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Tausendste Stammzelltransplantation am Universitätsklinikum Mainz

III. Medizinische Klinik berichtet über Erfahrungen, Ergebnisse und Perspektiven – Festakt und Workshop im Kurfürstlichen Schloss Mainz

Für viele Patienten mit bösartigen Erkrankungen – vornehmlich Leukämien und Lymphdrüsenkrebs – sowie für Patienten mit schwerer Immunschwäche oder hochgradiger Zellarmut des Knochenmarks ist die Stammzelltransplantation die einzige Chance auf Heilung. Anlässlich der tausendsten Stammzelltransplantation in Mainz hatte die III. Medizinische Klinik des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zu einem Festakt mit anschließendem Workshop ins Kurfürstliche Schloss geladen: Zahlreiche Gäste – darunter viele Patienten und Angehörige – waren gekommen, um sich über Erfahrungen und Ergebnisse der Stammzelltransplantation, aber auch über die Perspektiven zu informieren.

Beim Festakt am Vormittag begrüßte der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, Roland Härtel, die Gäste im Forstersaal des Schlosses. „Ein solches Jubiläum macht nachdenklich und lässt innehalten. Es geht um 1000 Patienten, um hunderte von Angehörigen und Freunden, es geht um 1000 Schicksale, die mittelbar oder unmittelbar geprägt waren von schwerer Erkrankung“, sagte Härtel. Er würdigte die Leistungen des Universitätsklinikums im Bereich der Stammzelltransplantation. Den Ärztinnen und Ärzten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik sei es gelungen, im Laufe dieser Jahre die Risiken und Nebenwirkungen der Transplantation deutlich zu reduzieren. „Insofern markiert die Zahl 1000 auch die lange Geschichte dieses Verfahrens und die damit verbundenen Verbesserungen“, sagte Härtel. Die Forschung der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik seien für das Klinikum und die Universität von herausragender Bedeutung. „Und dabei geht es eben nicht nur um reine Forschung, sondern immer auch um eine Optimierung der Krankenversorgung. Es geht darum, Hintergründe, Ziele und Risiken der Forschungsprojekte genau abzuwägen und zu formulieren, um daraus für die Therapie Verbesserungen zu erzielen“, erklärte der Staatssekretär. Besondere Anerkennung zollte er dem Leiter der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik, Professor Dr. Christoph Huber. Er genieße als Arzt, Hochschullehrer und Forscher zu Recht höchstes Ansehen, erklärte Härtel.

Ihm schlossen sich weitere Redner an: Dr. Rolf Lucas, Verwaltungsdirektor des Klinikums, Prof. Dr. Fred Zepp als Prodekan des Fachbereichs Medizin, Prof. Christoph Huber, Direktor der III. Medizinischen Klinik, Frau Anita Waldmann als Vorsitzende der Deutschen Leukämie- und Lymphom-Hilfe und Klaus Breidel vom Patientenbeirat.

Seinen anschließenden Festvortrag stellte Prof. Huber unter den Titel „Die Chimäre – vom Fabelwesen zum Heilverfahren“. „Wenn wir einem Patienten blutbildende Zellen eines Spenders übertragen, so bleibt seine Blutbildung ein Leben lang spendertypisch, alle übrigen Systeme im Körper behalten aber die genetischen Merkmale des Empfängers. So etwas nennen wir Chimärismus“, erklärte Prof. Huber. Dabei ist die Chimäre ursprünglich ein Fabelwesen aus der griechischen Mythologie bestehend aus genetisch unterschiedlichen Geweben. Sie ist aber auch eine Art Symbol für die Stammzelltransplantation – ein Heilverfahren für ansonsten unheilbare Bluterkrankungen. „Je nach Art und Stadium der Erkrankung können wir mit einer Stammzelltransplantation heute vier von fünf Patienten helfen, die sonst keine Chance auf Heilung hätten“, erläutert Huber. „Natürlich sehen wir es als unseren Auftrag an, diese Erfolgsaussichten weiter zu verbessern und das Risiko für unsere Patienten zu minimieren.“ Das sei zur Hälfte eine klinisch humanitäre Aufgabe, zur Hälfte eine Aufgabe für die Forschung. „Diese Anstrengungen gehen Hand in Hand mit unseren immunologischen Forschungen, die wir seit Juli in einem Exzellenzcluster bündeln.“

