„Bei unserer Arbeit geht es nicht nur um die Untersuchung von Verstorbenen – rund die Hälfte der Untersuchungen betrifft Lebende, in der Regel Opfer von Gewalt.“

Die Rechtsmedizinerin Dr. Cleo Walz berichtet über ihre Arbeit im Institut für Rechtsmedizin und das neue rheinland-pfälzische Projekt „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“, das eine vertrauliche medizinische Versorgung sowie ein von der UM entwickeltes, standardisiertes Verfahren bietet, mit dem auf Wunsch frühzeitig Spuren einer sexualisierten oder häuslichen Gewalthandlung gerichtsfest gesichert werden können.

„Viele denken, dass häusliche Gewalt nur in besonders schwierigen Familiensituationen vorkommt, wo am besten noch Drogen im Spiel sind“, erzählt Dr. Cleo Walz, Rechtsmedizinerin und Leiterin des neuen rheinland-pfälzischen Projekts „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“. „Doch Gewalt zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten.“ Cleo Walz hat ihr Studium und ihre Facharztausbildung an der Universitätsmedizin Mainz absolviert und arbeitet seit 2015 im Institut für Rechtsmedizin der UM. „Bei unserer Arbeit geht es nicht nur um die Untersuchung von Verstorbenen im Rahmen von Obduktionen. Wir untersuchen nur bei 50 Prozent unserer Arbeit Tote – die anderen Untersuchungen sind Lebende, in der Regel Opfer von Gewalt.“

In dem Projekt „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“, das Ende Januar offiziell gestartet ist und nun gemeinsam mit dem Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz ausgerollt wird, geht es um schnelle Hilfe bei häuslicher und sexualisierter Gewalt – ohne dass direkt eine Strafanzeige gestellt werden muss. „Wir schulen Kliniken in ganz Rheinland-Pfalz, so dass sich Betroffene dort hinwenden können. Mit einem neuen Untersuchungskit können Beweise sichergestellt werden, falls die betroffene Person zu einem späteren Zeitpunkt Anzeige erstatten möchte. Denn in den Kliniken geht es in erster Linie ums Heilen und nicht um gerichtliche Verfahren.“ Wichtig ist, dass sich Betroffene nach dem Vorfall nicht waschen, denn sonst gehen Spuren verloren – eine zeitnahe Untersuchung ist essentiell.

Für ihren Job braucht Cleo Walz zwar kriminalistisches Denken, doch in Krimiserien wird ihr Beruf oft falsch dargestellt: „Anders als in Krimiserien wie dem Tatort gehen wir Rechtsmediziner:innen nicht mit der Polizei ermitteln und wissen nicht beim ersten Blick auf eine Leiche sofort die Todesursache“, lacht Walz. „Fakt ist: Die Polizei ist unser Hauptauftraggeber.“ Auch wenn sie das Berufliche und das Private gut trennen kann, gibt es trotzdem Fälle, die ihr im Gedächtnis bleiben: „Ich habe mal einen kleinen Jungen auf der Intensivstation untersucht, der vom neuen Partner der Mutter misshandelt wurde. Es hat mich sehr schockiert, dass jemand, der erst seit zwei Wochen in der Familie ist, ein Kind direkt so schwer verletzt, dass es stirbt. Ich bin froh, dass wir im Team solche Fälle gemeinsam besprechen können.“
 

Projekt-Website Vertrauliche Hilfe nach Gewalt

Pressemitteilung zum Projektstart