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Halbzeit für die Mars500-Mission

Mainzer Medizin-Projekt an simulierter Marsmission „Mars500“ beteiligt – Wissenschaftler ziehen positive Zwischenbilanz

Die Mars500-Mission – eine simulierte Mission zum Roten Planeten, an der auch Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz beteiligt sind – hat Halbzeit: Nach einem 250-tägigen virtuellen Flug sind die Crewmitglieder in diesen Tagen auf dem virtuellen Roten Planeten gelandet und in ihren Raumanzügen dem Isolationscontainer im Moskauer Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP) entstiegen. Mainzer Wissenschaftler sind an der Mars500-Mission mit der Fragestellung beteiligt wie medizinische Notfälle ohne äußere Hilfe zu managen sind. Die Gruppe um Univ.-Prof. Dr. Dr. Wolf Mann, Direktor der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik und Poliklinik – Plastische Operationen, und Univ.-Prof. Dr. Christian Werner, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, zieht anlässlich der virtuellen Landung auf dem Mars eine positive Halbzeitbilanz: Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch gezielte Schulungen der Crewmitglieder medizinische Notfälle auf einem künftigen Flug zum Mars beherrschbar sind.

Mit der Mars500-Mission wollen die europäische Weltraumagentur ESA und das russische Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP) klären, ob die physische und psychische Gesundheit eines Menschen unter den extremen Bedingungen eines Fluges zum Mars gewährleistet werden kann. Um dies festzustellen, müssen die Crewmitglieder verschiedene Aufgaben und Experimente meistern. Dazu zählt auch die Fragestellung, wie medizinische Notfälle ohne äußere Hilfe zu managen sind. Die Antworten und gleichzeitig auch ein Konzept hierzu haben Experten der Universitätsmedizin Mainz entwickelt – und nun auch erfolgreich angewendet. Die Finanzierung erfolgt durch eine Projektförderung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Höhe von 257.000 Euro.

„Etwa 250 Tage für den Hinflug, 30 Tage Aufenthalt auf der Oberfläche des Mars und 240 für den Rückflug – Experten gehen davon aus, dass eine Langzeitmission zum Mars insgesamt wahrscheinlich 520 Tage dauern wird. Dabei wird die Crew extremen physischen und psychischen Faktoren ausgesetzt sein. Schließlich gilt es über etwa eineinhalb Jahre mit sechs Personen auf engstem Raum auszukommen. Die Nahrung ist rationiert, Krankheiten und Verletzungen müssen sie selbst behandeln. Die Chance einer Unterstützung bei der Rettung Erkrankter oder Verletzter von der Erde aus ist sehr gering, da die Kommunikation nur mit erheblicher Zeitverzögerung von rund 20 Minuten pro Strecke funktionieren wird“, sagt Univ.-Prof. Dr. Dr. Wolf Mann, der Direktor der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik und Poliklinik – Plastische Operationen, und Leiter des Mars500-Projekts an der Universitätsmedizin Mainz.

„Daher muss die Besatzung lernen, vollständig autark zu überleben. Insbesondere da alles passieren kann, was sonst auch möglich ist. Im Extremfall muss die Crew sogar in der Lage sein, ein Crew-Mitglied zu reanimieren. Eine speziell für Langzeitmissionen entwickelte Ausbildung der Astronauten ist geradezu überlebensnotwendig“, ergänzt Univ.-Prof. Dr. Christian Werner, Direktor der Klinik für Anästhesiologie.

Daher haben die Mediziner der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Trainingskonzept für das wissenschaftliche Simulationsprojekt des IBMP und der ESA entwickelt, anhand dessen Laien für medizinische Notfallsituationen ausgebildet werden können. Bevor die künftigen Test-Astronauten in ihre „Mars-WG“ eingezogen sind, wurden sie im Rahmen einer dreitägigen Erstausbildung vor Ort in Moskau von den Mainzern trainiert. „Dabei stand das praktische Üben der speziell für die Bedingungen in der Schwerelosigkeit modifizierten notfallmedizinischen Behandlungschecklisten – beispielsweise zur Vorgehensweise bei einem Herzstillstand – im Vordergrund“, sagt Dr. Julian Graf, Assistenzarzt an der Klinik für Anästhesiologie, der in Moskau vor Ort war. „Die Besatzung hat unsere notfallmedizinische Ausbildung mit sehr gutem Ergebnis absolviert, alle Teilnehmer waren sehr motiviert.“

Das angewendete Trainingskonzept basiert dabei auf Ergebnissen einer Vorstudie mit Mainzer Medizinstudenten sowie den Erfahrungen, die das Team um Univ.-Prof. Dr. Mann und Univ.-Prof. Dr. Werner bei einer Studie mit der Stationsbesatzung der antarktischen Polarstation Concordia gemacht haben.

