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Infos zur Straßenverkehrslärm-Studie

In dieser Studie sollen die Auswirkungen der nächtlichen Lärmbelastung durch Straßenverkehrslärm auf die Gefäßfunktion u.a. mittels der flussabhängigen Vasodilatation FMD untersucht werden. Letztere dient als Risikomarker für eine Atherosklerose (Arterienverkalkung). Weiterhin werden Fragebögen zur Schlafqualität durch die ProbandInnen ausgefüllt, ausgewählte Labor-Parameter erhoben und zusätzlich Kreislaufparameter wie EKG und Blutdruck während der nächtlichen Lärmexposition aufgezeichnet. Eine Einmal-Gabe von hochdosiertem Vitamin C in Tablettenform soll Aufschluss darüber geben, ob diese die flussabhängige Vasodilatation nach Lärmexposition wieder verbessern kann.

Die Studie umfasst zunächst eine Anzahl von 70 gesunden weiblichen und männlichen TeilnehmerInnen, welche jeweils an drei Nächten unterschiedlichen Lärmszenarien ausgesetzt werden. Eine Nacht stellt hierbei die Kontrolle dar, in der es zu keiner Lärmexposition kommt. Ausgewählt werden gesunde Menschen in einem Alter zwischen 18-60 Jahren, welche keine regelmäßige Medikamenteneinnahme vorweisen.
Weiterhin ist es wichtig, dass die ProbandInnen nicht unter Schlafstörungen leiden und die Lautstärke in der Schlafumgebung zuhause per se einen bestimmten Wert nicht überschreitet.

Die Studie ist eine randomisierte, doppelt verblindete Crossover-Studie. Dies bedeutet, dass sowohl die TeilnehmerInnen als auch das Personal mit direktem Probandenkontakt nicht wissen, ob es sich um eine Lärm- oder Kontrollnacht handeln wird. Ausschließlich die TeilnehmerInnen erhalten während der Nacht Aufschluss darüber. Die Reihenfolge des Stattfindens der Lärm- bzw. Kontrollnacht wird durch einen Zufallsgenerator festgelegt.

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Die Räumlichkeiten

Die Auswertung und Erhebung eines Großteils der wissenschaftlichen Daten findet im Endothellabor der 1. Klinischen Medizin (Kardiologie) auf dem Gelände der Universitätsmedizin Mainz statt.Ausgestattet mit u.a. Blutdruckmessgeräten, Material zur Blutabnahme und einem Ultraschallgerät mit speziellem Aufbau zur spezifischen Erhebung der für die Studie relevanten Daten, werden hier die ProbandInnen von den Wissenschaftlichen MitarbeiterInnen einbestellt, instruiert und untersucht. 
Außerdem erfolgt vor Ort die Sicherung, Bearbeitung und Analyse der erhobenen Gesundheitsdaten und die vorrübergehende Lagerung der Blutproben.

Ablauf und Methoden

Zu Beginn des Untersuchungszeitraumes wird zunächst ein Screening-Termin vereinbart, um grundlegende (u.a. körperliche) Daten zu erheben. Des Weiteren sind verschiedene Fragebögen auszufüllen. Im Folgenden absolvieren die ProbandInnen drei Testnächte, in denen ein unterschiedliche Anzahl an Straßenverkehrslärm-Ereignissen simuliert werden. Eine Nacht ohne Lärm, eine mit 30 und eine mit 60 Ereignissen, wobei je eine maximale Lautstärke von ca. 60 dB SPL erreicht werden kann. Die Reihenfolge ist zufällig und weder der/die ProbandIn noch die Prüfungsleiter wissen, welche Nacht bevorsteht.

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Der Lärm wird durch ein Audioabspielgerät simuliert, welches der/die ProbandIn am Vortag im Endothellabor auf dem Gelände der Universitätsmedizin abholt. Um einheitliche Bedingungen zu schaffen, wird die Lautstärke durch ein dB-Aufnahmegerät in der Nacht dokumentiert.

Zusätzlich zu den Audiogeräten, werden die ProbandInnen am Vortag während der Übergabe mit der „SOMNO-Touch-NIBD“ ausgestattet. Diese ist in der Lage, diverse Vitalparameter über die Nacht aufzuzeichnen. Durch Anbringung von Brustelektroden wird im Verlauf ein kontinuierliches EKG abgeleitet und aufgezeichnet. Des Weiteren können unter anderem verschiedene Parameter wie Herzfrequenz und Blutdruck dokumentiert werden.