Auf mehr als zehn Jahre Stammzelltransplantation (SZT) in Mainz blickte Dr. Karin Kolbe beim Workshop am Nachmittag zurück: Als leitende Oberärztin hat sie die SZT maßgeblich mit aufgebaut. So wurden in Mainz erstmals 1993 Stammzellen transplantiert – aktuell werden etwa 100 Patienten pro Jahr behandelt. Dabei können die Stammzellen entweder aus dem Knochenmark oder aus dem Blut des Patienten oder eines Spenders gewonnen werden. Letzteres – also die Übertragung von Blutstammzellen – ist heutzutage die Methode der Wahl. Ob die Ärzte die eigenen Stammzellen des Patienten oder Stammzellen eines Spenders transplantieren, hängt von Art und Stadium der Erkrankung sowie vom Alter des Patienten ab. In beiden Fällen wird aber zunächst eine hochdosierte Chemo- oder Strahlentherapie durchgeführt, um Leukämie-, Lymphom- oder andere Tumorzellen zu vernichten. Da hierunter auch das blutbildende System leidet oder zerstört wird, muss es ersetzt werden – durch vorher entnommene eigene Stammzellen oder durch Spenderstammzellen.

„Das Universitätsklinikum Mainz war das erste Zentrum in Rheinland-Pfalz, das beide Transplantationsarten einsetzen konnte“, erklärt Dr. Kolbe. „Begleitend haben wir mit verschiedenen Partnern einen Qualitätszirkel gegründet, in dem wir kontinuierlich Standards und Qualitätssicherungssysteme erarbeiten. Darüber hinaus sind wir in der deutschen, der europäischen und der amerikanischen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantationen akkreditiert.“ Als besonders wichtig erweist sich dabei auch die universitäre Einbindung des Mainzer Stammzellzentrums: Viele Fachdisziplinen – von der Blutbank über die Radiologie und Strahlentherapie bis hin zur Mikrobiologie, um nur einige zu nennen – sind hier unter einem Dach vereint und arbeiten interdisziplinär zusammen. „Das ist die Grundlage für eine exzellente Patientenversorgung, aber auch für erfolgreiche Forschung und Lehre“, betonte Dr. Kolbe.

Über die wissenschaftlichen Aktivitäten berichtete Dr. Wolfgang Herr, der Leiter der wissenschaftlichen Sektion Stammzelltransplantation. So werden in Mainz eigene klinische Studien zur Stammzelltransplantation entwickelt und durchgeführt, aber auch in der Grundlagenforschung sind die Mainzer Wissenschaftler äußerst erfolgreich. „Ziel unserer Arbeiten ist es, die Nebenwirkung der Transplantation, insbesondere die Abstoßungsreaktion, zu reduzieren und die Effektivität dieses Verfahrens zu erhöhen“, erläuterte Dr. Herr.

Dabei sind diese Arbeiten eingebunden in eine aktive immunologische Forschungslandschaft. Seit vielen Jahren hat sich in Mainz im Bereich der Immunologie ein vielfältiges Forschungsnetzwerk etabliert, seit Juli darf es sich Exzellenzcluster nennen. Denn die Immunologieforscher um Prof. Christoph Huber waren beim Exzellenz-Wettbewerb des Landes Rheinland-Pfalz erfolgreich. Rund drei Millionen Euro erhalten sie in den nächsten beiden Jahren. Der neue Mainzer „Immunology Cluster of Excellence“ untersucht, wie die körpereigene Abwehr gesteuert oder auch fehlgesteuert wird. Das Ziel: Innovative Behandlungsmöglichkeiten für Allergien, Autoimmunerkrankungen, Infektionen und Krebs.