Schmerz Autonomes NS

Wissenschaftliche Projekte

Frühzeitige Identifizierung chronisch posttraumatischer Schmerzen durch Immunphänotypisierung - ist eine solche Studie durchführbar (ELECTRA-F)?

CPTLP/CRPS ist eine gefürchtete Komplikation, die oft erst mit einer Verzögerung von mehreren Monaten nach einer Verletzung diagnostiziert wird, dann aber zu anhaltenden starken Schmerzen und lebenslanger Behinderung führen kann. Wir stellen die Hypothese auf, dass der zwischenzeitliche Nachweis einer Autoimmunpathophysiologie des akutem CPTLP/CRPS die Möglichkeit bietet, "Risikopatienten" durch eine Immunphänotypisierung bereits kurz nach dem Trauma besser zu identifizieren. CPTLP/CRPS ist jedoch selten, es gibt keine zuverlässigen Vorhersageparameter, und die Immunphänotypisierung ist zeitaufwendig (lebensfähige Zellen) und teuer. Diese Faktoren schließen einen direkten Start von ELECTRA als groß angelegte diagnostische Studie aus. Eine solche Strategie würde direkte Kosten in Höhe von mehreren Millionen Euro verursachen, da Tausende von Trauma-Fällen immunphänotypisiert werden müssten, um letzllich 10-20 CPTLP/CRPS-Fälle zu finden. Daher ist eine Strategie zur Identifikation von Patienten mit einem "Risiko" für CPTLP/CRPS kurz nach einem Extremitätentrauma zwingend erforderlich, und die Immunphänotypisierung muss für ein multizentrisches Design optimiert werden (gefrorene WBKs). Dann können die Fälle auch aus mehreren Krankenhäusern rekrutiert werden, während die Immunphänotypisierung zentral durchgeführt werden kann. Daher ist die Machbarkeitsstudie ELECTRA-F zur Verfeinerung der Logistik erforderlich, um die RCTs ELECTRA und ELECTRA-T vorzubereiten.

Basierend auf dem Nachweis, dass starke Schmerzen etwa eine Woche nach konservativ behandelten Radiusfrakturen die Wahrscheinlichkeit von CPTLP/CRPS um das 15-30-fache erhöhen, gehen wir davon aus, dass wir durch die Wahl der richtigen klinischen Parameter kurz nach einem Trauma spezifisch genug werden, um Patienten mit einem "Risiko" für CPTLP/CRPS zu identifizieren, so dass die vollständigen RCTs durchführbar werden. Gleichzeitig werden wir die Protokolle für die individuelle Immunphänotypisierung aus dem Blut gekühlter/gefrorener WBKs (scRNA seq, T-Zell-Rezeptor-Sequenzierung) optimieren, so dass die Analyse im schlimmsten Fall sogar erst nach der Bestätigung der CPTLP/CRPS-Diagnose nach 3 Monaten durchgeführt werden könnte und Patienten sogar aus weit entfernten chirurgischen Abteilungen rekrutiert werden können. Schließlich werden wir die Rolle der Autoimmunität in der CPTLP/CRPS-Pathophysiologie weiter untersuchen, indem wir Serumproben und WBKs aus unseren früheren gemeinsamen Untersuchungen verwenden. Letztendlich wird das Machbarkeitsprojekt ELECTRA-F die Grundlage für eine verlässliche Berechnung der Stichprobengröße für die erfolgreiche Durchführung einer prospektiven, groß angelegten Diagnosestudie (ELECTRA) zur Identifizierung von "Risikopatienten" für CPTLP/CRPS durch Immunphänotypisierung bilden, und ELECTRA-F wird darüber hinaus zur Vorbereitung einer randomisierten, kontrollierten Behandlungsstudie (ELECTRA-T) zur Prävention von CPTLP/CRPS beitragen.

Sensorische und autonome Funktion nach akutem Schlaganfall

Ein akuter Schlaganfall kann Veränderungen in der Wahrnehmung von Kälte und Wärme, Parästhesien, Taubheit und Schmerz auslösen. Auch Beeinträchtigungen der Herzfrequenzvariabilität, der Vasokonstriktion und des Schwitzens werden verzeichnet. Unser Forschungsvorhaben ermöglicht, neben einer qualitativen und quantitativen Charakterisierung der sensorischen und autonomen Dysfunktionen, die Identifikation der verantwortlichen Gehirnregionen und funktionellen neuronalen Netzwerke über bildgebende Verfahren.