Um das erlernte medizinische Wissen möglichst langfristig bei den Teilnehmern zu verankern, stehen für die Ausbilder aus der Klinik für Anästhesiologie und der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik das praktische Üben der theoretisch gelernten Kenntnisse im Fokus. Während des 250 Tage dauernden virtuellen Hinflugs hat die Besatzung mehrere Notfallszenarien absolviert. Dabei galt es diese Szenarien an der Simulationspuppe durchzuspielen und das theoretische Wissen wurde mittels Multiple-Choice-Fragebögen abgefragt. „Insgesamt verlief die notfallmedizinische Versorgung und Behandlung der Simulationspuppe mehrfach sehr gut und die Crewmitglieder haben alle Notfallszenarien erfolgreich gelöst“, zieht Professor Mann eine positive Bilanz. „Ein positives Behandlungsergebnis ist daher auch bei einem echten Patienten sehr wahrscheinlich.“ In einem nächsten Schritt sollen nun Auffrischungskurse für einen Teil der Crew stattfinden. Ziel ist es herauszufinden, wie die Teilnehmer dabei insgesamt abschneiden und wie hoch der Wissensverlust mit und ohne Auffrischung ist.

Weitere Informationen zu Mars500
Etwa 50.000.000 Kilometer liegt der Mars von der Erde entfernt. Bis sich Menschen wirklich auf den Weg zum Mars machen, werden laut Experten noch einige Jahrzehnte vergehen. Dennoch haben die europäische Weltraumagentur ESA und das russische Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP) bereits damit begonnen, diese neue Herausforderung der bemannten Raumfahrt sorgfältig vorzubereiten und einen Flug zum Mars zu simulieren. „Mars500“ heißt diese Isolationsstudie, bei der die Wissenschaftler über 520 Tag das Durchhaltevermögen der Teilnehmer untersuchen. Insgesamt sechs Teilnehmer werden zur „Mars500“-Crew gehören, zwei davon aus Europa, drei Russen und ein Chinese. An die freiwilligen Teilnehmer stellen das IBMP und die ESA in etwa die gleichen Anforderungen, die sie auch an Astronauten stellen würden, welche an einer echten Marsmission teilnehmen wollen.

Ort der Isolationsstudie ist der Mars500-Container im Institut für Biomedizinische Probleme in Moskau. Dabei handelt es sich um ein röhrenförmiges Modulsystem mit einer Wohn- und Arbeitsfläche von 180 Quadratmetern. Hinzu kommen Kühlzellen für die Nahrungsmittel sowie eine Quarantänestation. Jedem Test-Astronauten steht eine Kabine von drei Quadratmetern Grundfläche einschließlich eines schmalen Betts zur Verfügung.

Eine bemannte Mission zum Mars stellt nicht nur große Anforderungen an die Technik, sondern auch an die Astronauten: Etwa eineinhalb Jahre lang muss die Mannschaft auf engstem Raum zusammenleben und gemeinsam alle auftretenden Probleme meistern. Auch diese zwischenmenschlichen Aspekte wollen das IBMP und die ESA im Rahmen dieser simulierten Marsmission genauer unter die Lupe nehmen. Dabei erwarten die Crew eine Vielzahl von Experimenten – und „unerwartete Probleme“, die die Forschungsleitung von außen einspielen wird. Außerdem müssen sie bis zu 40-minütige Verzögerungen bei der Kommunikation zur „Bodenstation“ in beide Richtungen hinnehmen.

Pressemitteilung (Pdf , 48,4 KB)

Kontakt
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. W. Mann
Direktor der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik und Poliklinik – Plastische Operationen
Telefon: 06131  17-7361, Fax: 06131  17-6637, E-Mail: konhaeuser@hno.klinik.uni-mainz.de

Univ.-Prof. Dr. med. Christian Werner
Direktor der Klinik für Anästhesiologie
Telefon: 06131  17-7117, Fax: 06131  176649, E-Mail: info-anaesthesie@unimedizin-mainz.de

Pressekontakt
Dr. Renée Dillinger-Reiter, Stabsstelle Kommunikation und Presse Universitätsmedizin Mainz,
Telefon: 06131  17-7424, Fax: 06131  17-3496, E-Mail: presse@ukmainz.de

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 50 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung – die Apotheke und die Transfusionszentrale – gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter www.klinik.uni-mainz.de