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Akutversorgung bei Vergewaltigung

Arbeitskreis "Gewalt gegen Frauen" nutzt Internationalen Tag zur Vorstellung des Angebots und Vorgehen in Mainz

v.l.n.r.: Dr. Cleo Pickhardt, Maike Pohl, Anette Diehl, Dr. Marko Groth, Dr. Doris Macchiella, Dr. Sabine Berghof, Dr. Michaela Henning

Den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen nutzte die Fachgruppe Gesundheit des Arbeitskreises (AK) Gewalt gegen Frauen und Kinder/Regionaler Runder Tisch (RRT) Mainz um mit einer Podiumsveranstaltung „Akutversorgung bei Vergewaltigung“ auf die verschiedenen Hilfsangebote in Mainzer Institutionen und Einrichtungen aufmerksam zu machen. Die meisten der ZuhörerInnen, die die Veranstaltung in der Frauenklinik der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität besuchten, arbeiten in städtischen Einrichtungen, Institutionen und Kliniken und haben somit beruflich auch Kontakt mit betroffenen Frauen und Mädchen.

In der Diskussion, die von Moderatorin Gisela Hilgefort geleitet wurde, stellten die insgesamt sieben Podiums-Gäste ihre Arbeit mit betroffenen Frauen und Mädchen vor und welchen Herausforderungen sie sich im Berufsalltag stellen müssen. Sowohl Dr. Sabine Berghof, Oberärztin der Frauenklinik des Katholischen Klinikum Mainz, als auch der niedergelassene Gynäkologe Dr. med. Marko Groth, Bezirksvorsitz Berufsverband der Frauenärzte e.V., Bezirksverband Rheinland-Pfalz, haben nur selten mit vergewaltigten Frauen Kontakt. Allerdings betonen beide, dass immer wieder Frauen mit vaginalen Verletzungen ihre medizinische Hilfe suchen, die eigentlich nur durch Gewalthandlungen zustande kommen können.

Frau Dr. Doris Macchiella, Oberärztin der Frauenklinik, Universitätsmedizin Mainz, behandelt dagegen zwei bis drei Frauen im Monat. Meistens werden diese von der Polizei gebracht und zusammen mit der Rechtsmedizin wird eine forensische Spurensicherung und medizinische Behandlung vorgenommen. Frau Dr. Cleo Pickhard vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz erklärt: „Wir behandeln ca. 100-150 Frauen pro Jahr in ganz Rheinland-Pfalz. Für vergewaltigte Frauen, die keine Anzeige machen möchten, steht die vertrauliche Spurensicherung zur Verfügung.“ Die gesammelten Spuren werden kostenfrei bis zu fünf Jahren aufbewahrt und sollte sich die Patientin für eine Anzeige entscheiden, kann die Polizei diese Spuren anfragen und auswerten.

In der OEG-Traumaambulanz der Universitätsmedizin Mainz werden im Jahr 15-20 Frauen nach Vergewaltigung behandelt. Leiterin Dr. Michaela Henning: „Die Behandlung in der OEG-Traumaambulanz über bis zu 15 Psychotherapiesitzungen wird über das Opferentschädigungsgesetz finanziert und ist deswegen an eine Anzeige geknüpft. Patientinnen, die noch keine Anzeige erstattet haben oder sich gegen eine solche entscheiden, können wir aber in unserer allgemeinen Ambulanz der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz zu psychosomatisch-psychotherapeutischen Erstgesprächen auf Überweisungsschein sehen und dann ggf. zur Krisenintervention in eine unserer Stationen aufnehmen. Leider haben es Patientinnen ohne Anzeige sehr schwer, eine zeitnahe ambulante Therapie zu finden, sie suchen oft vergeblich nach einem Platz.“

Im Polizeipräsidium Mainz kann man sich beraten lassen ohne gleich Anzeige zu stellen. Maike Pohl von der polizeilichen Opferberatung hat im Gegensatz zu Polizeibeamtinnen und –beamten Verschwiegenheitspflicht über ihre Anfragen. Zum Frauennotruf in Mainz kamen in 2014 54 betroffene Frauen und 49 Angehörige. Sie finden hier ein spezialisiertes Unterstützungsangebot mit Begleitung. Wichtig ist Anette Diehl von der Fachstelle zum Thema Sexualisierte Gewalt: „Frauen und Mädchen, die akut Opfer einer Vergewaltigung wurden, wünschen sich in der Regel als erstes körperlich und psychisch versorgt zu werden. Anzeigenerstattung steht im Moment des Schocks nicht im Vordergrund.“ Deshalb sollte die medizinische Versorgung und psychosoziale Unterstützung im Vordergrund stehen und vertrauliche Spurensicherung - ohne den Druck Anzeige machen zu müssen – angeboten werden. Dies ermögliche eine bessere Strafverfolgung, wenn die Betroffene sich zu einem späteren Zeitpunkt entscheidet Anzeige zu erstatten.

Dem Ziel die unterschiedlichen Angebote in Mainz besser zu vernetzen, ist man - laut Aussage aller mit dem Vortragsabend – schon näher gekommen. Interessierte meldeten sich bereits zur weiteren Kooperation.

Einig sind sich weiterhin alle, dass mehr Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema und den bestehenden Angeboten gemacht werden muss, bspw. eine zentrale Internetseite nach dem Frankfurter Beispiel www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de. „Generell hilfreich wäre, wenn die niedergelassenen Praxen Informationsmaterial allgemein zu sexualisierter Gewalt und den Fachstellen auslegen würden.“, ist sich Martina Trojanowski vom Frauenbüro der Stadt sicher. Die Fachgruppe würde auch gerne die Plakatkampagne des Projekts übernehmen. Mit den Informationen können betroffene Frauen und Mädchen direkt an die richtige Stelle für ihre individuelle Situation kommen, ob sie medizinische, psychosoziale oder juristische Unterstützung brauchen.“