Als am 15. November 1946 die medizinische Fakultät ihre Arbeit im vormals Städtischen Krankenhaus in Mainz aufnahm, entstand aus der Belegabteilung für Augenkranke eine Augenklinik mit 55 Betten. Prof. Adolf Jess, aus Leipzig berufen, war der erste Lehrstuhlinhaber. Bereits 1946 wurden 295 Patienten stationär aufgenommen. Davon wurden ca. 120 Patienten am Grauen Star operiert, 40 Patienten am Grünen Star und 30 Patienten mußten sich einer Amotio-Operation unterziehen. In dieser Zeit wurde der Graue Star extrakapsulär operiert. Für die Netzhautoperationen stand lediglich ein Hitze-Kauther zur Verfügung. Der damalige Oberarzt Thomann übernahm später die Augenklinik in Hagen/Westfalen. Prof. Jess war 1952 auch der Dekan der medizinischen Fakultät und bis zu seiner Emeritierung 1957 von den Aufgaben als Direktor der Augenklinik entbunden, vertrat jedoch den Lehrstuhl bis zu diesem Zeitpunkt.
1956, am 22. Februar, wurde der gemeinsame Neubau der Hals-, Nasen- und Ohren- und Augenklinik eingeweiht. Das 10-stöckige Hochhaus galt zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme als "schönste und modernste Klinik ihrer Art in Europa". Die Augenklinik hatte damals eine eigene Kinderstation, auf der bis zu 26 Kinder aufgenommen wurden. Die orthoptische/pleoptische Behandlung fand noch stationär statt. Die Kinder waren bis zu sechs Monaten in der Klinik, so daß sie eigene Lehrer hatten, um in der Schule nicht zu viel zu versäumen. Außerdem gab es eine Männerstation mit 33 Betten und eine weitere Station mit ebenso vielen Betten, die zur Hälfte als Frauen- und zur anderen Hälfte als Privatstation genutzt wurde. In der neuen Klinik standen zwei Operationssäle zur Verfügung. Waren 1955 in der "alten" Klinik von 678 aufgenommenen Patienten 448 operiert worden, so stiegen diese Zahlen mit dem "neuen" Haus auf 860 aufgenommene Patienten und 526 Operationen im Jahre 1956 an.
Nach der Emeritierung von Prof. Jess wurde Prof. Herzau aus Jena berufen. Die intraokularen Eingriffe wurden noch mit der Lupenbrille vorgenommen, der Graue Star noch extrakapsular oder schon mit der neueren Methode intrakapsular mit Hilfe einer Schlinge entfernt. Die Zahl der Patienten hatte sich erheblich erhöht, so wurden 1959 bereits 1.200 Patienten in die Klinik aufgenommen. Sie lagen durchschnittlich zwei bis drei Wochen stationär. Bei Netzhautoperationen war der Aufenthalt noch sehr viel länger. Die Patienten mußten mit beidseits verbundenen Augen in vorgegebenen, nicht zu verändernden Positionen liegen. Mit dem Lichtkoagulator waren jetzt Behandlungen der Netzhaut auch durch die Pupille möglich. .
Die Oberärzte von Prof. Herzau, Oppel und Lemmingson übernahmen später Kliniken in Wuppertal und in Karlsruhe. 1964 verstarb Prof. Herzau. Bis zur Berufung eines Nachfolgers leitete Dr. Oppel die Klinik kommissarisch.
Prof. Arno Nover wurde 1965 aus Köln berufen. Zwischenzeitlich leitete Dr. Oppel die Klinik kommissarisch. 1968 erfolgte der Anbau an die Augenklinik, in dem die Sehschule, die Privatambulanz und im 1. Stock die Privatstation mit zwölf Betten Platz fanden. Dadurch war die notwendige Erweiterung der Augenambulanz möglich, um der erheblich erhöhten poliklinischen Frequenz entsprechen zu können. Die Labors für Elektrophysiologie, Ultraschall und Histologie wurden ausgebaut, ein Elektronenmikroskop stand zur Verfügung.
