Lebertransplantation – Verfahren und Technik

Nach den ersten Lebertransplantationen am Menschen in den 60er Jahren wurde die Technik der Lebertransplantation ständig weiterentwickelt. Die aktuell zum Einsatz kommenden Verfahren sollen im Folgenden überblickend dargestellt werden.

Lebertransplantation mit einem Vollorgan
(verstorbener Spender)

Die orthotope Lebertransplantation mit einem postmortal gespendeten Vollorgan ist die ursprüngliche Transplantationstechnik, wie sie von Dr. Tom E. Starzl in den USA zum ersten Mal beschrieben und durchgeführt wurde, und stellt nach wie vor die häufigste Transplantationstechnik in Deutschland und auch weltweit dar.

Nach Abschluss der Hirntoddiagnostik und Feststellung des irreversiblen Ausfalls der Gesamthirnfunktion sowie nach Überprüfung der Eignung und Zustimmung des Organspenders bzw. seiner Familie wird im Rahmen der Organentnahme die Leber (neben eventuell anderen Organen) explantiert und zum Transplantationszentrum des von EUROTRANSPLANT ausgewählten Empfängers transportiert.

Bei der Transplantation des leberkranken Empfängers werden in einem ersten Schritt die erkrankte Leber aus dem rechten Oberbauch entfernt (Hepatektomie) und die Blutgefäße und der Gallengang für den Anschluss der neuen Leber vorbereitet.

Bei der Entfernung der Leber wird, wie in der ursprünglichen, von Starzl beschriebenen „konventionellen Technik“, die eng mit der erkrankten Leber verbundene untere Hohlvene mitentfernt. Bis zur Einpflanzung des neuen Organs (mit einer entsprechenden neuen Hohlvene) kann zur Umleitung des Blutes der unteren Hohlvene ein maschineller Blutbypass angelegt werden.

In einem zweiten Schritt wird die neue Leber aus der Eiskühlung genommen und an die Stelle der entnommenen kranken Leber verpflanzt. Hierzu müssen die entsprechenden die Leber versorgenden Blutgefäße (Arterie, Pfortader, Vene) sowie der Gallengang miteinander verbunden werden.

Alternativ kann bei der Hepatektomie die untere Hohlvene erhalten werden. Hierzu muss die erkrankte Leber sorgfältig von der Hohlvene abpräpariert werden. Das Transplantat mit eigener Hohlvene wird dann in einer sogenannten „Huckepack-Technik“ („piggy-back-Technik“) mit der Hohlvene des Empfängers verbunden. Die Erhaltung der Hohlvene ist technisch meistens schwieriger, aufgrund des erhaltenen Blutflusses für den Empfänger aber weniger kreislaufbelastend. Ob die Transplantation in konventioneller oder in piggy-back-Technik durchgeführt wird, muss für jeden Patienten individuell entschieden werden.   

Die Lebertransplantation mit einem Vollorgan von einem verstorbenen Spender bietet einige Vorteile. Da es sich um ein komplettes Organ mit vollständig erhaltenen Blutgefäßen und Gallengang handelt, ist das Transplantat ausreichend groß und die Implantation technisch einfacher als bei einem Teilorgan. Als nachteilig sind, unter anderem angesichts der immer älter werdenden Organspender, die manchmal beeinträchtige Organqualität anzusprechen sowie die sogenannte kalte Ischämiezeit, in der das Organ (unter Kühlung und ohne Durchblutung = kalte Ischämie) über mitunter weite Strecken vom Entnahmekrankenhaus zum Transplantationszentrum transportiert werden muss.

