Häufigkeiten von Zahnfrakturen und erste Massnahmen; Behandlungskonzepte
Trauma der vitalen Zähne
Zahntraumata nicht-wurzelkanalbehandelter Zähne kommen bei Kindern bzw. Jugendlichen mit einer Häufigkeit von 1,6-2,5% vor. Maximum zwischen dem 8.-12. Lebensjahr. Meistens die mittleren Oberkiefer-Frontzähne.
Frakturen werden allgemein unterteilt:
Grundsätzlich gilt für den Zahnarzt:
Außer Frage steht die Tatsache, dass der unbedingten Zahnerhaltung Grenzen gesetzt sind. So wird daher z.B. jüngeren Patienten die Weiterentwicklung des gesamten Zahnsystems in das therapeutische Vorgehen einkalkuliert. Ferner, ob ein Zahnverlust mit Hilfe von festsitzenden oder abnehmbaren Zahnersatz versorgt werden kann. Insgesamt gehören Frakturen mit ihren Folgen und ihren Ursachen zu einem weitgefächerten und komplexen Thema. Und es werden neben dem Alter des Patienten, dem Mundhygienezustand, dem Entwicklungsgrad des Zahnsystems, auch funktionelle, ästhetische und phonetische Gesichtspunkte in das therapeutische Vorgehen einbezogen.
Extraalveoläre Frakturen der bleibenden Zähne:
Nur Schmelz betroffen= Schmelzsprung (längs, schräg oder quer). Zahn ist vital, keine Lockerung des betroffenen Zahnes. Meist durch chronische Überbelastung. Keine spezielle Therapie notwendig.
Schräge schmelzbegrenzte Frakturen können zu einem Verlust einer Schneideecke führen. Therapie: Glättung scharfer Kanten und Fluoridierung (Lack oder Lösungen) evtl. zahnfarbene plastische Füllung.
Falls das Dentin betroffen ist: Abklären wie die Nähe zur Pulpa ist.
Therapie:
Liegt die Pulpa frei: Abklären wie weit des freiliegende Pulpenareal ist. Therapie bei kleinerer akzidenteller Pulpeneröffnung:
Bei größerer Pulpeneröffnung: Wurzelkanalbehandlung (WKB)
Intraalveoläre Zahnverletzungen:
Unterteilung (in Anlehnung an die WHO):
1. Intraalveoläre Frakturen (Wurzelfrakturen)
2. Traumatische Zahnschädigungen ohne Zahnfraktur
Grober Verletzungsmodus:
Einteilung der intraalveolären Zahnverletzungen:
Bei Jugendlichen zwischen 7-15 Jahren Angaben von 2,2% Frakturen in der Literatur. Meist Frakturen, wenn Wurzelwachstum abgeschlossen ist (längerer Hebelarm bei Krafteinwirkung). Häufig kommen Frakturen der Wurzel im mittleren Drittel (52%) und im unteren Drittel (39%) vor. Grundsätzlich: Eigenheilung abhängig von der Breite des Bruchspalts und von der Infektionsgefährdung der Zahnmarks über den Parodontalspalt. Hartgewebige Heilungen von Wurzelbrüchen sind möglich, abhängig vom Zustand der vitalen Pulpa, doch nicht mit der Knochenheilung vergleichbar. Meist bindegewebige Konsolidierung des Bruchspaltes.
Diagnostik:
Therapie:
Diese ist abhängig von der Lokalisation des Frakturspalts und vom Zustand der Pulpa. Bei Längsfrakturen ist die Folge immer die Extraktion.
Therapie von Frakturen an vitalen Zähnen:
Problem: es kann im Laufe der Zeit zu Resorptionen mit anschließendem knöchernem Ersatz vom Bruchspalt aus kommen. Falls dies eintritt und/oder eine Devitalität vorliegt, ist die WKB indiziert. In manchen Fällen erfolgt die Extraktion.
Therapie von Frakturen avitaler Zähne:
An der Poliklinik für Zahnerhaltung wurden an avitalen Zähnen in den letzten 9 Jahren in ca. 3% der untersuchten Fälle Frakturen nachgewiesen.
