Hörstörungen können in Art und Umfang sehr verschieden sein, so dass eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten besteht. Die Hals-, Nasen-, Ohrenklinik verfügt über sämtliche diagnostische Möglichkeiten und bietet alle modernen operativen Verfahren bei Hörstörungen an.
Wichtig ist die Unterscheidung von zwei verschiedenen Formen des Hörverlustes, nämlich der Schallleitungsschwerhörigkeit bei Erkrankungen des Mittelohrs sowie des äußeren Ohrs und der Schallempfindungsschwerhörigkeit bei Erkrankungen der Hörschnecke (Innenohr) und des Hörnervens.
Hörverluste im Bereich des Mittelohrs, wie z.B. ein Loch im Trommelfell, dauerhafte Entzündungen oder Defekte der Gehörknöchelchenkette, lassen sich durch moderne mikroskopische Operationsmethoden meist sehr gut beheben. Bei Hörverlusten im Bereich des Innenohrs muss man zwischen akuten Beschwerden, wie z.B. einem Hörsturz, und dauerhaften Hörverlusten unterscheiden. In beiden Fällen können begleitend auch Öhrgeräusche (Tinnitus) auftreten. Akute Ereignisse lassen sich gut medikamentös behandeln, dauerhafte Schwerhörigkeiten erfordern eventuell die Versorgung mit Hörgeräten. Bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Ertaubung kann auch die operative Versorgung mit einem Cochlea-Implant oder (je nach zugrundeliegender Pathologie) einem Mittelohrimplantat notwendig sein. Seltener können auch gutartige Tumoren (Akustikusneurinom) im Bereich des Hörnervens zu Hörverlusten führen. Diese Tumoren lassen sich mit einer Kernspin-Tomographie (MRT) nachweisen und können operativ entfernt werden.
Neben einfachen Hörprüfungsverfahren, wie Ton- und Sprachaudiometrie, Impedanzmessung werden die Bestimmungen von Tinnitus und Unbehaglichkeitsschwelle durchgeführt. Je nach Indikation kommen andere Verfahren, wie die Bestimmung der otoakustischen Emissionen (OAE) und die Ableitung akustisch evozierter Potenziale (BERA und Elektrocochleographie) zur Anwendung. Aufgrund der engen anatomischen und funktionellen Beziehung von Hör- und Gleichgewichtsorgan werden bei Hörstörungen häufig auch Untersuchungen der Gleichgewichtsorgane durchgeführt.
Beim Cochleaimplantat (im Folgenden CI genannt) handelt es sich um eine implantierbare Innenohrprothese, die hörakustische Sinneswahrnehmungen in elektrische Impulse umwandelt und diese unter Umgehung des geschädigten Hörorgans (sog. Hörschnecke, Cochlea) direkt auf den Hörnerv überträgt. Aufgrund seines Funktionsprinzips kann das CI auch komplexe, hochgradige Schwerhörigkeiten, die nicht mehr mit herkömmlichen Hörgeräten versorgbar sind, ausgleichen und den Patienten wieder ein offenes Sprachverstehen ermöglichen. Beim CI handelt es sich um eine Technik, die vor ca. 25 Jahren Einzug in den klinischen Alltag gehalten hat und seither mit großem Erfolg weiterentwickelt wurde. An unserer Klinik besteht eine außerordentliche Expertise mit dieser Technologie, die hier seit vielen Jahren erfolgreich angewandt wird. Alle unsere Operateure besitzen eine langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet.
Das CI setzt sich prinzipiell aus zwei getrennten Komponenten zusammen. Das eigentliche Implantat besteht aus einer Empfängerspule und Elektrode und wird bei einer Operation in Vollnarkose in den Ohrknochen eingelassen und in die Hörschnecke vorgeschoben. Zudem wird ein Sprachprozessor außen am Kopf getragen, der einem normalen Hörgerät ähnelt. In diesem Sprachprozessor befinden sich die notwendigen Mikrofone sowie die Stromversorgung mittels Batterie. Da sich das Funktionsprinzip von herkömmlichen Hörgeräten komplett unterscheidet, ist das Tragen eines geschlossenen Ohrpassstücks mit den möglicherweise bekannten Nebenwirkungen wie Druckgefühl, Gehörgangsverstopfung durch Ohrenschmalz oder wiederkehrenden Gehörgangsentzündungen, nicht mehr notwendig.
(Bild: MEDEL)
2. Wie funktioniert ein Cochleaimplantat?
Die mit den Mikrofonen des Audioprozessors empfangenen Schallsignale werden im Sprachprozessor mittels Computerchip in elektrische Signale umgewandelt und mittels Sendespule drahtlos durch die Haut auf die Empfängerspule des eigentlichen Implantats übertragen. Von der Empfängerspule werden diese elektrischen Signale an die Elektrode in der Hörschnecke weitergeleitet und dort direkt auf den Hörnerven übertragen. Diese elektrische Reizung des Hörnervs erzeugt im Gehirn einen völlig neuen Höreindruck. Der Sprachprozessor ist frei abnehmbar, sodass beispielsweise Duschen, Schwimmen und Schlafen wie bisher gewohnt möglich sind. Der implantierte Anteil des CI ist auf eine lebenslange Verwendung ausgelegt, weshalb in der Regel keine Folgeoperationen notwendig sind.
