Kinderzahnheilkunde

Prophylaxe in der Kinderzahnheilkunde

Die zahnärztliche Prophylaxe umfasst alle Maßnahmen, die zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankungen dienen.
Für die Kinder werden heute Prophylaxemaßnahmen in zwei Formen angeboten:

1. Gruppenprophylaxe:

Gruppenprophylaxeprogramme werden in Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen in Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen, Zahnärzten und den für die Zahngesundheitspflege in den Ländern zuständigen Stellen organisiert und hat das Ziel, die Inhalte der Gesundheitserziehung in sozialen Gruppen zu vermitteln. Diese Programme werden hauptsächlich vor Ort in den entsprechenden Einrichtungen durchgeführt. Unter Umständen wird den Kindern auch die Möglichkeit gegeben, geeignete Zahnarztpraxen zu besuchen.

Gruppenprophylaxe für Kinder

2. Individualprophylaxe:

Individualprophylaxe wird durch die Zahnärzte oder durch speziell geschulte Mitarbeiter durchgeführt.
Da bereits die ersten Lebensjahre des Kindes eine wesentliche Bedeutung für die Mundgesundheit haben, wird heute eine regelmäßige zahnärztliche Betreuung der werdenden Mütter und der Kleinkinder empfohlen. Die Untersuchungen der Frauen werden bereits in den ersten Schwangerschaftsmonaten und kurz vor der Entbindung vorgenommen. Bei diesen Terminen werden die Schwangeren zahnärztlich untersucht, über notwendige Therapiemaßnahmen, Mundhygiene und eine gesundheitsfördernde Ernährung aufgeklärt. Zusätzlich können die ersten zahnärztlich-prophylaktischen Maßnahmen, wie z.B. die professionelle Zahnreinigung und/oder die Keimzahlreduzierung ergriffen werden, die letztlich auch zum Schutz des Kindes dienen. Der erste Zahnarztbesuch des Kindes wird im ersten Lebensjahr empfohlen, damit die Eltern über die Ernährung, Fluoridprophylaxe und Mundhygiene der Kleinkinder aufgeklärt werden können. In dieser Sitzung wird die Mutter nochmals zahnärztlich untersucht und eventuell notwendige Therapiemaßnahmen werden eingeleitet. Diese drei Untersuchungs- und Beratungstermine (zwei Mal in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes) werden zwar als Prophylaxeschritte von Fachkreisen empfohlen, allerdings werden die Kosten für die Prophylaxe von den gesetzlichen Krankenkassen nicht getragen.

Mädchen in der Individualprophylaxe, gesundes Kindergebiss
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Ab dem 30. Lebensmonat des Kindes sieht der Gesetzgeber drei Früherkennungsuntersuchungen (FU1-3) für die Kleinkinder vor, die jetzt auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Bei diesen Untersuchungen zwischen dem 3. bis 6. Lebensjahr werden bei den Kleinkindern folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Zahnärztliche Untersuchung
  • Einschätzung des Kariesrisikos (Anzahl der vom Karies befallenen Zähne / Keimzahl)
  • Ernährungs- und Mundhygieneberatung
  • Anleitung zur frühkindlichen Mundhygiene (Links)
  • Empfehlungen zur Fluoridierung (Links)

FU1: bei komplettem Milchgebiss zwischen dem 30. und dem 42. Lebensmonat
FU2: zwischen dem 49.und dem 72. Lebensmonat
FU3: im 6. Lebensjahr, jedoch nur bei Kindern mit erhöhtem Kariesrisiko (Kinder mit mehr als vier kariösen Zähnen)

Kindergebiss mit mehr als vier kariösen Zähnen

Die Individuellprophylaxe (IP) ab dem 6. Geburtstag des Kindes wird in 5 Schritten, die zum Teil wiederholt oder kombiniert werden können, durchgeführt.

