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Innovative Therapieoptionen für Darmkrebs im Fokus

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert Krebsforschungsprojekt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Kooperation mit der Universitätsmedizin Mainz mit 1,3 Millionen Euro

Mehr als 500 Proteinkinasen (meist sogenannte Tyrosinkinasen) sorgen in Körperzellen als Schalter für die Übertragung von Wachstumssignalen. Fehlregulationen dieser Schlüsselenzyme sind für viele Krebserkrankungen verantwortlich und führen auch zur Neuanlage von Blutgefäßen (Angiogenese), Tumorzellwachstum und Metastasierung. Um einen Weg für neue wirkungsvolle Therapieoptionen bei Patienten mit Darmkrebs zu ebnen, entwickeln Prof. Dr. Markus Möhler von der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz und Prof. Dr. Gerd Dannhardt vom Institut für Pharmazie und Biochemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hoch effektive Tyrosinkinase- und Angiogenese-Hemmer auf Basis der von ihnen erforschten Wirkstoffklasse der Moguntinone (Moguntium steht für Mainz). Ziel des vom BMBF geförderten Projektes ist es, die Wirkstoffklasse Moguntinone (Aryl-heteroaryl-maleinimide) bis zur Erprobung in einer klinischen Phase I zu führen.

Gelingt es, tumorassoziierte Tyrosinkinasen potent und selektiv zu hemmen, so lässt sich auf dieser Basis das Tumorwachstum stoppen, die Bildung von Metastasen eindämmen und verhindern, dass Tumorzellen eine Resistenz gegen den programmierten Zelltod (Apoptose) entwickeln. Tyrosinkinasen stellen somit attraktive Ziele zur Entwicklung neuer Wirkstoffe im Kampf gegen den Krebs dar. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben allerdings zahlreiche von der Pharmaindustrie entwickelte Tyrosinkinase-Hemmer, die vor allem in Kombination mit Chemotherapeutika verabreicht werden, höhere Nebenwirkungen gezeigt oder versagt.

Vor diesem Hintergrund wurde seit 1999 auf Basis von drei Naturstoffen die neue Wirkstoffklasse der Moguntinone am Institut für Pharmazie und Biochemie der JGU in der Arbeitsgruppe von Prof. Dannhardt entwickelt. „Unser Ziel war es, neue hoch effiziente Tyrosinkinase- und Angiogenese-Hemmer zu entwickeln. Das ist uns mit Substanzen aus der Moguntinonklasse gelungen. Bei diesen Moguntinonen ist das Wirkspektrum gegenüber bisher bekannten Substanzen signifikant erweitert. Das Risiko von Resistenzentwicklungen kann damit verringert werden“, betont Prof. Dannhardt. Untersuchungen zur pharmakologischen Charakterisierung der Wirkstoffe führt das Institut für Pharmazie und Biochemie der JGU seit 2006 in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Professor Möhler der Universitätsmedizin Mainz durch. Gefördert wurden diese Forschungsarbeiten durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation in den Jahren 2009-2012.

„Besonders viel versprechend ist zudem, dass die Moguntinone für die Kombinationstherapie großes klinisches Potential haben. Tatsächlich zeigen sie in Kombination mit Chemotherapeutika deutliche Synergieeffekte, was die Wirkung anbetrifft“, unterstreicht Prof. Möhler, der gemeinsam mit Prof. Dannhardt die neue Wirkstoffklasse der Aryl-heteroaryl-maleinimide (sogenannte Moguntinone) für die Anwendung in der Klinik vollständig charakterisieren möchte.

Ob sich Zytostatika mit Tyrosinkinase-Hemmern kombinieren lassen, ist unter klinischen Gesichtspunkten entscheidend. Denn die Kombinationseffekte bewirken bei metastasierten Krebserkrankungen verminderte Resistenzentwicklungen, verbesserte Ansprechraten und eine höhere Lebenserwartung der Patienten. Zudem ermöglichen Moguntinone eine Therapie mit erweitertem Wirkspektrum. „Aus der aktiven Muttersubstanz entstehen bei der Verstoffwechslung mehrere pharmakologisch aktive Zwischenprodukte – sogenannte Metaboliten – mit unterschiedlichen Potenz- und Selektivitätsprofilen. Die Metaboliten der Moguntinone sind – aufgrund der unterschiedlichen Selektivität – in der Lage, verschiedene Angriffspunkte in den Signalwegen von Tumoren zu adressieren“, sagt Prof. Dannhardt.

Proteinkinasen gelten als die bedeutendsten Ziele der Wirkstoffentwicklung des 21. Jahrhunderts. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es allerdings nur siebzehn Tyrosinkinase-Hemmer für Tumorerkrankungen (davon nur einer mit Zulassung für die Therapie metastasierter Dickdarmkarzinome), obwohl Proteinkinasen 22 Prozent aller mit Medikamenten beeinflussbaren Gene ausmachen. Daraus resultiert, dass Tyrosinkinase-Hemmer im Kampf gegen den Krebs eine Schlüsselrolle einnehmen. „Nach unserer Einschätzung bringen Tyrosinkinase-Hemmer, die auf Wirkstoffen der Moguntinone basieren, ideale Voraussetzungen mit, um in der zukünftigen Krebstherapie bei gastrointestinalen Karzinomen eine bedeutende Rolle zu spielen“, so Prof. Möhler.

„Mit dem erfolgreich beim Bundesministerium für Bildung und Forschung eingeworbenen Krebsforschungsprojekt bestätigt sich einmal mehr die hervorragende interdisziplinäre Kooperation der verschiedenen Institute und Kliniken unserer Universität“, betont der Vizepräsident für Forschung, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hofmeister.

„Dieses Forschungsprojekt hat im Hinblick auf die gewonnenen Forschungserkenntnisse das Potential, in eine Ausgründung aus der Universität heraus zu münden“, sagt der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann.

Das Ziel des vom BMBF-geförderten Forschungsprojekts ist jetzt die in vitro- als auch in vivo-Validierung der zum Patent angemeldeten Moguntinone als Voraussetzung für eine Erprobung in einer klinischen Phase-1 Studie. Dabei werden Verträglichkeit und Wirkweise des Wirkstoffs im menschlichen Körper getestet.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Markus Möhler
I. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz
Tel.: 06131 17 6076
Email:  moehler@uni-mainz.de

 

Prof. Dr. Gerd Dannhardt
Institut für Pharmazie und Biochemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
Tel.:06131 392 5714
Email:  dannhardt@uni-mainz.de

 

Pressekontakt

Oliver Kreft
Stabsstelle Kommunikation und Presse Universitätsmedizin Mainz
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Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de