Prof. Nover begründete die Deutsche Gesellschaft der Ophthalmopathologen.
Schon als Oberarzt übernahm Gärtner die Netzhautoperationen und begann mit Glaskörperchirurgie, zunächst als Open-Sky-Technik, bei der zunächst die Hornhaut heraustrepaniert wurde und nach beendeter Glaskörperchirurgie im Sinne einer Autokeratoplastik wieder eingenäht wurde. Später folgte die auch heute noch übliche hintere Glaskörperchirurgie über die Pars-Plana. Mit Hilfe des Blindenverbandes wurde 1973 in Mainz der erste Argon-Laser-Koagulator für das gesamte Rhein-Main-Gebiet angeschafft. 1972 bis 1984 war Gärtner Professor und Leiter der Netzhautabteilung, die aber noch in die Gesamtklinik integriert war.
Auch die Chirurgie der vorderen Abschnitte erfuhr eine enorme Entwicklung durch moderne Techniken, wie z.B. die Mikroskopchirurgie. Die Katarakte wurden vor allem intrakapsulär mit dem Kryostift extrahiert. Ende der siebziger Jahre begann man mit der Implantation von Kunstlinsen, zunächst von Iris-getragenen sogenannten Binkhorst-Linsen, die in die Pupille eingesetzt wurden. Dieser Linsentypus zeigte vergleichsweise hohe Komplikationsraten durch die Hornhauttrübungen. In der Augenklinik Mainz wurde deshalb sehr bald die Operationstechnik durch Schmidt (später Lüdenscheid) auf die extrakapsuläre Technik umgestellt. In Deutschland gehörte die Mainzer Augenklinik zu den ersten und dann auch führenden Kliniken bei der Weiterentwicklung der extrakapsulären Extraktion in Form der Phakoemulsifikation (1978). Bei dieser Methode wird der Linsenkern durch Ultraschall zerkleinert und aufgesogen. 1980 wurde mit der Implantation von den heute noch üblichen Hinterkammerlinsen begonnen. Die erforderlichen Schnitte in der Katarakt-Chirurgie waren wesentlich kleiner geworden, statt 12 bis 15 mm wurde der Bulbus nur noch drei bis sieben Milimeter eröffnet. Die Komplikationsrate sank deutlich. Die Belegungszeiten wurden erheblich kürzer, in der Vorderabschnittschirurgie zehn bis zwölf Tage.
In dieser Zeit habilitierten sich Steinbach (Düsseldorf), Hochgesand (Rüsselsheim), Schmidt (Lüdenscheid), Neuhann (München) und Rochels (derzeitiger Ordinarius in Kiel).
1984 übernahm Prof. Richard aus Tübingen den Funktionsbereich der Netzhautchirurgie. Jetzt wurden die Netzhautpatienten auf der Station im 2. Stock zusammengefaßt. Weitere technische Neuerungen, z.B. die Endo-Laserkoagulation (in Mainz stand das erste Gerät Deutschlands), machten immer schwierigere Operationen möglich. So wurde die Augenklinik in Mainz auch für die Netzhaut-Glaskörper-Chirurgie ein Zentrum in Deutschland.
Nach inzwischen mehr als 30-jähriger Nutzung war eine grundlegende Restaurierung der Klinik erforderlich. Umfangreiche Umbau- und Einbaumaßnahmen waren 1987 bis 1990 neben dem "normalen" Klinikbetrieb von allen Mitarbeitern zu verkraften. Die Erneuerung der Fenster, die Ausbesserung und Verputzung der Fassade, der Einbau von Naßzellen auf den Stationen seien hier hervorgehoben.