IP1: Bestimmung des Mundhygienestatus mit Hilfe verschiedenen Tests (Plaque- und Blutungsindices)
IP2: Aufklärung über die Krankheitsursachen und deren Vermeidung

  • Ursachen von Karies und Zahnfleischerkrankungen
  • Ernährungsberatung
  • Individuelle Mundhygieneinstruktion
  • Beratung über häusliche Anwendung der Fluoride

IP3: Remotivation: Erneute Bestimmung des Mundhygienezustandes und Wiederholung der Mundhygieneinstruktionen
IP4: Lokale Fluoridierung: Politur der Zähne und das Auftragen eines lokal anwendbaren Fluoridierungsmittels
IP5: Fissurenversiegelung der bleibenden Molaren (Backenzähne)

Kindergebiss mit versiegelten Fissuren im Oberkiefer

Fissurenversiegelung

Die Grübchen auf den Kauflächen der Backenzähne bieten den Bakterien sowie Nahrungsmittelresten einen guten Halt und sind deswegen sehr kariesanfällig. Bei einer Fissurenversiegelung werden diese gefährdeten Bereiche mit einem Material auf Kunststoffbasis versiegelt. Erfolgsversprechend ist diese präventive Maßnahme jedoch nur bei einer guten Mundhygiene. Eine solche Versiegelung wird an den Frontzähnen nicht durchgeführt, da diese Zähne keine Kauflächen mit Grübchen, sondern nur Kaukanten haben.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten nur für die ersten und zweiten großen Backenzähne (Molaren) für den Zeitraum von der Vollendung des 6. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Die kleine Backenzähne des bleibenden Gebisses und Backenzähne des Milchgebisses können ebenfalls versiegelt werden; dies sind aber Privatleistungen, die von den Eltern getragen werden müssen.

Backenzahn vor und nach Fissurenversiegelung
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Zahnfüllungen bei Kindern und Jugendlichen

Kleine Amalgamfüllungen, bunte Kompomerfüllung für Kinderzähne
Abb. 1
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Abb. 2

Zur Behandlung von kariösen Zahnschäden bei Kindern und Jugendlichen stehen uns heute verschiedene Füllungsmaterialien zur Auswahl. Das am längsten verwendete Material ist dabei das Amalgam. Dieses beinhaltet verschiedene Metalle, wie z. B. Silber, Zinn, Zink, Kupfer und steht heute wegen seiner Quecksilberanteile zur Diskussion. Trotzdem können mit Amalgamfüllungen immer noch gute Sanierungsergebnisse im Seitenzahnbereich erzielt werden (Abb. 1)

Als Alternative zu den metallfarbenen Amalgamen stehen uns heute zahnfarbene Füllungsmaterialien auf Kunststoffbasis (Kompomere, Komposite) zur Verfügung. Kompomere stellen eine Werkstoffkombination aus Komposit (Kunststoffanteil) und Zement (Glasionomer) dar (Abb. 2: Kompomerfüllung) und kommen zur Behandlung kleinerer Defekte sowohl im Front- als auch im Seitenzahnbereich zur Anwendung. Ihre Aushärtung erfolgt dabei über Lichtzufuhr. Speziell für Kinder sind auch bunte Kompomere mit Glitzereffekt entwickelt worden, die im Seitenzahnbereich einsetzbar sind (Abb. 2).

Die Füllungskomposite (Kunststoffe) bestehen aus einem Kunststoff in den unterschiedliche Füllstoffe eingebracht werden. Komposite werden in plastischer Form in die Kavität eingebracht und unter Zufuhr von Licht ausgehärtet. Im Gegensatz zur Amalgamfüllung können diese gleich belastet werden. Die zahnfarbenen Füllungskomposite werden in erster Linie im Frontzahnbereich verwendet (Abb. 3), können jedoch aufgrund der verbesserten Materialeigenschaften auch im Seitenzahnbereich eingesetzt werden (Abb. 4).