Die ProbandInnen erscheinen anschließend morgens nach vorheriger Terminvereinbarung im Labor zur Visite. Dort erfolgt zunächst die Messung der Flow-mediated dilatition (FMD %) der Oberarmarterie, eine Blutdruckmessung und eine anschließende Blutentnahme.

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Ein Teil der Proben wird zusätzlich bei -80°C für spätere Analysen konserviert.
Die FMD-Messung wird anschließend zwei Stunden nach der Einnahme von zwei Gramm Vitamin C oder Placebo wiederholt. Die Einnahme erfolgt unmittelbar im Anschluss an die morgendliche Visite.

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Fragebögen

Im Verlaufe der Studie werden verschiedene Fragebögen erhoben. Jeweils ein Fragebogen zur Selbsteinschätzung des Tag-Nacht-Rhythmus, zu persönlichen Erfahrungen mit Straßenverkehrslärm, der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) zur subjektiven Erfassung der persönlichen Schlafqualität, zur Leistungsfähigkeit nach stattgehabter Lärmexposition (NoiseQ) und der Berliner Fragebogen zu allgemeinen Informationen über das individuelle Schlafverhalten.

Vitalparameter

Mit Hilfe der SOMNO-Watch-NIBP ist es uns möglich, über die Nacht hinweg sowohl ein Blutdruckprofil zu erstellen (ähnlich einer 24-Stunden-Blutdruckmessung im Rahmen eines Screenings bspw. beim Hausarzt), als auch mittels EKG-Elektroden diverse Vitalparameter über die Versuchsnacht hinweg zu erheben. Exemplarisch sind im Folgenden einige Werte aufgeführt:


Ziel der Studie

Die Straßenverkehrslärm-Studie untersucht die Auswirkungen von nächtlichem Verkehrslärm auf Herz- und Kreislauffunktion. Insbesondere Veränderungen in der Funktion von Blutgefäßen sollen erforscht werden. 
Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass Flug- und Bahnlärm mit höherem Blutdruck und Herzfrequenz verbunden sind. Über Auswirkungen von Straßenverkehrslärm auf Gefäße ist bisher noch wenig bekannt.
Um die gesundheitlichen Folgen der Lärmeinwirkung auf den Menschen in der heutigen Zeit einschätzen zu können und Hinweise darauf zu erhalten, welche Faktoren das Ausmaß einer möglichen Schädigung bestimmen, sind weitere Untersuchungen notwendig. Diese Studie soll zur Beantwortung offener Fragen beitragen.

Intervention

Als Intervention zur möglicherweise beschleunigten Erholung des Körpers und insbesondere der Gefäßwände, erhielten ca. die Hälfte aller ProbandInnen im Anschluss an die Versuchsnächte und die primären Messungen ein Vitamin-C-Präparat. Die Kontrollgruppe erhielt ein Placebo zur Einnahme. 
Vitamin C oder Ascorbinsäure besitzt eine antioxidative Wirkung, welche den Körper vor sogenanntem oxidativem Stress und Entzündungen schützt. Es dient somit der Bekämpfung von freien (Sauerstoff-)Radikalen, welche durch verschiedenste Auslöser entstehen können, u.a. durch psychischen und physischen Stress. In der Natur ist es vor allem in Obst und Gemüse vorhanden (Paprika, Brokkoli, Johannisbeere u.v.m.).

Vor- & Nachteile für Studienteilnehmer

Die Untersuchung beinhaltet keine Testung von neuen Medikamenten. 
Die einzige invasive Maßnahme ist die Blutentnahme, wie sie beispielsweise auch beim Arzt erfolgt. Zu den allgemeinen Risiken einer Blutentnahme gehören: Verletzung von Gefäßen und dadurch bedingte Durchblutungsstörungen, Blutungen, Verletzung von Nerven mit Gefühls- oder Kraftverlust, Infektionen, Schmerzen und Kreislaufreaktionen auf die Entnahme.

Weitere mögliche Risiken ergeben sich durch mögliche Schlafstörungen in Folge der Straßenverkehrslärmsimulation oder der zur Überwachung eingesetzten Geräte. Die simulierten Lärmereignisse entsprechen auch in der Realität auftretenden Lärmpegeln, wie sie im Einzugsgebiet von Straßenverkehrsachsen auftreten. Die eingesetzten Geräte sind vergleichsweise klein und wenig einschränkend, können jedoch trotzdem als störend empfunden werden und dadurch den Nachtschlaf beeinträchtigen. 
Akute Risiken für erkrankte Personen durch kurzzeitige Lärmeinwirkung in der von uns eingesetzten Lautstärke sind in der Fachliteratur zwar nicht beschrieben, allerdings sind Blutdrucksteigerungen und Auslösung von Herzrhythmus- und Durchblutungsstörungen theoretisch denkbar.

