Personalisierte Medizin: Revolution oder Illusion?

Nächster Themenabend der Medizinischen Gesellschaft Mainz am 06. April 2016

Jeder Mensch ist einzigartig – und seine Krankheiten häufig auch. Den Krebs gibt es beispielsweise nicht. Jeder Krebs ist anders. Jeder Tumor hat seine individuelle Biologie. Eine personalisierte Therapie, die dem einzelnen Patienten gerecht wird und den jeweiligen Krebs gezielt behandelt, verspricht die besten Erfolgsaussichten für die Behandlung – so der Tenor der Experten. Kritiker bezweifeln jedoch, dass der Patient Nutzer dieser Entwicklung ist. Sie sehen vielmehr die Gefahr, dass er Opfer von Forschungsinteressen und der Pharmaindustrie wird. Ob die Personalisierte Medizin „Revolution oder Illusion?“ ist, thematisiert die Medizinische Gesellschaft Mainz bei ihrem nächsten Themenabend am Mittwoch, 6. April. Der Referent des Abends und Experte für personalisierte Medizin, Prof. Dr. Matthias Schwab, Leiter der Abteilung Klinische Pharmakologie am Universitätsklinikum Tübingen und des Dr. Margarete Fischer-Bosch-Instituts für Klinische Pharmakologie am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, wird die bisherigen Fortschritte, aber auch die Grenzen und Gefahren darlegen. Moderiert von Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, Pharmakologe und Wissenschaftlicher Vorstand der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, findet der Themenabend um 19.15 Uhr im Hörsaal Chirurgie (Gebäude 505H) der Universitätsmedizin Mainz (Langenbeckstraße 1, 55131 Mainz). Interessierte sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei. Die auf den individuellen Patienten zugeschnittene Therapie ist ein Grundprinzip unserer Medizin. In diesem Sinn ist die personalisierte Medizin nicht neu. Neu sind Fortschritte in der Genomanalyse, mit denen die Entstehungsmechanismen von Erkrankungen nachgewiesen und die Grundlagen für eine gezielte pharmakologische Therapie geschaffen wurden. Bei der personalisierten Medizin im engeren Sinn orientiert sich die Behandlung an individuellen genetischen, molekularen oder zellulären Merkmalen, den sog. Biomarkern. Die Patienten werden nach diesen Merkmalen in Subgruppen stratifiziert. Ziel dessen ist es, die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Therapie besser vorhersagen zu können, und so unwirksame Behandlungen und unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden. Mit großen Forschungsprogrammen wird die Entwicklung der personalisierten Medizin – auch Präzisionsmedizin genannt – weltweit vorangetrieben. Ein Paradebeispiel der personalisierten Medizin ist die Pharmakogenomik. Sie propagiert das Konzept einer individualisierten Medizin, das den Anspruch hat, jedem Patienten eine zielgerichtete und maßgeschneiderte Therapie zukommen zu lassen. Schon heute sind zahlreiche arzneimitteltherapeutisch relevante Beispiele bekannt, für die – basierend auf der individuellen genetischen Ausstattung – eine individuelle Dosisanpassung bei der Verschreibung von Arzneimitteln vorgeschlagen werden. Dabei ist jedoch auf die Tatsache hinzuweisen, dass für viele pharmakogenomische Targets keine Daten aus prospektiven Studien vorliegen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat eine Liste von über 150 zugelassenen Arzneimitteln veröffentlicht, für die pharmakogenomische Informationen und Empfehlungen vorliegen (www.fda.gov/Drugs/ ScienceResearch/ResearchAreas/Pharmacogenetics/ucm083378.htm). Die Implementierung pharmakogenomischen Wissens in die klinische Praxis sowie in die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Ärzten und Apothekern ist eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft. Die Akzeptanz pharmakogenomischer Diagnostik wird zukünftig weiter steigen – schon heute sind Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen sehr gut über aktuelle pharmakogenomische Erkenntnisse informiert. Deswegen ist es wichtig, unabhängige Netzwerkstrukturen zu schaffen, die die Kompetenzen der verschiedensten Berufsgruppen sowie von Grundlagenforschern und klinisch tätigen Ärzte bündeln. Aufgabe dieser Netzwerke ist es dann, unter Berücksichtigung von sozialen, ethischen sowie rechtlichen Aspekten konkrete Lösungsvorschläge und Umsetzungsstrategien für offene Fragen der Pharmakogenomik zu erarbeiten. Der nächste Themenabend bietet also durchaus Diskussionsstoff. Die Medizinische Gesellschaft lädt herzlich ein, sich an diesem Gedankenaustausch zu beteiligen. Als Vertreter der Presse sind Sie herzlich zu diesem Abend eingeladen! Wir bitten um redaktionellen Terminhinweis und -ankündigung im Veranstaltungskalender! Kontakt
Univ.-Prof. Dr. med. Theodor Junginger,
Vorsitzender der Medizinischen Gesellschaft Mainz e.V.
Telefon: 06131 17-4168, Fax: 06131 17-5516,
E-Mail: junginger@uni-mainz.de Die Medizinische Gesellschaft Mainz e.V.
Die Medizinische Gesellschaft Mainz e.V. ist ein Verein zur Förderung und Verbreitung medizinwissenschaftlicher Erkenntnisse. Nicht nur Ärzte, sondern auch interessierte Bürgerinnen und Bürger sollen über aktuelle medizinische Themen durch Vorträge informiert werden. Mehr Infos zu den Veranstaltungen und das Programm der Gesellschaft finden Sie im Internet unter: http://www.mg-mainz.de/aktuelles.html