Prof. Dr. Norbert W. Paul: "Zwangssterilisation in der NS-Diktatur"
Einladung zum Abendvortrag an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz am Dienstag, 2. Februar 2016, 19 Uhr, im Plenarsaal der Akademie, Geschwister-Scholl-Str. 2, 55131 Mainz
Am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, findet der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Die Veranstaltungen, die es rund um dieses Datum in Rheinland-Pfalz geben wird, erinnern in diesem Jahr im Besonderen an die Krankmorde in der NS-Zeit. Aus diesem Anlass spricht Prof. Dr. Norbert W. Paul an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz über die nationalsozialistische Praxis der Zwangssterilisation. Unter Zuhilfenahme der erhaltenen Mainzer Krankenakten inklusive der darin überlieferten Patientenbriefe, Tagebucheinträge und Beschwerden beleuchtet er sowohl die Perspektive der Täter als auch die der Opfer. Nach langen Jahren des Schweigens über die Medizinverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus begann ab den 1980er Jahren die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der deutschen Geschichte. Es galt und gilt dabei zu erfassen, wie aus der Medizin mehr als nur eine Erfüllungsgehilfin des diktatorischen Gewaltregimes wurde, sondern wie sie sich vielmehr mit Überzeugung in den Dienst einer brutalen, bis dahin undenkbaren Politik der ›Reinigung des Volkskörpers‹ stellte. Der Vortrag widmet sich der nationalsozialistischen Praxis der Zwangssterilisierung. Das am 14. Juli 1933 erlassene ›Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‹ bildete die Grundlage für eine straff organisierte, zwangsweise Sterilisierung von über 360 000 Menschen. Wie aber sah der Zwang zur Sterilisierung in der Lebenswirklichkeit der Opfer aus? Auf welchen Kriterien basierte die ärztliche Entscheidung zum Vollzug der Zwangsmaßnahme? Mit welchen Argumenten wurde der offensichtliche Verstoß gegen die Prinzipien ärztlicher Fürsorge gerechtfertigt? Wie gestalteten sich der Eingriff und die anschließende medizinische Versorgung? Anhand der aus dieser Zeit erhaltenen Krankenakten aus Mainz werden die Mechanismen der Rechtfertigung untersucht und vor dem Hintergrund der Ideologie der NS-Gesetzgebung kritisch analysiert. Die in den Akten gefundenen Zusatzdokumente wie Patientenbriefe, Tagebucheinträge und Beschwerden erlauben neben der Beleuchtung der Täterperspektive auch eine detaillierte Sicht auf die Opfer. Prof. Dr. Norbert W. Paul ist Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Der Vortrag findet im Rahmen der Veranstaltungen zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Über einen Terminhinweis und Berichterstattung würden wir uns freuen. Der Eintritt ist frei. Link zum Einladungsflyer: www.adwmainz.de/fileadmin/adwmainz/veran16/Einladungsflyer_Paul.pdf
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich rund 340.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Mehr als 3.600 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie rund 630 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.700 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor.
[Stand: 2023]
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