Neue technologische Entwicklungen im Bereich der Sprachprozessoren können auch bei bereits implantierten Geräten eingesetzt werden. Somit können CI-Patientinnen und Patienten auch ohne erneute Operation von technischen Neuerungen profitieren um immer den bestmöglichen Nutzen von ihrem Implantat zu haben.
3. Welche Hörstörungen werden mit einem Cochleaimplantat behandelt?
Eine Versorgung mit einem CI kommt heutzutage bei verschiedensten Hörstörungen in Frage. Hierbei kann es sich um angeborene, aber auch erworbene Hörstörungen, wie z. B. Hörstürze, Altersschwerhörigkeit oder Infektionen mit dauerhaftem Hörverlust, handeln.
Grundsätzlich können solche Hörstörungen mittels CI behandelt werden, die auch mit den leistungsfähigsten Hörgeräten nicht zufriedenstellend ausgeglichen werden können. In einem solchen Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Patientinnen und Patienten mit einem CI wieder deutlich besser hören können und auch wieder ein freies Sprachverstehen ohne Lippenablesen oder auch Telefonieren möglich ist.
4. Welche Untersuchungen werden vor einer Cochleaimplantat-Operation benötigt?
Um den bestmöglichen Nutzen von einem CI zu haben, muss im Vorfeld die Eignung des Patienten für eine solche Versorgung geprüft werden. Hierbei kommt es vor allem auf das Vorhandensein des Hörnervs, eine möglicheweise verbliebene Hörfunktion sowie die Gleichgewichtsfunktion des Innenohres an. Zur Prüfung der Funktionsfähigkeit des Innenohres werden bei uns umfangreiche Untersuchungen sowie eine Überprüfung der bisherigen Hörgeräteversorgung durchgeführt.
Zur Darstellung des Hörnervs in seinem Verlauf von der Hörschnecke zum Gehirn kommt die hochauflösende Darstellung mittels Kernspintomographie (MRT) zur Anwendung. Für die Beurteilung des Ohrknochens, in welchem sich die Strukturen des Innen- und Mittelohres befinden, erfolgt die Durchführung einer hochauflösenden Computertomographie.
Alle Untersuchungen finden im Rahmen eines dreitägigen stationären Aufenthaltes in unserer Klinik statt.
5. Wann ist ein Cochleaimplantat das richtige hörverbessernde Verfahren?
Erst nach genauer Kenntnis der Untersuchungsergebnisse sowie nach ausführlicher Beratung und Erprobung einer bestmöglichen Hörgeräteversorgung können die Erfolgsaussichten mittels CI beurteilt und eine entsprechende Empfehlung zur Operation ausgesprochen werden. Bei hochgradig schwerhörig oder taub geborenen Kleinkindern kann nur durch eine frühzeitige Versorgung, im Anschluss an eine umfangreiche pädaudiologische Diagnostik und vorausgegangene Hörsystemversorgung ab ca. dem 1. Lebensjahr mit einem CI die Möglichkeit zum Erwerb einer Lautsprache bewahrt werden.
Sollten alle Voraussetzungen zur erfolgreichen CI-Versorgung erfüllt sein, ist vor der Vereinbarung eines Operationstermins noch die Auswahl der Implantatfirma notwendig. In unserer Klinik können unseren Patienten alle gängigen Implantattypen verschiedener Hersteller angeboten werden. Diesbezüglich werden alle Patienten seitens unseres ärztlichen Personals und Ingenieure eingehend beraten, sodass eine eigenständige Entscheidung getroffen werden kann.
Die Kosten des Implantats, der Operation und der Folgebehandlungen werden bei gegebener Indikation durch die gesetzlichen und privaten Krankenkassen getragen.
6. Wie läuft eine Operation ab?
Die Aufnahme in unsere Klinik erfolgt am Tag vor der Operation. An diesem sogenannten vorstationären Tag finden die chirurgische sowie anästhesiologische Aufklärung, ein Gespräch mit dem Operationsteam sowie Blutuntersuchungen statt. Die Operation wird am darauffolgenden Tag in Vollnarkose durchgeführt und dauert in der Regel 1,5 bis 2 Stunden.