Split-Lebertransplantation

Die Split-Lebertransplantation wurde 1988 von Rudolf Pichlmayr an der Medizinischen Hochschule Hannover entwickelt. Beim „Splitting“ wird eine Spenderleber eines verstorbenen Spenders so geteilt, dass mit jedem Leberteil jeweils ein Empfänger transplantiert werden kann. In der Regel wird ein Teil des linken Leberlappens (sog. „linkslateraler Split“) zur Transplantation eines Kleinkindes und der übrig bleibende erweiterte rechte Leberlappen zur Versorgung eines erwachsenen Empfängers verwendet. In seltenen Fällen kann die Leber auch in ihrer anatomischen Mitte geteilt (sog. „true split“) und mit beiden Leberlappen zwei jugendliche oder körperlich kleinere erwachsene Patienten transplantiert werden.

Technisch kann die Leberteilung vor der Entnahme des Organs noch im Körper des verstorbenen Spenders (sog. „in-situ-Split“) oder nach Entnahme und begonnener Kühlung außerhalb des Körpers in der Eiswasserschüssel (sog. „ex-situ-Split“) vorgenommen werden.

Die Split-Lebertransplantation bietet den offensichtlichen Vorteil der Transplantation von zwei Empfängern mit einer Spenderleber. Für ein Splitting kommen jedoch nur Organe von guter Organqualität in Betracht. Da jeder Empfänger in Abhängigkeit von seiner Körpergröße und –gewicht mit einer gewissen Leber-Mindestmenge versorgt werden muss, ist für den Erfolg der Split-Transplantation eine sorgfältige Auswahl des Empfängers passend zur Größe der Teilleber besonders wichtig. Da die Haupt-Blutgefäße und -gallengang der Leber einfach angelegt sind und bei der Teilung nur bei einer Seite bleiben können, erfordert die Implantation des Leberteils ohne die entsprechenden Hauptgefäße eine besondere chirurgische Expertise.

Leberlebendspende

Bei der Leberlebendspende wird einem leberkranken Patienten ein Leberteil transplantiert, der zuvor einem lebenden Spender entnommen wurde. Um dem beginnenden Organmangel besonders im Bereich der Kindertransplantation Abhilfe zu schaffen, wurde die Leberlebendspende Ende der 80er Jahre entwickelt. Die ersten Berichte über Leberlebendspenden zur Transplantation von Patienten im Kindesalter stammen von Silvano Raia in Brasilien, Russel Strong in Australien und Christoph Broelsch in den USA, die ersten Lebendspenden erwachsener Empfänger wurden von Yasuhiko Hashikura in Japan und Chung-Mau Lo in Hong Kong durchgeführt. Die Lebendspende hat im südostasiatischen Raum eine besondere Bedeutung und macht dort mehr als 90% aller Transplantationen aus, da die Organspende von verstorbenen Spendern aus kulturellen Gründen kaum vorkommt.

Zur Transplantation eines Kindes wird einem erwachsenen Spender ein Teil des linken Leberlappens entnommen. Für die Transplantation eines erwachsenen Patienten ist ein größeres Transplantat erforderlich, entweder der rechte oder der linke Leberlappen. Wie schon im Abschnitt „Split-Lebertransplantation“ erwähnt, ist für den Erfolg einer Transplantation mit einer Teilleber eine besonders sorgfältige Auswahl von Spender und Empfänger unablässig.

Die Lebendspende eröffnet einem leberkranken Patienten die Chance auf eine zeitnahe Transplantation, um den Preis einer nicht risikolosen Operation eines Gesunden. Im Gegensatz zur Transplantation von Organen verstorbener Spender, die immer Notfalleingriffe darstellen, ist die Lebendspende mit beiden Operationen zeitlich planbar. Spender und Empfänger können optimal auf die Operation vorbereitet werden. Da Entnahme und Transplantation meistens parallel oder unmittelbar hinter einander durchgeführt werden, ist die genannte kalte Ischämie-Zeit sehr kurz. Als Transplantation eines Leberteils birgt die Lebendspende die gleichen technischen Risiken, die bereits im Abschnitt „Split-Lebertransplantation“ angesprochen wurden. Bei entsprechender Auswahl der Spender kann jedoch eine hervorragende Qualität des Transplantates sichergestellt werden.

In Deutschland sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Lebendspende im Paragraf 8 des Transplantationsgesetzes festgeschrieben.