Mechanismen neuopathischen Juckens

Der chronische Juckreiz (Pruritus) ist wie der chronische Schmerz ein häufiges Symptom von Patienten mit Polyneuropathien. Beide Symptome können durch eine Läsion oder Funktionsstörung der intraepidermalen Nervenfasern ausgelöst werden. Obwohl die Pathomechanismen neuropathischer Schmerzen in den letzten Jahren intensiv erforscht wurden, gibt es wenige Daten zu den Pathomechanismen vom neuropathischen Juckreiz. Die klinischen und neurophysiologischen Merkmale der Patienten mit Juckreiz sowie die zugrundeliegenden molekularbiologischen Mechanismen werden von unserer Arbeitsgruppe im Rahmen des transnationalen Forschungsprojekts „PruSearch“ untersucht.

Charakteristika der TTR-FAP

Unter den Begriff „Amyloidose“ fasst man unterschiedliche Erkrankungen zusammen, welche durch Ablagerung von Protein-Fibrillen gekennzeichnet werden. Diese können vererbt oder erworben sein.
Die häufigste hereditäre Amyloidose ist die Transthyretin-Amyloidose (ATTR-Amyloidose). Transthyretin (TTR) ist ein körpereigenes Eiweiß mit verschiedenen Funktionen.  Mutationen im TTR-Gen machen das Protein instabil, so dass es zur Bildung von unlöslichen Fasern („Fibrillen“) neigt, die sich dann als Amyloid in unterschiedlichen Körperorganen ablagern. Diese Ablagerungen stören die Zellfunktion und führen schließlich zum Funktionsverlust der betroffenen Organe. Bei der ATTR- Amyloidose ist primär das periphere Nervensystem betroffen, was zum Begriff „familiäre Amyloidneuropathie, (TTR-FAP)“ geführt hat.
Unbehandelt führt diese Krankheit zu progredienten Lähmungen, neuropathische Schmerzen und Sensibilitätsstörungen aber auch zu autonomen Funktionsstörungen (z.B. Synkopen). Je nach Unterform können auch kardiale, renale, urologische oder gastrointestinale Symptome auftreten.
Unsere Forschung hat als Ziel, die frühe Diagnose der TTR-FAP zu ermöglichen, sowie verlässliche Untersuchungsparameter zur Feststellung eines Voranschreitens zu identifizieren. Dies soll eine frühzeitige Behandlung und Therapieanpassung ermöglichen.
Darüber hinaus nehmen wir an die HELIOS-Studie teil, dabei wird die Wirksamkeit eines neuen Medikamenten (Vutrisiran) zur Behandlung der TTR-FAP getestet.

Pathophysiologie des CRPS

Das komplex-regionale Schmerzsyndrom entwickelt sich nach Extremitätentraumata. Unsere Forschung geht in 2 Richtungen: Zum ersten untersuchen wir mit verschiedenen molekularbiologischen und neurophysiologischen Methoden am Menschen und im Tiermodell die autoimmunen Mechanismen der posttraumatischen Entzündung bei CRPS, und zum zweiten erforschen wir die psychologischen Besonderheiten (z.B. Resilienz) bei dieser Erkrankung.

Adrenorezeptor Mechanismen der spinalen Schmerzkontrolle

Das noradrenerge System moduliert Schmerzwahrnehmungen und kontrolliert spinale Neuronenaktivität durch deszendierende Einflüsse, die vom Hirnstamm ausgehen. Diese Einflüsse wollen wir mittels elektrophysiologischer, molekularbiologischer, optogenetischer und verhaltensbiologischer Untersuchungen am Tier erforschen.

Mitglieder

Wissenschaftliche Mitarbeiter/Post-Docs

Dr. med. Panoraia Baka
Dr. phil. Violeta Dimova
Dr. rer. nat. Silke Hirsch

Dr. med. Livia Lang

Ausgewählte Publikationen

1: Hirsch S, Kalpachidou T, Schlereth T, Kress M, Birklein F. Transgenic mice with a global depletion of toll-like receptor type 4 are largely protected from peripheral and central posttraumatic neuroinflammation. J Pain. 2025 Apr;29:105340. doi: 10.1016/j.jpain.2025.105340. Epub 2025 Feb 15. PMID:39961499.