Zustand nach Versorgung mit Komposit, Fertige Kompositfüllung im Seitenzahnbereich
Abb. 3: Zustand nach Versorgung mit Komposit
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Abb. 4: Fertige Kompositfüllung im Seitenzahnbereich

Ist ein Milchzahn durch eine Karies soweit zerstört, dass keine Restauration mit plastischen Füllungsmaterialien mehr möglich ist, kann er durch den Einsatz von Milchzahnkronen ("Prinzeßchenkronen") oftmals noch therapiert und erhalten werden (Abb. 5). Dadurch ist es möglich, die Kau- und Platzhalterfunktion der Milchzähne aufrechtzuerhalten und das Kind ist in der Lage, ohne Probleme mit dieser Milchzahnkrone zu essen. Eine solche Milchzahnkrone kann in nur einer Sitzung angefertigt und eingesetzt werden. Diese bleibt bis zum natürlichen Zahnwechsel im Mund.

Milchzahn nach Versorgung mit einer Milchzahnkrone
Abb. 5: Zustand nach Versorgung mit einer Milchzahnkrone

Zahnfüllungen bei Kindern und Jugendlichen - Behandlung in Vollnarkose

Die Behandlung in Vollnarkose findet unter Ausschaltung des Bewusstseins, der Reflexe und der Schmerzempfindung statt.

Bei dieser Form der Behandlungsdurchführung ist die Anwesenheit eines speziell ausgebildeten Arztes ("Arzt für Anästhesiologie") notwendig.

Umstände die eine Behandlung unter Vollnarkose erfordern:

Ein Patient benötigt eine rasche umfassende Zahnsanierung, die ohne Narkose nicht durchgeführt werden kann.

Die notwendige Behandlung kann aufgrund einer Unverträglichkeit gegenüber Lokalanästhetika nicht anders durchgeführt werden.

Die Mitarbeit des Patienten ist durch geistige und körperliche Besonderheiten (Behinderungen) so eingeschränkt, dass eine Behandlung nur in Narkose erfolgen kann.

Der Patient hat gravierende Allgemeinerkrankungen und aus diesem Grund sollte die Behandlung in einer Sitzung durchgeführt werden.

Kleinkinder mit zügigem und umfassenden Behandlungsbedarf.

Vorbereitung einer Narkosebehandlung:

Bevor bei Kindern eine Behandlung in Vollnarkose durchgeführt werden kann, müssen drei Termine wahrgenommen werden, bei denen Behandlungsversuche durchgeführt werden. Erst wenn diese Behandlungsversuche fehlgeschlagen sind, kann eine Vollnarkose erfolgen.

Bei jedem Patienten wird zuerst eine gründliche Befragung über bestehende Erkrankungen durchgeführt. Im Anschluss folgt eine Untersuchung der Zähne und umgebenden Weichgewebe.

Nach Erhebung der Mundbefunde wird mit den Patienten bzw. Erziehungsberechtigten die Therapieplanung und Aufklärung durchgeführt.

Besonders in der Kinderbehandlung ist es sehr wichtig, dass eine Umstellung der zahnschädigenden Gewohnheiten (Ernährung, Mundhygiene, Fluoridierungsmaßnahmen) erfolgt.

Akute Beschwerden werden, soweit durchführbar, sofort behoben.

Um eine umfangreiche Sanierung zu planen, wird ein Röntgenbild benötigt.

Wenn die zahnärztliche Untersuchung und Planung durchgeführt wurde, findet ein Gespräch mit dem Anästhesisten statt, in dem besonders über die Risiken aufgeklärt wird.

Behandlungsmaßnahmen in Vollnarkose:

Grundsätzlich können nur Therapieformen durchgeführt werden, die keiner folgenden Narkosesitzung bedürfen.

Nicht möglich sind:

  • aufwendige prothetische Versorgungen z. B. Kronen, Brücken oder Einlagefüllungen
  • Wurzelkanalbehandlungen


Durchgeführt werden:

  • bei Kindern: Stahlkronen, Füllungstherapie, Fissurenversiegelungen und Entfernung von Zähnen


Nachsorge einer Narkosebehandlung:


Der Patient wird 4-6 Stunden nach der Vollnarkosebehandlung überwacht.

Eine Nachkontrolle ist nach 10 Tagen notwendig.

Die Durchführung von intensiven Prophylaxemaßnahmen, d. h. regelmäßige Kontrollen und Fluoridapplikationen müssen in Anspruch genommen werden.