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Schmerz Autonomes NS

Wissenschaftliche Projekte

Transkriptomische Muster der dermalen Schwann-Zell-Reaktivität bei neuropathischem Juckreiz und Schmerz

Während der ersten Förderung rekrutierten wir 245 Patienten mit PNP unterschiedlicher Ätiologie, von denen 24 unter Juckreiz und 58 unter Juckreiz + Schmerzen litten. Hautbiopsien zeigten eine deutliche Verästelung der intraepidermalen C-Fasern bei PNP mit Juckreiz, elektrische C-Faser-Stimulation definierte eine PNP Untergruppe mit hohen Schmerzratings.

Nur in der Patientengruppe mit Juckreiz ergab RNA-Sequenzierung und qPCR eine hohe dermale Expression von IFI44L („Interferon Induced Protein 44 Like“). Neben der Machbarkeit der Anfärbung subepidermaler Schwann-Zellen in Beziehung zu ihren Axonen zeigten wir, dass sich Einzelzellkern-RNA-Sequenzierung (snRNA-seq) aus humanem Gewebe zur Identifizierung von Schwann-Zell-Subtypen eignet. Das IFI44L wird durch die microRNA let-7d reprimiert, die bei Schmerzpatienten in der Haut in hoher Konzentration vorhanden ist. let-7 wiederum unterdrückt die Netrinexpression. Weil Mitglieder der let-7-Familie in Schwann-Zellen stark exprimiert werden, stellten wir die Hypothese auf, dass dieser let-7-IFI44L-Netrin-Signalweg wichtig für Entstehung von Juckreiz und Schmerzen bei PNP ist. Um diese Hypothese zu testen, werden wir die Schwann-Zell-Morphologie und Proteinexpression bei neuropathischem Juckreiz und Schmerz untersuchen.

PNP-Patienten werden hierfür wieder prospektiv rekrutiert und detailliert charakterisiert. Zum Vergleich werden wir Patienten mit brachioradialem Pruritus und Hautproben von Psoriasispatienten  untersuchen. Homogene Gruppen von PNP-Patienten mit Juckreiz, Schmerz und hoher Schmerzempfindlichkeit bei C-Faser-Stimulation werden identifiziert und für weitergehende zelltypspezifische Transkriptomuntersuchungen charakterisiert. Auf der Basis von Oligonukleotid-konjugierten Antikörpern werden wir ein neuartiges multiplex-snRNA-seq-Verfahren entwickeln, mit der die zelltypspezifische Genexpression dieser Kohorten analysiert werden kann. Mithilfe nachfolgender bioinformatischer Methoden werden wir die subtypspezifischen Transkriptomprofile von homöostatischen und reaktiven Schwann-Zellen dekodieren. Eine multiplex RNA-in-situ-Kartierung wird dann als zusätzliche Methode verwendet, um die Reaktivität spezifischer Schwann-Zellsubtypen räumlich zu erfassen und dermalen Gewebestrukturen zuzuordnen.

In der Zusammenschau wird es uns möglich sein, zelltypspezifische molekulare Zielstrukturen und Biomarker zu definieren. Wir postulieren, dass spezifische Schwann-Zell-Merkmale mit dem Grad der Nervenfaserpathologie korrelieren, Patienten mit neuropathischem Juckreiz und Schmerz charakterisieren und zukünftig therapeutisch nutzbar sein werden.

Sensorische und autonome Funktion nach akutem Schlaganfall

Ein akuter Schlaganfall kann Veränderungen in der Wahrnehmung von Kälte und Wärme, Parästhesien, Taubheit und Schmerz auslösen. Auch Beeinträchtigungen der Herzfrequenzvariabilität, der Vasokonstriktion und des Schwitzens werden verzeichnet. Unser Forschungsvorhaben ermöglicht, neben einer qualitativen und quantitativen Charakterisierung der sensorischen und autonomen Dysfunktionen, die Identifikation der verantwortlichen Gehirnregionen und funktionellen neuronalen Netzwerke über bildgebende Verfahren.

