Elektrokonvulsionstherapie


Indikationen und Prinzip der EKT

Das Prinzip der EKT besteht in der Auslösung eines epileptischen Anfalls im Gehirn zu therapeutischen Zwecken und unter kontrollierten Bedingungen. Eine Narkose mit muskelentspannenden Medikamenten verhindert Muskelkrämpfe, so dass keine Verletzungsgefahr besteht. Insbesondere bei schweren und unter Umständen sogar lebensbedrohlichen Krankheitsbildern, die eine schnelle Besserung erfordern, wird dem betroffenen Patienten die Möglichkeit der Durchführung einer EKT angeboten. Hierzu gehören therapieresistente Depressionen, wahnhafte Depressionen, therapieresistente Schizophrenien und evtl. Manien.

Wirkmechanismus der EKT

Die exakten Wirkmechanismen der EKT sind trotz eindeutiger Beweise für ihre gute Wirksamkeit noch nicht ausreichend geklärt. Der Krampfanfall wird jedoch als entscheidend für die Wirkung angesehen („Heilkrampf“). Bekannt ist, dass ein im Rahmen einer EKT ausgelöster Anfall zahlreiche „funktionelle“ Veränderungen im Gehirn hervorruft, die denen einer dauerhaften Antidepressiva-Medikation ähneln. So werden z.B. die Konzentrationen von Hormonen und Botenstoffen im Gehirn günstig beeinflusst. Strukturelle Veränderungen des Gehirns werden auch durch wiederholte Anwendungen der EKT nicht hervorgerufen.

Risiken und Nebenwirkungen der EKT

Risiken und Nebenwirkungen wurden im Laufe der Zeit durch eine verbesserte Vorbereitung, Durchführung und Nachbetreuung der Patienten minimiert. Das Risiko für eine schwere Komplikation wird mit 1:50000 Behandlungen angegeben und liegt damit nicht höher als das allgemeine Narkoserisiko bei kleineren operativen Eingriffen oder z.B. bei einer Zahnextraktion. Risiken durch die Narkose werden jedoch durch eine sorgfältige Voruntersuchung in der Anästhesiologie minimiert. Unerwünschte Nebenwirkungen können - wie auch bei medikamentösen Behandlungen - auftreten. Diese können z.B. als vorübergehende Kopfschmerzen, vorübergehende Störungen der Orientierung und des Gedächtnisses auftreten. Nur in sehr seltenen Fällen (ca. 1:200 Patienten) halten Gedächtnisstörungen länger an. Demgegenüber ist zu beachten, dass Konzentrations- und Gedächtnisstörungen im Rahmen schwerer psychischer Erkrankungen (z.B. schwerer Depressionen) sehr häufig auftreten und viele Patienten durch eine erfolgreiche Therapie auch eine Verbesserung ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit im Verlaufe und nach einer EKT-Behandlungsserie (z.B. 6 Behandlungen) erleben.

Durchführung der EKT

Vor der Durchführung wird jeder Patient ausführlich über Prognose, Risiken, Nebenwirkungen und Prozedere aufgeklärt. Jeder Patient einschliesslich der Angehörigen erhält ausreichend Gelegenheit für Rückfragen. Vor der ersten Durchführung erfolgt wie bei einer OP-Vorbereitung eine umfassende internistische, neurologische und anästhesiologische Voruntersuchung. Ein Facharzt für Anästhesie (Narkosearzt) klärt gesondert über die i.R. der Behandlungsserie mehrfach durchzuführende Kurznarkose auf. Für eine ausreichende Wirksamkeit sind im Regelfall 6-12 Behandlungen notwendig. Üblicherweise erfolgen 2-3 Behandlungen pro Woche. Bei jeder Behandlung ist ein speziell geschultes Team anwesend (Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für Anästhesie, KrankenpflegerInnen), die Behandlungen finden in einem speziell dafür ausgestatten Behandlungsraum in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie statt. Nach Einleitung der Narkose schläft der Patient für ca. 10 Minuten. In dieser Zeit erfolgt eine kurzzeitige medikamentöse Muskelentspannung. Die Atmung wird dabei durch den Facharzt für Anästhesie überwacht und durch Maskenbeatmung (keine Intubation) unterstützt. Anschließend wird vom behandelnden Psychiater durch elektrische Stimulation im Bereich des Kopfes und über wenige Sekunden ein epileptischer Anfall ausgelöst. Der Anfall selbst ist durch die zuvor eingeleitete Muskelentspannung meist kaum zu sehen, die Dauer des Anfalls wird durch die EEG-Aufzeichnung (Elektroencephalogramm) überwacht; sie beträgt üblicherweise ca. 30-90 Sekunden. Nur kurze Zeit nach dem Ende des Anfalls erwachen die Patienten wieder, es folgt eine kurze Überwachungsphase im Behandlungsraum sowie eine weitere Überwachung auf der Krankenstation. Da die Behandlungen morgens durchgeführt werden, können die Patienten zum Mittag aufstehen und an den folgenden Mahlzeiten und ihrem üblichen Therapieprogramm teilnehmen.