Über einen Hautschnitt hinter dem Ohr wird der Knochen eröffnet und dort ein Bett für das Implantat (Empfängerspule mit Elektrode) geschaffen. Die Elektrode wird durch ein natürliches Fenster (sog. rundes Fenster) in die Hörschnecke eingeführt. Es werden grundsätzlich modernste, schonende und hörerhaltende Verfahren angewandt, die ein Minimum an Begleiterscheinungen nach sich ziehen und ein etwaiges Restgehör schonen. Der Hautschnitt hinter dem Ohr wird anschließend mittels Naht verschlossen und ist nach abgeschlossener Wundheilung kaum sichtbar.
7. Wie lange sind Sie nach der Operation im Krankenhaus?
Nach der Operation schließt sich ein stationärer Aufenthalt von sechs Tagen an. Während dieser Zeit erhalten die Implantierten antibiotische Infusionen zur Vermeidung postoperativer Infektionen, eine Beratung bezüglich der weiteren Rehabilitation und ggf. physiotherapeutische Anwendungen.
8. Welche Risiken gibt es bei der Operation?
Aufgrund der langjährigen Erfahrung im Bereich der Hörimplantatversorgung an unserer Klinik und über 90 erfolgreicher Operationen im Jahr, stellt die CI-Operation mittlerweile einen risikoarmen Standardeingriff dar, dessen Risiken mit jeder normalen Ohroperation vergleichbar sind.
Es kann in seltenen Fällen zu Wundheilungsstörungen oder Entzündungen kommen, die aber gut behandelbar sind. Sehr selten kann es zu Schwindelbeschwerden, Gesichtsnervenlähmung und Geschmacksstörungen kommen, die sich meist bereits während des stationären Aufenthalts wieder zurückbilden. Wie schon oben beschrieben kann im Regelfall ein bestehendes Restgehör geschont werden, sodass Verfahren wie die Elektroakustische Stimulation (EAS), die eine Kombination aus Hörimplantat- und Hörgerätversorgung des betroffenen Ohres darstellen, zum Einsatz kommen können. Weiterhin haben hörerhaltend operierte Patientinnen und Patienten meistens deutlich weniger postoperative Beschwerden wie z. B. Schwindel.
9. Wie geht es nach der Operation weiter?
Das Hören mit einem CI ist ein stetiger Lernprozess. Dieser beginnt bei normalem Verlauf ca. 4 Wochen nach der Operation mit der Erstanpassung des Sprachprozessors. Hierfür werden die Patientinnen und Patienten für 5 Tage stationär in unserer Klinik aufgenommen. Die entsprechenden Termine werden bereits im Rahmen der Operation vereinbart. Während dieses Aufenthalts erfolgt die Aktivierung und Einstellung des Implantats, ähnlich wie bei der Anpassung eines Hörgeräts. Dies geschieht in der Abteilung Audiologische Akustik. Weiterhin wird eine intensive audioverbale Therapie eingeleitet, um den Weg zu einem maximalen Nutzen durch das Implantat zu bahnen. Die hier angeleiteten Übungen können vom Patienten nach der Entlassung zuhause fortgesetzt werden.
Nach dieser ersten Phase des Kennenlernens und Übens mit dem Implantat werden die Implantierten erneut für fünf Tage in unserer Klinik aufgenommen. In dieser Zeit wird der Sprachprozessor auf die individuellen Bedürfnisse feinjustiert und die Implantierten erhalten weitergehende hör- und sprachtherapeutische Behandlungen durch unser hochspezialisiertes, interdisziplinäres Team.
Anschließend besteht die Möglichkeit einer ambulanten oder auch stationären Anschlussheilbehandlung zur Unterstützung der weiteren Hör- und Sprachrehabilitation. Diesbezüglich erhalten alle Patienten ausführliche Informationen durch unser CI-Team, welches bei Bedarf auch gerne die notwendigen Anträge ausfüllt.
Nach abgeschlossener Rehabilitation bieten wir allen an unserer Klinik implantierten CI-Patientinnen und Patienten lebenslang regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen an. Diese beginnen zunächst mit vierteljährlichen Abständen und sind bei unkompliziertem Verlauf immer seltener notwendig.
10. Haben Sie noch Fragen oder Interesse an einem Cochleaimplantat?
Unser CI-Team steht für eine individuelle Beratung, weitergehende Fragen oder auch Zweitmeinungen im Rahmen unserer Hörimplantatsprechstunde gerne jeden Mittwoch von 13 bis 16 Uhr zur Verfügung. An der Klinik stehen die Produkte aller gängigen Cochleaimplantat-Hersteller zur Verfügung.
Ebenfalls informieren wir im Rahmen dieser Sprechstunde gerne über möglicherweise in Frage kommende, aktive Mittelohrimplantate. Auch hier stehen an unserer Klinik alle gängigen Systeme zu Verfügung (z. B. Med-El: Vibrant Soundbridge oder Bonebridge; Cochlear: BAHA connect und BAHA attract, CODACS).
Unser interdisziplinäres CI-Team ist gerne für Sie da: