Telemedizin: Medizinische Versorgung trotz räumlicher Distanz
Die Telemedizin ermöglicht es, mit Hilfe digitaler Kommunikationstechnologien Diagnosen zu stellen, Therapien zu überwachen und Kontakte zu Patient:innen aufrechtzuerhalten, ohne dass ein persönlicher Besuch in der Klinik oder Praxis erforderlich ist. Die telemedizinische Versorgung kann beispielsweise bei einem Schlaganfall helfen, wertvolle Zeit bis zur Diagnose zu sparen. Das Telemedizinische Schlaganfallnetzwerk Rheinland-Pfalz (TEMES RLP) und das Forschungsprojekt INSPIRE-PNRM+ (INterdiSziPlinäre und InteRsektorale telemedizinische Evaluation, Koordination und Behandlung im ParkinsonNetz RheinMain+) sind zwei Beispiele für den Einsatz von Telemedizin an der Universitätsmedizin Mainz.
„Wir können mit dem Netzwerk flächendeckend die schnelle Versorgung von Schlaganfallpatient:innen gewährleisten“, erzählt Univ.-Prof. Dr. Timo Uphaus. Er ist Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Neurologie der UM – und Projektkoordinator des Telemedizinischen Schlaganfallnetzwerks Rheinland-Pfalz (TEMES RLP). „Das Netzwerk besteht aus den sechs überregionalen Stroke Units in Rheinland-Pfalz. Sie stehen den kleineren Krankenhäusern rund um die Uhr in Form von Telemedizin zur Verfügung, wenn ein Verdacht auf Schlaganfall besteht.“
Denn wenn ein solcher eintritt, ist schnelles Handeln erforderlich: „Blutverdünner kann man nur 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall verabreichen. Deswegen sollte man bei Symptomen direkt den Rettungsdienst rufen!“, so Uphaus. „Und nicht jedes Krankenhaus hat einen Neurologen, der einen Schlaganfall diagnostizieren kann. In dem Fall können die teilnehmenden Krankenhäuser uns einfach anrufen. Im Jahr versorgen wir so aus der Ferne etwa 3.000 Fälle. Hier bei uns in der Unimedizin Mainz haben wir etwa 1.200 Schlaganfallpatient:innen – aber dafür haben wir alle Möglichkeiten vor Ort.“
Timo Uphaus ist seit 2014 an der UM tätig: „Wir arbeiten hier mit einem multiprofessionellen Team auf Augenhöhe. Nur so können wir Folgeschäden nach einem Schlaganfall reduzieren!“ Im Team arbeiten Neurolog:innen, Pflegeexpert:innen sowie Logopäd:innen, Ergo- und Physiotherapeut:innen. „Mir macht die Interaktion mit den Patient:innen sehr viel Spaß“, so Uphaus. „Es macht mich aber auch betroffen, dass auch viele junge Menschen einen Schlaganfall erleiden. Wichtig ist, dass man auch schon in jungen Jahren auf seinen Blutdruck achtet, weitere Risikofaktoren vermeidet und Vorsorgeuntersuchungen wahrnimmt.“
Forschungsprojekt INSPIRE-PNRM+ erprobt innovativen Versorgungsansatz bei Morbus Parkinson
„Das ist Forschung auf der Überholspur!“, lacht Tobias Naumann, Advanced Practice Nurse (APN) im Projekt INSPIRE-PNRM+ (INterdiSziPlinäre und InteRsektorale telemedizinische Evaluation, Koordination und Behandlung im ParkinsonNetz RheinMain+). „Mit diesem Versorgungsansatz möchten wir die Lebensqualität von Parkinson-Patient:innen verbessern. Wir sind auf die Versorgung spezialisiert und betreuen die Patient:innen in Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland – direkt zu Hause mit Hilfe der Telemedizin. Betroffene können über ihre neurologische Praxis oder das Projektteam von INSPIRE in das Projekt aufgenommen werden. Wir freuen uns über jeden, der teilnimmt!“ Die Patient:innen sind zwischen 30 und 85 Jahre alt. Ziel ist, dass das Projekt in die Regelversorgung übergeht.
Im Projekt werden Parkinson-Patient:innen über 12 Monate von APNs betreut: Die Kontrollgruppe wird zu Beginn und am Ende dieses Zeitraums zu Hause besucht, die Interventionsgruppe hingegen wird durchgehend begleitet. „Nach einem ersten Hausbesuch mit diversen Assessments und Fragebögen erstellen wir einen Behandlungsplan und visitieren die Patient:innen alle drei Monate mit Hilfe der Telemedizin, schauen uns den Gesundheitszustand an, führen mit ihnen Beratungsgespräche durch, leiten Therapien ein und machen weitere Behandlungsvorschläge für die Neurolog:innen“, so Naumann. „Je nach Altersgruppe sind die Bedürfnisse unterschiedlich. Wichtig ist uns aber, dass wir die Patient:innen ermächtigen, auch selbstständig aktiv zu werden.“
„Das ist der schönste und dankbarste Job, den ich je hatte!“, erzählt der 30-jährige. „Man bekommt so tiefe Einblicke in die Lebenswelt der Patient:innen, die nur wenige bekommen. Und ich kann mit meiner Arbeit etwas bewirken!“ Dabei schaut er sich nicht nur den körperlichen Zustand der Patient:innen an, sondern blickt ganzheitlich auf den Menschen: „In den Gesprächen werden mir teilweise sehr persönliche Dinge anvertraut, sogar solche, die nicht einmal Familienmitglieder kennen. Das erfordert viel Feingefühl und Verständnis.“