Mechanismen neuopathischen Juckens

Der chronische Juckreiz (Pruritus) ist wie der chronische Schmerz ein häufiges Symptom von Patienten mit Polyneuropathien. Beide Symptome können durch eine Läsion oder Funktionsstörung der intraepidermalen Nervenfasern ausgelöst werden. Obwohl die Pathomechanismen neuropathischer Schmerzen in den letzten Jahren intensiv erforscht wurden, gibt es wenige Daten zu den Pathomechanismen vom neuropathischen Juckreiz. Die klinischen und neurophysiologischen Merkmale der Patienten mit Juckreiz sowie die zugrundeliegenden molekularbiologischen Mechanismen werden von unserer Arbeitsgruppe im Rahmen des transnationalen Forschungsprojekts „PruSearch“ untersucht.

Charakteristika der TTR-FAP

Unter den Begriff „Amyloidose“ fasst man unterschiedliche Erkrankungen zusammen, welche durch Ablagerung von Protein-Fibrillen gekennzeichnet werden. Diese können vererbt oder erworben sein.
Die häufigste hereditäre Amyloidose ist die Transthyretin-Amyloidose (ATTR-Amyloidose). Transthyretin (TTR) ist ein körpereigenes Eiweiß mit verschiedenen Funktionen.  Mutationen im TTR-Gen machen das Protein instabil, so dass es zur Bildung von unlöslichen Fasern („Fibrillen“) neigt, die sich dann als Amyloid in unterschiedlichen Körperorganen ablagern. Diese Ablagerungen stören die Zellfunktion und führen schließlich zum Funktionsverlust der betroffenen Organe. Bei der ATTR- Amyloidose ist primär das periphere Nervensystem betroffen, was zum Begriff „familiäre Amyloidneuropathie, (TTR-FAP)“ geführt hat.
Unbehandelt führt diese Krankheit zu progredienten Lähmungen, neuropathische Schmerzen und Sensibilitätsstörungen aber auch zu autonomen Funktionsstörungen (z.B. Synkopen). Je nach Unterform können auch kardiale, renale, urologische oder gastrointestinale Symptome auftreten.
Unsere Forschung hat als Ziel, die frühe Diagnose der TTR-FAP zu ermöglichen, sowie verlässliche Untersuchungsparameter zur Feststellung eines Voranschreitens zu identifizieren. Dies soll eine frühzeitige Behandlung und Therapieanpassung ermöglichen.
Darüber hinaus nehmen wir an die HELIOS-Studie teil, dabei wird die Wirksamkeit eines neuen Medikamenten (Vutrisiran) zur Behandlung der TTR-FAP getestet.

Pathophysiologie des CRPS

Das komplex-regionale Schmerzsyndrom entwickelt sich nach Extremitätentraumata. Unsere Forschung geht in 2 Richtungen: Zum ersten untersuchen wir mit verschiedenen molekularbiologischen und neurophysiologischen Methoden am Menschen und im Tiermodell die autoimmunen Mechanismen der posttraumatischen Entzündung bei CRPS, und zum zweiten erforschen wir die psychologischen Besonderheiten (z.B. Resilienz) bei dieser Erkrankung.

Adrenorezeptor Mechanismen der spinalen Schmerzkontrolle

Das noradrenerge System moduliert Schmerzwahrnehmungen und kontrolliert spinale Neuronenaktivität durch deszendierende Einflüsse, die vom Hirnstamm ausgehen. Diese Einflüsse wollen wir mittels elektrophysiologischer, molekularbiologischer, optogenetischer und verhaltensbiologischer Untersuchungen am Tier erforschen.