Nach der Emeritierung von Prof. Nover 1990 wurde Prof. Grehn aus Freiburg berufen. Die Schwerpunkte in der Vorderabschnittschirurgie änderten sich. Die Glaukomchirurgie wurde erweitert. Die immer noch zunehmende poliklinische Frequenz machte die Einführung von Spezialsprechstunden für Glaukom-, für Hornhaut-, für Orbita- und für Netzhautpatienten erforderlich.
In dieser Zeit habilitierten sich Pfeiffer und Lieb, zur Zeit Chefarzt der Augenklinik der St. Vincentius-Kliniken gAG Karlsruhe
1994 wurde der Operationstrakt umgebaut, so daß seitdem ein dritter Operationssaal zur Verfügung steht. Die Operationszahlen sprechen für sich: Wurden 1983 noch ca. 2.300 Eingriffe vorgenommen, so stieg diese Zahl 1991 auf knapp 3.000, 1993 auf mehr als 4.000 und beträgt jetzt etwa 4.500. Hinzu kommen noch ca. 2.700 Laserbehandlungen. Die Belegungszeiten verkürzten sich bei den Operationen des vorderen Abschittes auf drei bis fünf Tage, die durchschnittliche Verweildauer in der Klinik beträgt jetzt noch sieben Tage. In der Ambulanz wurden 1995 ca. 18.000 Patienten behandelt. Hinzu kommen noch ca. 3.000 Patienten, die aus den anderen Kliniken bei uns konsiliarisch vorgestellt wurden, und ca. 1.500 Konsile, die von unseren Mitarbeitern in anderen Kliniken durchgeführt wurden.
1995 nahm Prof. Richard eine Berufung als Ordinarius nach Hamburg an. Prof. Grehn übernahm den Lehrstuhl in Würzburg.
Seit 1995 wird die Universitäts-Augenklinik von Herrn Prof. Dr. med. N. Pfeiffer geleitet. 1996 begann eine große Renovierungs-, Umbau- und Neubauplanung des gesamten Bereichs der Augenklinik, Hals-Nasen-Ohren-Klinik und Frauenklinik. Nach zweijähriger Planungsphase wurde 1998 mit einem Teilabriss der Augenklinik und der Gynäkologie begonnen. Auf diesem Gelände ist inzwischen ein moderner dreistöckiger Neubaukomplex entstanden, in dem für die Augenklinik Operationsabteilung, ambulantes Operationszentrum, Sehschule und viele Funktionsräume untergebracht sind. Auch die Stationen und die Ambulanz befindet sich in diesem Gebäudetrakt. Allerdings steht noch ein Umzug an: Das Gebäude der Augenklinik, welches 1956 in Betrieb genommen wurde (siehe oben) wird vollständig entkernt und saniert. Der ursprüngliche Plan eines Abrisses und kompletten Neubaus musste verlassen werden: Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, denn sein Eingangsensemble mit dem nierentischförmigen Hörsaalgebäude, den grazilen Säulen und dem großen Mosaik im Eingangsbereich stellt die typische Architektur der 50er Jahre dar. Daneben war das Gebäude als solches bei seinem Bau in Rheinland-Pfalz einmalig: Es war der erste "Wolkenkratzer".
Klinische Schwerpunkte der Universitäts-Augenklinik sind zurzeit:
Die klinischen Schwerpunkte werden auch von den Forschungsansätzen der Augenklinik widergespiegelt. So wird unter anderem von Mainz aus eine der weltweit größten ophthalmologischen Studien konzipiert und geleitet. Daneben hat sich ein breiter, grundlagenwissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt mit modernen molekularbiologischen und biochemischen Methoden entwickelt. Ziel ist die klinischen Fragestellungen mit modernen grundlagenwissen-schaftlichen Methoden zu untersuchen und die Ergebnisse sofort wieder zur klinischen Anwendung zu bringen.
Neue Entwicklungen der letzten Zeit sind unter anderem die Etablierung eines ambulanten Operationszentrums mit einem breiten Angebot sowie die verbindliche und umfassende Einführung eines Weiterbildungscurriculums.