War der Zahn vor der Fraktur devital oder wurde der Zahn nach dem Trauma devital, so hängt die Behandlung von der Lokalisation der Fraktur ab.
Fraktur im oberen Drittel:
Fraktur im mittleren Drittel:
Fraktur im unteren Drittel:
Kommt es zu nicht eindämmbaren Entzündungen oder konnten alte Wurzelstifte nach dem Trauma nicht entfernt werden, so muss der betroffene Zahn gezogen werden.
Bei Milchzähnen kommen solche Frakturen sehr selten vor, in Anbetracht des Zahnkeimes der bleibenden Dentition, empfiehlt es sich, Milchzähne zu extrahieren, da sonst die bleibenden Zähne durch Entzündungsprozesse geschädigt werden können.
Wurzelinfrakturen und Querbrüche im oberen Bereich:
Meist bei Stiftkronen. Entweder beim Einsetzen des Stiftes oder durch den Stift Teilfrakturen am apikalen (unteren) Ende des Zahnes. Meist Fraktur durch Schwächung des Zahnes nach Stiftpräparation, wobei nur ein Teil betroffen ist und nicht der gesamte Wurzelquerschnitt. In der Regel erfolgt die Extraktion.
Gingivanahe Querbrüche führen meist zu Infektionen über die Zahnfleischtasche. Falls Zahn prothetisch restaurierbar, erfolgt die WKB mit Stiftversorgung. Falls die Fraktur sehr knochennah, auch hier die Extraktion oder weiterreichende chirurgische Maßnahmen (operative Freilegung des oberen Anteils der Wurzel).
Definitive Versorgung nach Endodontie
Trotz hoher endodontischer Erfolgsraten von 93% an der Poliklinik der Zahnerhaltung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz kann ein wurzelkanalbehandelter Zahn erst dann als vollständig behandelt betrachtet werden, wenn eine definitive Restauration zur Erlangung der vollen Funktionsfähigkeit durchgeführt worden ist. Die Behandlung von devitalen und wurzelkanalbehandelten Zähnen hat sich in den letzten 5 Jahrzehnten stark gewandelt und es liegen gegenwärtig sehr variationsreiche und unterschiedliche Therapieempfehlungen und -methoden zur definitiven Restauration endodontisch behandelter Zähne vor. Allgemein haben in Deutschland aufgrund veränderter Bevölkerungsstrukturen, gestiegener Prophylaxebemühungen und Patientenerwartungen, insbesondere hinsichtlich Mundhygienebewusstsein und Ästhetik, sowie weiterentwickelter Behandlungsmöglichkeiten die Nachfrage und der Bedarf an Wurzelkanalbehandlungen stetig zugenommen. Ebenfalls an Bedeutung gewonnen hat der Bedarf der definitiven Restauration wurzelkanalbehandelter Zähne. Dies erfordert von Seiten des behandelnden Zahnarztes fachgerechte und zeitlich angemessene Wurzelkanalbehandlungen, Nutzung moderner Restaurationsmaterialien, sowie eine gute Compliance und Mundgesundheitseinstellung des Patienten.
Stiftverankerungen erfolgen bei großen Defekten, um eine Retention einer prothetischen Restauration zu ermöglichen und es empfiehlt sich, zeitnah und minimal substanzopfernd, definitiv unter Verwendung adhäsiver Füllungsmaterialien zu arbeiten.
Durch die steten Erweiterungen der Indikationsbereiche der Adhäsivtechnik stehen uns gegenwärtig neben adhäsiven Stiftsystemen und Aufbauwerkstoffen eine Vielzahl von Restaurationsmaterialien zur maximalen zahnhartsubstanzschonenden Füllungstherapie zur Verfügung.
Allgemein wird darauf Wert gelegt wurzelkanalbehandelte Zähne zeitnah, maximal substanzschonend und unter Verwendung moderner adhäsiver, zahnfarbener Materialien definitiv zu versorgen.
Zu den Versorgungsmöglichkeiten gehören: