Forschung

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Apl.-Prof. Dr. Werner Kilb

In der Arbeitsgruppe von Prof. Heiko J. Luhmann bearbeite ich Fragestellungen zur zellulären Physiologie und zur Pathophysiologie des unreifen zerebralen Kortex. Außerdem interessiert mich die Rolle von Netzwerkaktivität während der frühen kortikalen Entwicklung. Desweiteren habe ich die Effekte des extra- und intrazellulären pH-Werts auf die synaptische Übetragung untersucht.

Zur Untersuchung dieser Frage- stellungen verwende ich überwiegend elektrophysiologische Messmethoden, nutze aber auch mikrofluorimetrische, immuncytochemische und molekular- biologische Methoden.

Zelluläre Physiologie des unreifen Kortex

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Morphologie verschiedener Neurone im unreifen
Kortex. DIC-Aufnahme einer Cajal-Retzius Zelle
(A), von undifferenzierten (B) und differenzierten
(C) Pyramidenzellen und von subplate Neuronen
(D)(aus: Luhmann et al. 2000).

Kortikale Neurone entstehen in der Ventrikulär- zone und erreichen ihre endgültige Position durch eine radiale Migration entlang glialer Fortsätze. Wenn die migrierenden Neurone die oberflächliche Marginalzone erreicht haben, beenden sie die Migration und beginnen sich zu differenzieren. Außerdem treten während der Entwicklung im cerebralen Kortex transiente Zellpopulationen auf. In der Marginalzone finden sich Cajal-Retzius Zellen, die eine wichtige Rolle in der Terminierung der neuronalen Migration spielen. An Grenze zwischen den kortikalen Schichten und der weißen Substanz finden sich subplate Neuronen, die eine wichtige Rolle bei der Bildung organisierten Verbindungen zwischen Kortex und Thalamus spielen.

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Membranantworten einer unreifen Pyramidenzelle
(links) und einer Cajal-Retzius Zelle (rechts)auf
de- und hyperpolarisierende Strominjektionen
(aus: Okabe et al. 2004).

Schwerpunkt unserer Untersuchungen sind die elektrophysiologischen Eigenschaften der beiden transienten Zellpopulationen, insbesondere die Ausstattung dieser Neurone mit verschiedenen Neurotransmitter-Rezeptoren und die Integration dieser Neuronen in frühe synaptische Netzwerke. Außerdem interessieren wir uns, in wie weit Differenzierungsprozesse mit Veränderungen der funktionellen Eigenschaften von Neuronen einhergehen.  

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Glyzin löst in Cajal-Retzius Zellen eine Membrandepolarisation
aus und inhibiert eine Aktionspotentialauslösung
(aus: Kilb et al., 2003).

Ein zentraler Punkt unserer Untersuchungen sind dabei die Mechanismen und funktionellen Konsequenzen der Cl- -Regulation in unreifen Neuronen. Während GABA und Glyzin in den meisten ausgereiften Neuronen eine Membran-hyperpolarisation bewirken, lösen diese beiden Neurotransmitter im unreifen Nervensystem eine Membrandepolarisation aus, höchswahrscheinlich aufgrund einer erhöhten Cl--Konzentration in diesen Neuronen . Daher untersuchen wir, welche Transportprozesse zur Cl- -Homöostase im unreifen Nervensystem beitragen und wie diese Transporter reguliert werden. Außerdem versuchen wir aufzuklären ob diese Membran-depolarisation erregend wirkt und unter welchen Bedingungen sie auch eine Hemmung vermitteln kann.

Pathophysiologie des unreifen Kortex

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Im Gegensatz zu Kontrolltieren (A) zeigen
Neurone in Kortices in denen die Migration
durch den NMDA-Antagonisten MK-801
beeinflußt wurde (B) eine veränderte
Morphologie und übermäßige synaptische
Eingänge (aus: Reiprich et al. 2004).

Eine Vielzahl von neurologische Erkrankungen können auf Strukturveränderungen des zerebralen Kortex zurückgeführt werden, die ihre Ursache in Störungen der kortikalen Entwicklung haben. Zum Verständniss der Mechanismen dieser Entwicklungsstörungen induzieren wir fokale Migrationsstörungen und untersuchen die Effekte der dadurch ausgelästen Veränderungen von funktionellen und morphologischen Eigenschaften einzelner Zellen und kortikaler Strukturen.

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Der GABAA Antagonist Pircotoxin (PTX) löst im
Hippocampus einer P4 Ratte iktale epileptiforme
Aktivität aus, obwohl GABA in dieser Altersgruppe
noch depolarisierende Membranantworten bewirkt.

Zudem treten einige neurologische Erkrankungen, wie z.B. die Epilepsie, vermehrt während der frühkindlichen Entwicklung auf und haben in diesem Zeitraum auch ein von Erwachsenen unterschiedliches therapeutisches Profil. Daher untersuchen wir, welche Bedingungen zu epileptogener Aktivität in unreifen kortikalen Strukturen führt und in wie weit sich die Beieinflußbarkeit epileptogener Aktivität von adultem Gewebe unterscheidet.

Netzwerkoszillationen im unreifen Kortex

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Originalregistrierung (A) und Spektrogram(B)
einer durch Carbachol ausgel/ouml;sten
Netzwerkoszillation im unreifen Kortex
(aus: Kilb & Luhmann, 2003).

Die Entwicklung des zerebralen Kortex wird nicht nur durch endogene genetische Programme gesteuerte, sondern spontane elektrische Aktivität spielt für die funktionelle Reifung des Kortex eine entscheidende Rolle. Um den Einfluß dieser frühen synaptischen Aktivität auf die Kortexentwicklung zu analysieren, charakterisieren wir mit elektrophysiologischen Methoden spontane synaptische Aktivität aber auch durch verschiedene Neurotransmitter ausgelöste Netzwerkoszillationen im unreifen Kortex

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Der glutamaterge Agonist Kainat induziert eine
Membrandepolarisation, einen Natriumeinstrom
und eine intrazelluläre Ansäuerung
(aus: Kilb & Schlue, 1999).

Effekte des intra- und extrazellulären pH-Wertes

Physiologische Prozesse, wie elektrische Aktivität oder Aktivierung von Neurotransmitter- rezeptoren, aber auch pathophysiologische Ereignisse, wie z.B. Ischämie oder epileptische Anfälle, führen zu teilweise massiven Veränderungen des intra- und extrazellulären pH-Wertes. In einer Reihe von Experimenten habe ich daher untersucht, welchen Einfluß Veränderungen des intra- und extrazellulären pH-Wertes auf die synaptische Übertragung beim medizinischen Blutegel ( Hirudo medicinalis) haben


Apl.-Prof. Dr. Werner Kilb
Institut für Physiologie und
Pathophysiologe
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