen Klassen kardiovaskulär-aktiver Substanzen? Leicht zugängliche Übersichten zu diesen Themen bieten unsere publizierten deutschsprachigen Arbeiten (Daiber et al., Deutsche Med. Wochenschr. 2005, Münzel et al., Perfusion 2006, Daiber und Münzel, Krankenhauspharmazie 2007) sowie unser Buch (Daiber und Münzel, Oxidativer Stress, Redox-Regulation und NO-Bioverfügbarkeit - klinische und experimentelle Befunde, Steinkopff 2006).

Detektion der vaskulären Superoxidproduktion
Detektion der vaskulären Superoxidproduktion anhand der Dihydroethidin-abhängigen Fluoreszenz in Gefäßschnitten von Kontrollen und Tieren mit kardiovaskulären Erkrankungen/Komplikationen.


Weitere Projekte zur Beeinflussung der Gefäßfunktion durch metabolische, entzündliche und oxidativen Stress vermittelte Regulationsmechanismen

Anhand einer gerade publizierten Studie konnten wir zeigen, dass GLP-1 Substanzen, die für die Therapie der Zuckerkrankheit entwickelt wurden, auch für die Therapie der arteriellen Hypertonie von Interesse sein könnten (Dr. Steven, DFG Projekt, Helmstädter&Steven, Arterioscl. Thromb. Vasc. Biol. 2020). In hypertensiven Mäusen unterdrückt die Therapie mit Liraglutid (GLP-1 Substanz) vaskuläre Entzündungsreaktionen und verbessert so die Gefäßfunktion und oxidative Stress Parameter Die Studie zeigte erstmals, dass die Wirkungen von Liraglutid vor allem über den GLP-1-Rezeptor in den Endothelzellen der Gefäße vermittelt werden und der GLP-1-Rezeptor in Immunzellen keine wesentliche Rolle spielt und identifiziert die GLP-1-basierten Medikamente auch als mögliche Behandlung für die Entstehung des Bluthochdrucks. Gerade begonnen hat ein Forschungsprojekt zu den kardiovaskulären Schäden in einem Mausmodell der Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit) im Rahmen eines von der DFG geförderten Projekts (Dr. Steven & Prof. Schuppan). Daneben wird die Rolle des CD40L bzw. seines Rezeptors CD40 bei Entzündungsprozessen und der Induktion von oxidativem Stress in verschiedenen Geweben anhand von zellspezifischen Knockout-Mäusen im Modell der arteriellen Hypertonie untersucht (Dr. Daub, Projekt der Fresenius Stiftung). Dr. Daub untersucht daneben die Auswirkungen einer Hochsalz-Ernährung auf die Herzfunktion und Herzmuskelvergrößerung (gemeinsames DFG-Projekt mit der Herzchirurgie, Dr. Dürr, in Vorbereitung).

Daneben wurde gerade gezeigt, dass körperliches Training (exercise) anstatt einer Gefäßprotektion eine Gefäßschädigung induziert, wenn das endotheliale Schutzenzym AMP-abhängige Proteinkinase (AMPK) genetisch ausgeschaltet wird (Jansen&Kröller-Schön, Antioxidants 2021). Auch konnten wir zum Verständnis der lange bekannten Doxorubicin-induzierten Herzinsuffizienz beitragen, indem Unterschiede im Transkriptionsmuster in den Herzen von Doxorubicin-behandelten Mäusen mit guter oder schlechter Herzfunktion gefunden wurden (Stamm&Jansen, Life Sci. 2021). Doxorubicin ist ein Chemotherapeutikum für die Krebsbehandlung, das als Nebenwirkung bei einem beachtlichen Prozentsatz der Patienten eine Herzschwäche auslöst – warum nur bestimmte Patienten diese Herzschwäche entwickeln ist nach wie vor nicht vollständig aufgeklärt. Als neue Therapieoption für den Bluthochdruck haben wir auch die anorganische Nitrit-Gabe in hypertensiven Tieren untersucht und potente blutdrucksenkende, gefäßfunktionsverbessernde und antioxidative sowie antientzündliche Effekte des Nitrits identifizieren können (Stamm&Daiber&Münzel, Nitric Oxide 2021). Nitrit ist in verschiedenen Gemüsen wie rote Beete oder Spinat in hoher Konzentration enthalten und könnte demnach eine nicht-pharmakologische, rein auf einer Ernährungsumstellung basierende Therapieoption für Bluthochdruck darstellen.