Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Mechanismen der Resistenz gegen Strahlentherapie bzw. Kombinationen von Strahlentherapie mit Chemo- und Immuntherapie, die durch das Mikromilieu solider Tumoren vermittelt werden.
Solide Tumoren sind komplexe Gewebe, die ebenso wie die korrespondierenden Normalgewebe aus einer Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen zusammengesetzt sind. Sie unterscheiden sich jedoch von den Normalgeweben durch einen Zustand der pathologischen Entdifferenzierung, der mit einem Funktionsverlust einhergeht und sich insbesondere in einem unkontrollierten, lokal und systemisch destruktiven Wachstum äußert. Hinter diesem Phänotyp steht das fraktale Prinzip einer Übertragung der mutationsbedingten Funktionsverluste von der Ebene der einzelnen maligne transformierten Zellen auf die Ebene der Interaktion mit den supportiven Zelltypen des Tumorstromas. Das Ergebnis ist eine perpetuierte Mangelsituation, in der das Angebot an Sauerstoff, Glukose und anderen Nährstoffen stets hinter der erhöhten Nachfrage des pathologisch veränderten Gewebes zurückbleibt. Diese Situation ist für das Wachstum solider maligner Tumoren charakteristisch und in der Tat so einzigartig, dass man explizit vom „Tumormikromilieu“ spricht. Die intratumorale Mangelsituation bringt einerseits eine Limitierung des Tumorwachstums mit sich, kann andererseits aber auch über die Erzeugung einer Tumorhypoxie direkt zur Strahlenresistenz beitragen und zu Anpassungsreaktionen der Tumorzellen führen, die den malignen Phänotyp verstärken („maligne Progression“) und die Therapieresistenz erhöhen können. Diese Dualität ist als „Janusgesicht“ des Tumormikromilieus bezeichnet worden. Eine Vielzahl von experimentellen und klinischen Studien der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass die durch das Tumormikromilieu vermittelte Therapieresistenz mindestens ebenso bedeutsam für die Tumortherapie ist, wie intrinsische Resistenzmechanismen, die auf die genetische Konstitution individueller Tumoren zurückzuführen ist. Es muss zudem beachtet werden, dass Tumoren nicht nur genetisch stark heterogen sind (unterschiedliche Anteile von Tumoren enthalten unterschiedliche Subklone mit für sie charakteristischen Mutationsmustern), sondern dass eine solche Heterogenität ganz besonders auch für die individuelle Ausprägung des Tumormikromilieus in Subregionen solider Tumoren zu verzeichnen ist.
Die von der Arbeitsgruppe eingesetzten Methoden sind sowohl auf die Komplexität als auch auf die Heterogenität des Tumormikromilieus ausgerichtet. Im Vordergrund stehen einerseits immunhistochemische und Immunfloureszenz-Techniken, die grundsätzlich multiparametrisch ausgeführt werden. In Bezug auf die klassische Hellfeld-Immunhistochemie hat die Arbeitsgruppe einen innovativen Ansatz in registrierten Serienschnitten etabliert, der die Korrelation der Expressionsmuster einer Vielzahl von Antigenen ermöglichte (Multiparametrische Immunhistochemie in Registrierten Serienschnitten, MIRSS, bislang maximal 12 Antigene). In jüngerer Zeit hat die Arbeitsgruppe zudem durch methodische Innovationen die Möglichkeiten der Immunfluoreszenz an Paraffinschnitten weiterentwickelt, sodass jetzt routinemäßig frei wählbare Kombinationen multipler Antigene an einem Tumorschnitt untersucht werden können (siehe Abbildung). Alle untersuchten Präparate werden grundsätzlich als „whole slides“ digitalisiert und mit bildanalytischen und morphometrischen Methoden ausgewertet. Andererseits bedient sich die Arbeitsgruppe im Sinne eines revers translationalen Ansatzes eines breiten Spektrums von Techniken der klassischen Molekularbiologie (Zellkultur, Realtime-RT-PCR, Westernblotting, Durchflusszytometrie, ELISA) zur Verifikation oder Falsifikation von pathophysiologischen Hypothesen, die anhand von untersuchtem Patientengewebe generiert wurden.