2: Baka P, Segelcke D, Birklein F, Pogatzki-Zahn EM, Bigalke S, Süer A, Dugas M,Steenken L, Sommer C, Papagianni A. Phenotyping peripheral neuropathies with and without pruritus: a cross-sectional multicenter study. Pain. 2024 Dec 1;165(12):2840-2850. doi: 10.1097/j.pain.0000000000003300. Epub 2024 Jun 28. PMID: 38968397; PMCID: PMC11562756.

 

3: Hirsch SJ, Budig A, Husam S, Birklein F. Aged females unilaterally hypersensitize, lack descending inhibition, and overexpress alpha1D adrenergic receptors in a murine posttraumatic chronic pain model. Pain. 2024 Sep 1;165(9):1966-1977. doi: 10.1097/j.pain.0000000000003197. Epub 2024 Feb 27. PMID: 38408277.

4: Baka P, Steenken L, Escolano-Lozano F, Steffen F, Papagianni A, Sommer C, Pogatzki-Zahn E, Hirsch S, Protopapa M, Bittner S, Birklein F. Studying serum neurofilament light chain levels as a potential new biomarker for small fiber neuropathy. Eur J Neurol. 2024 Apr;31(4):e16192. doi: 10.1111/ene.16192. Epub 2024 Jan 8. PMID: 38189534; PMCID: PMC11235889.

 

5: Dimova V, Welte-Jzyk C, Kronfeld A, Korczynski O, Baier B, Koirala N, Steenken L, Kollmann B, Tüscher O, Brockmann MA, Birklein F, Muthuraman M. Brain Steenken L, Kollmann B, Tüscher O, Brockmann MA, Birklein F, Muthuraman M. Brain ischemic stroke. Neuroimage Clin. 2024;41:103558. doi: 10.1016/j.nicl.2023.103558. Epub 2023 Dec 19. PMID: 38142520; PMCID: PMC10788522.

6: Floegel M, Steinmetz S, Dimova V, Kell CA, Birklein F. Aberrant sensorimotor coupling and movement planning in complex regional pain syndrome. Pain. 2023 May 1;164(5):1067-1077. doi: 10.1097/j.pain.0000000000002805. Epub 2022 Oct 17. PMID: 36251980.
7: Escolano-Lozano F, Buehling-Schindowski F, Krämer HH, Birklein F, Geber C. Painful Diabetic Neuropathy: Myofascial Pain Makes the Difference. Diabetes Care. 2022 Oct 1;45(10):e139-e140. doi: 10.2337/dc22-1023. PMID: 36040249.

 

8: König S, Engl C, Bayer M, Escolano-Lozano F, Rittner H, Rebhorn C, Birklein F. Substance P Serum Degradation in Complex Regional Pain Syndrome - Another Piece of the Puzzle? J Pain. 2022 Mar;23(3):501-507. doi: 10.1016/j.jpain.2021.10.005. Epub 2021 Oct 20. PMID: 34678467.

9: Dimova V, Herrnberger MS, Escolano-Lozano F, Rittner HL, Vlckova E, Sommer C, Maihöfner C, Birklein F. Clinical phenotypes and classification algorithm for complex regional pain syndrome. Neurology. 2020 Jan 28;94(4):e357-e367. doi: 10.1212/WNL.0000000000008736. Epub 2019 Dec 24. PMID: 31874923.

 

 

 

 

10: Dietz C, Müller M, Reinhold AK, Karch L, Schwab B, Forer L, Vlckova E, Brede EM, Jakubietz R, Üçeyler N, Meffert R, Bednarik J, Kress M, Sommer C, Dimova V, Birklein F, Rittner HL. What is normal trauma healing and what is complex regional pain syndrome I? An analysis of clinical and experimental biomarkers. Pain. 2019 Oct;160(10):2278-2289. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001617. PMID: 31095096.

 

 

Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft
Alnylam
 

Curriculum Vitae (PDF 123,4 KB)
Arbeitsgruppe
Schmerz - Autonomes NS

Gruppenleitung
Prof. Dr. Frank Birklein
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Tel: 06131 17-3270
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