Mitglieder

Wissenschaftliche Mitarbeiter/Post-Docs
Nora Baka
Dr. Phil. Violeta Dimova
Dr. med. Fabiola Escolano Lozano
Dr. rer. nat. Claudia Welte-Jzyk
Dr. Silke Hirsch

Ausgewählte Publikationen

1: Krämer HH, Lautenschläger G, de Azevedo M, Doppler K, Schänzer A, Best C, Oertel WH, Reuter I, Sommer C, Birklein F. Reduced central sympathetic activity in Parkinson's disease. Brain Behav. 2019 Dec;9(12):e01463. doi: 10.1002/brb3.1463. Epub 2019 Nov 5. PMID: 31691543; PMCID: PMC6908869.

2: Escolano-Lozano F, Geber C, Barreiros AP, Birklein F. Follow-up in transthyretin familial amyloid polyneuropathy: Useful investigations. J Neurol Sci. 2020 Jun 15;413:116776. doi: 10.1016/j.jns.2020.116776. Epub 2020 Mar 18. PMID: 32203746.

3: König S, Bayer M, Dimova V, Herrnberger M, Escolano-Lozano F, Bednarik J, Vlckova E, Rittner H, Schlereth T, Birklein F. The serum protease network-one key to understand complex regional pain syndrome pathophysiology. Pain. 2019 Jun;160(6):1402-1409. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001503. PMID: 30694931.

4: Guhl C, Birklein F, Hirsch S. Sweating disorders in mice with and without nerve lesions. Eur J Pain. 2019 Apr;23(4):835-842. doi: 10.1002/ejp.1352. Epub 2019 Jan 14. PMID: 30582875.

5: Birklein F, Ibrahim A, Schlereth T, Kingery WS. The Rodent Tibia Fracture Model: A Critical Review and Comparison With the Complex Regional Pain Syndrome Literature. J Pain. 2018 Oct;19(10):1102.e1-1102.e19. doi: 10.1016/j.jpain.2018.03.018. Epub 2018 Apr 21. PMID: 29684510; PMCID: PMC6163066.

6: Birklein F, Ajit SK, Goebel A, Perez RSGM, Sommer C. Complex regional pain syndrome - phenotypic characteristics and potential biomarkers. Nat Rev Neurol. 2018 May;14(5):272-284. doi: 10.1038/nrneurol.2018.20. Epub 2018 Mar 16. PMID: 29545626; PMCID: PMC6534418.

7: Wittayer M, Dimova V, Birklein F, Schlereth T. Correlates and importance of neglect-like symptoms in complex regional pain syndrome. Pain. 2018 May;159(5):978-986. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001173. PMID: 29419655.

8: Sommer C, Geber C, Young P, Forst R, Birklein F, Schoser B. Polyneuropathies. Dtsch Arztebl Int. 2018 Feb 9;115(6):83-90. doi: 10.3238/arztebl.2018.083. PMID: 29478436; PMCID: PMC5832891.

9: Dimova V, Herrnberger MS, Escolano-Lozano F, Rittner HL, Vlckova E, Sommer C, Maihöfner C, Birklein F. Clinical phenotypes and classification algorithm for complex regional pain syndrome. Neurology. 2020 Jan 28;94(4):e357-e367. doi: 10.1212/WNL.0000000000008736. Epub 2019 Dec 24. PMID: 31874923.

10: Dietz C, Müller M, Reinhold AK, Karch L, Schwab B, Forer L, Vlckova E, Brede EM, Jakubietz R, Üçeyler N, Meffert R, Bednarik J, Kress M, Sommer C, Dimova V, Birklein F, Rittner HL. What is normal trauma healing and what is complex regional pain syndrome I? An analysis of clinical and experimental biomarkers. Pain. 2019 Oct;160(10):2278-2289. doi: 10.1097/j.pain.0000000000001617. PMID: 31095096.

Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft
Alnylam
Berufsgenossenschaft für das Gesundheitswesen, Mainz


FB

Curriculum Vitae (Pdf , 123,4 KB)

Arbeitsgruppe
Schmerz - Autonomes NS

Gruppenleitung
Prof. Dr. Frank Birklein
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Tel: 06131 17-3270

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