Medikamente und Immunsuppression
Das Immunsystem des Empfängers erkennt anhand von bestimmten Eiweißmolekülen auf der Oberfläche der Zellen der neuen Nieren, dass es sich um ein „fremdes" Organ handelt. Dies führt zu einer gesteigerten Aktivität des Empfänger-Immunsystems und einer entsprechenden Entzündungsreaktion in der Transplantatniere (sog. Abstoßungsreaktion). Um diese Abstoßungsreaktion zu verhindern, müssen transplantierte Patienten eine immunsuppressive Medikation (Immunsuppression) einnehmen.
Der langfristige Erfolg einer Transplantation hängt entscheidend von der dauerhaften und gewissenhaften Einnahme dieser Medikamente ab. Insbesondere sollten die Medikamente immer zum festgelegten Zeitpunkt eingenommen werden. Immunsuppressiva dürfen niemals eigenständig abgesetzt, deren Dosierung verändert oder „Ersatzpräparate" mit einem anderen Namen eingenommen werden. Diese Entscheidung trifft der betreuender Nephro-loge oder das Transplantationszentrum gemeinsam mit den Patienten.
Verschiedene Medikamente kommen zur Hemmung der Aktivität des Immunsystems in Frage. Hierbei kommt es darauf an, dass so viele Medikamente einsetzt werden, dass die transplantierte Niere nicht abgestoßen wird und auf der anderen Seite keine unerwünschten Wirkungen, wie z.B. Infektionen, auftreten.
Seit langer Zeit wird das Medikament Methylprednisolon (Kortison) eingesetzt. Seine Wir-kung ist gut erforscht. Es hat sich in der Therapie nach Nierentransplantation hervorragend bewährt. Nach einer anfänglich höheren Dosierung wird es im Laufe der Zeit in abnehmender Dosierung eingesetzt. Zu Beginn der Therapie können unerwünschte Wirkungen wie z.B. Gewichtschwankungen durch gesteigerten Appetit oder Blutzuckerschwankungen auftreten. Das Medikament muss täglich am Morgen um 8.00 Uhr eingenommen werden.
Die zweite Säule der Therapie besteht aus Ciclosporin oder Tacrolimus. Diese Medikamente verringern zusätzlich die Gefahr einer Abstoßungsreaktion. Sie werden zweimal täglich morgens und abends um 8.00 Uhr und 20.00 Uhr eingenommen (Ausnahme: Tacrolimuspräparate mit einer Einmaldosierung). Die Dosis richtet sich nach der aktuellen Konzentration des Medikaments im Blut („Ciclosporin-Spiegel oder Tacrolimus-Spiegel"). An unerwünschten Wirkungen können neben erhöhter Infektanfälligkeit ein Händezittern, eine Zunahme der Körperbehaarung oder ein Anschwellen des Zahnfleisches beobachtet werden.
Die dritte Säule der Immunsuppression bildet das Medikament Mycophenolatmofetil bzw. Mycophenolat-Natrium. Diese müssen ebenfalls regelmäßig zweimal täglich um 8.00 Uhr und um 20.00 Uhr eingenommen werden. Als unerwünschte Wirkungen können Magen-Darmprobleme (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) bzw. eine erhöhte Infektanfälligkeit auftre-ten. Des Weiteren können moderne Antikörper wie Basiliximab (Simulect®) eingesetzt wer-den. Als Nebenwirkungen treten selten allergische Reaktionen auf.
Wenn unerwünschte Wirkungen auftreten, sollten Sie Ihren behandelnden Nephrologen oder uns im Transplantationszentrum in jedem Fall informieren. Durch eine Umstellung der Medikamente lassen sich in der Regel die unerwünschten Wirkungen vermeiden. Allgemein gilt, dass die immunsuppressiven Medikamente unverändert solange weiter eingenommen werden müssen, bis mit dem behandelnden Nephrologen oder dem Transplantationszentrum Rücksprache genommen wurde.
Vorsicht ist bei der gegenseitigen Beeinflussung (Interaktion) von immunsuppressiven Medi-kamenten geboten. Johanniskraut vermindert z.B. die Wirkung von Tacrolimus und Cyclosporin während Grapefruitsaft und bestimmte Antibiotika deren Wirkung verstärkt. Bei der Verschreibung von neuen Medikamenten oder homöopathischen Präparaten sollten Patien-ten unbedingt mit ihrem Nephrologen oder dem Transplantationszentrum sprechen, bevor sie diese Substanzen einnehmen.
Empfehlungen zur Medikamenteneinnahme
- Folgen Sie dem Medikamentenplan Ihres Nephrologen/Transplantationszentrums
- Regelmäßige Einnahme der Medikamente zur gleichen Zeit (mit Wasser)
- Einhaltung der Dosis – auch, wenn Sie sich besser oder schlechter fühlen
- Information des Nephrologen/Transplantationszentrums, wenn die Dosierung fehlerhaft war oder wenn mehr als einmal die Medikamenteneinnahme vergessen wurde. Bei einmaligem Vergessen, den normalen Rhythmus fortsetzen – bitte nicht die Dosis verdoppeln!
- Keine Einnahme zusätzlicher Medikamente (inkl. pflanzlicher Präparate und homöopathischer Mittel) die nicht von Ihrem Nephrologen/Transplantationszentrum verschrieben wurden.
- Gefahr von komplexen Wechselwirkungen der verordneten Medikamente aber auch Nahrungsmitteln mit den immunsuppressiven Medikamenten (z.B. vermindert Johanniskraut die Wirkung von Cyclosporin/Tacrolimus (Gefahr von Abstoßungen), Grapefruitsaft verstärkt die Wirkung von Cyclosporin/Tacrolimus (Gefahr von toxischen Wirkungen)).
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus
Sobald die Medikamente gut eingestellt sind und keine weiteren Komplikationen auftreten, können die Patienten nach Hause entlassen werden.
In dieser Zeit steht an erster Stelle, Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit wieder zu erlernen.
Es erfolgt während der ersten drei Monate zweimal pro Woche eine ambulante Kontrolle in der nephrologischen Transplantationsambulanz. Hier werden Blut-, Ultraschall- und ggf. Röntgenuntersuchungen durchgeführt. Wenn die Transplantatfunktion stabil ist und keine Komplikationen auftreten, verlängern sich die Abstände zwischen den Kontrollen immer weiter. Wichtige Urin- und Laborparameter werden ca. alle 4 bis 6 Wochen bestimmt, wobei dies in der Regel beim niedergelassenen Nephrologen erfolgt.
Nach dem ersten Jahr erfolgen weitere Verlaufskontrollen alle 6 bis 12 Monate im Transplantationszentrum. Häufigere Verlaufskontrollen werden beim niedergelassenen Nephrologen durchgeführt.