Schlafstörungen bzw. Schlafentzug können bei empfindlichen Personen hervorrufen:

  • Konzentrationsstörungen mit möglicherweise schädlichen Folgen am Arbeitsplatz oder im Straßenverkehr
  • Aggravation psychischer Erkrankungen
  • Senkung der Krampfschwelle
    Langzeitfolgen sind bei der Kürze der Untersuchung nicht zu erwarten

    Die durch die Untersuchungen erlangten Erkenntnisse sollen dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung, insbesondere im Einzugsbereich von Straßenverkehrsachsen, dienen. Hiervon können eventuell auch die Versuchsteilnehmer profitieren.
    Ein direkter individueller Gesundheitsnutzen für die Studienteilnehmer ist in der Regel nicht zu erwarten. Allerdings erhält jede/r ProbandIn vollen Zugriff auf alle von uns erhobenen Gesundheitsdaten, welche unter anderem ein Blutdrucktagesprofil und die z.B. auch im CheckUp35 erhobenen Blutfettwerte beinhalten. Fallen in der Analyse mögliche Pathologien auf, wird der Patient über diese informiert, sofern er oder sie dies wünscht.

Aufwandsentschädigung

Für die Teilnahme an der Gesamtstudie erhält jede/r ProbandIn insgesamt 120 € als Aufwandsentschädigung. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus der Studie wird diese anteilig entsprechend der Anzahl der absolvierten Versuchsnächte ausgezahlt. Pro Versuchsnacht und den anschließenden Untersuchungstermin am folgenden Morgen werden 30€ angerechnet, für die Basisuntersuchung ebenfalls einmalig 30 € (früher 10€).
Der Betrag wird den Probanden auf ein Konto ihrer Wahl überwiesen. Eine Barauszahlung ist nur nach vorheriger Absprache in begründeten Ausnahmefällen möglich.

Daten- & Versicherungsschutz 

Der Schutz der privaten Untersuchungsergebnisse wird von uns sehr ernst genommen. Die Untersuchungsdaten werden getrennt von personenbezogenen Daten aufbewahrt und stehen unter Verschluss. Die elektronische Speicherung und Auswertung erfolgt in pseudonymisierter Form. Dies bedeutet, dass die Datenauswertung und -speicherung unter einer Kodierungsnummer vorgenommen werden, wir somit also weder Namen noch Kontaktdaten bei der Auswertung der Daten speichern. Im Studienzentrum wird jedoch eine Liste unter Verschluss gehalten, in welcher die Namen den Kodierungsnummern zugeordnet sind. Die Veröffentlichung von Daten erfolgt ausschließlich anonymisiert. Somit besteht keine Möglichkeit auf Rückschlüsse zu Ihrer Person anhand der Studienveröffentlichungen. Nach vollständiger wissenschaftlicher Auswertung werden die Daten den Bestimmungen entsprechend vernichtet.
Vorsorglich wurde darauf hingewiesen, dass keine Versicherung für nicht schuldhaft verursachte Schäden, die im Zusammenhang mit der Studie auftreten können, abgeschlossen wurde. Ein Versicherungsschutz besteht damit nur, wenn den Arzt oder einen anderen Mitarbeiter der Prüfstelle der Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens trifft. Zugunsten der StudienteilnehmerInnen können dabei in bestimmten Fällen Beweiserleichterungen eintreten (Bürgerliches Gesetzbuch § 630h: zur Beweislast bei Haftung für Aufklärungs- und Behandlungsfehler). Wegeunfälle sind ebenfalls nicht versichert.

Für die studienbedingten Blutentnahmen besteht Versicherungsschutz über die Unfallkasse des Landes Rheinland-Pfalz (Orensteinstr. 10, 56626 Andernach, Tel.: 02632-960-0; Fax: 02632-960-1000).

Ergebnisse der Studie

Da die Erhebung der Studiendaten Anfang Mai 2023 abgeschlossen wurde, werden die ersten Ergebnisse in den folgenden Monaten analysiert, ausgewertet und anschließend veröffentlicht.