Wir möchten verstehen, wie wir lernen und vergessen, wie wir Ängstlichkeit und Stress erfolgreich bewältigen können („Stress-Resilienz“), warum chronischer Stress unser Verhalten stark verändern kann (z.B. bezüglich Gedächtnis, Sozialverhalten, Schmerzempfindung, Essverhalten, Energiestoffwechsel). Diese Verhaltensweisen werden wesentlich durch das Gehirn gesteuert, aber auch durch neuronale und hormonelle Interaktionen zwischen Gehirn und peripheren Organen. Verhaltensweisen können auch während der Entwicklung des Nervensystems oder durch metabolische Prozesse geprägt werden. Unter pathophysiologischen Zuständen werden Veränderungen des Verhaltens und von zellulären Prozessen beobachtet. Diese Veränderungen können unter Umständen zu psychiatrischen oder neurologischen Erkrankungen führen. Das vertiefte Verständnis dieser neurobiologischen Prozesse soll helfen, solche Erkrankungen besser zu therapieren, oder sogar im Ansatz verhindern zu können. Wir verwenden einen multidisziplinären Ansatz, um neue Einblicke in diese komplexen Vorgänge des Verhaltens zu erlangen, und schließen genetische, pharmakologische, biochemischen, molekularbiologische, zellbiologische, histologische und elektrophysiologische Methoden im Modellsystem Maus ein.
Die Entdeckung von körpereigenen Bindungsproteinen (den Cannabinoid-Rezeptoren) für das aus Cannabis sativa stammende Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) ermöglichte die Identifizierung von körpereigenen Cannabinoiden (Endocannabinoiden). Die Endocannabinoide sind fettartige Stoffe, welche im Körper die Kommunikation zwischen Zellen und innerhalb der Zelle bewerkstelligen können. Ein zentrales Forschungsthema behandelt die verschiedenen physiologischen Funktionen dieses sogenannten Endocannabinoid-Systems. Dieses kürzlich beschriebene Regulationssystem scheint für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Körper ("Homöostase") wichtig zu sein. Ebenfalls spielt das System eine wichtige Rolle, um dem Organismus aktiv zu einer Widerstandsfähigkeit bei Stress und starker Beanspruchung zu verhelfen („Stress-Resilienz“).
Wir untersuchen dieses körpereigene Regulationssystem
Pharmakologische Manipulationen, welche die Aktivität des Endocannabinoid-Systems beeinflussen, sollen den möglichen therapeutischen Nutzen in den oben genannten Verhaltensweisen ergründen. Ebenfalls untersuchen wir, wie THC zelluläre Prozesse in der Entwicklung und im Erwachsenen verändern kann, und dadurch auf Verhaltensweisen einwirkt.
Wir untersuchen, wie die Umwelt die Verhaltensweisen beeinflussen kann. Bezüglich Angst- oder Stressbewältigung („Stress-Resilienz“), Gedächtnisbildung oder Energiemetabolismus geben genetische Programme die generellen Verhaltensreaktionen vor, welche jedoch durch die individuelle Lebensgeschichte beeinflusst werden. Hierbei spielen kovalente Veränderungen der DNA (z.B. Methylierung) und des Chromatins mit den Histonen (z.B. Acetylierungen) eine wichtige Rolle. Wir untersuchen deshalb epigenetische Veränderungen von Genen, welche Verhaltensweisen regulieren, z.B. Gene des Endocannabinoid-Systems, und von Genen, welche epigenetische Prozesse katalysieren.
Zahlreiche Signalwege im Nervensystem sind sowohl im Embryo wie auch im Erwachsenenalter aktiv, z.B. auch das Endocannabinoid-System und Neurotrophine (u.a., BDNF, brain derived neurotrophic factor). Ein Teilaspekt unserer Forschung beschäftigt sich mit der funktionellen Interaktion beider Signalsysteme während der Neubildung von Neuronen im adulten Säugerhirn. Zudem führen wir Transplantationen mit embryonal derivierten Stammzellen durch, um bei neuropsychiatrischen / neurodegenerativen Fehlfunktionen, z.B. bei Morbus Huntington, oder Rückenmarkschädigungen, therapeutische Maßnahmen zu etablieren.