Das Projekt SCAVIS ist als umfassender gestufter Versorgungsansatz konzipiert und wird vom Innovationsfonds des G-BA gefördert (3.49 Million € (Mainz 316 T€)). Dieses Employee Assistance Program bietet adäquate Hilfen für das gesamte Spektrum der Internetbezogenen Störungen (IBS) mit allen Schweregraden. Zielgruppe sind Frauen und Männer aus Betrieben im Alter von 16 bis 64 Jahren mit internetbezogenen Störungen und auffälligem Nutzungsverhalten (Internetsucht oder problematische Internetnutzung). Da das Programm auch ein primärpräventives Modul beinhalt, richtet es sich an alle MitarbeiterInnen aus den kooperierenden Betrieben, die über die Betriebskrankenkassen erreicht werden. Der gestufte Versorgungsansatz besteht aus einem Screening und nachfolgender Zuweisung zu einer Tracking-App (Interventionsstufe 1), telefonischer Kurzberatung (Stufe 2) und wenn nötig einer Online-Therapie (Stufe 3). Definierte Erfolgskriterien bestimmen in diesem Prozess das Therapieende oder die jeweils nächste Stufe. Alle Interventionen sind E-Health-basiert und in ein universelles Präventionsangebot eingebettet. Die Interventionen beinhalten Smartphone-Applikationen und/oder Telefonberatung sowie Online-Therapie. Im Rahmen des SCAVIS -Projekts wird in Mainz und Berlin ein eigenständiges Modul Online-Therapie (Step 3) zur Behandlung der IBS in Kooperation mit Prof. H. Salbach (Freie Universität Berlin) ab Herbst 2020 umgesetzt. Die Online-Therapie basiert auf einem standardisierten verhaltenstherapeutischen Behandlungsmanual, welches sich auf die Kognitive Verhaltenstherapie stützt und in Deutschland in einer Reihe von Suchtambulanzen und Rehabilitationskliniken eingesetzt wird. Die Notwendigkeit der Studie geht vor allem aus bislang fehlenden Konzepten der Frühintervention und der breiten Implementierung von telemedizinischen Maßnahmen zur Versorgung dieser wichtigen neuen Patientengruppe, deren Bedeutung in Zukunft sicher noch steigen wird, hervor.
Laufzeit: September 2020 - August 2023
Förderung: Innovationsfonds des G-BA
Durch die formelle Anerkennung der Computerspielsucht (Gaming Disorder) durch die WHO und die spezifischen therapeutischen Bedürfnisse der Patienten ist es erforderlich, niederschwellige, innovative sowie störungsorientierte Hilfsangebote zu entwickeln. Mit dem vom Innovationsfond des G-BA (G-BA; 1.31 Million € (Mainz 102 T€)) geförderten multizentrischen Versorgungsforschungsprojekt OMPRIS soll einer Suchtentwicklung oder Chronifizierung von Internetbezogenen Störungen durch telemedizinische Interventionen frühzeitig begegnet werden. So soll eine problematische Internet- und Computerspielnutzung frühzeitig diagnostiziert und sofern indiziert ihr auch präventiv begegnet werden. Das Projekt nutzt dazu ein eigens entwickeltes webcam-basiertes Motivationsprogramm. Dadurch sollen niederschwellig Verhaltensänderungsmotivationen geschaffen und Suchtsymptome reduziert werden. Das Programm ist für Interessierte und Betroffene kostenlos nutzbar. Teilnehmer können das Angebot also am Ort ihres Problemverhaltens, dem Internet selbst, nutzen. Neben der störungsorientierten therapeutischen Intervention wird ebenfalls die Möglichkeit zur webcam-basierten Sozialberatung geboten. Die Evaluation der Studienergebnisse kann von den Kostenträgern für die Versorgung Internetbezogener Störungen genutzt oder auch konzeptionell auf andere Störungsbilder übertragen werden. Zentral sind dabei die patientenseitige Verhaltensänderung und Adaption hin zu einem gesunden Lebensstil sowie die Förderung der Behandlungsmotivation.
Laufzeit: September 2020 - Oktober 2022
Förderung: Innovationsfond des G-BA
Die Studie stellt eine Add-On-Untersuchung zu einer populationsbasierten Kohortenstudie, der „Gutenberg-Gesundheitsstudie“ (GHS) mit etwa 15.000 Studienteilnehmern aus dem Rhein-Main-Gebiet dar. Mit dem Einschluss einer Kohorte von 70 glücksspielsüchtigen Patienten sollen im Rahmen dieser Ergänzungsstudie Erkrankungsraten und psychosoziale sowie kardiovaskuläre Risikofaktoren der Koronaren Herzkrankheit (KHK) bei Pathologischem Glücksspiel analysiert werden. Durch den angestrebten Einschluss von 70 Patienten mit diagnostiziertem Pathologischen Glücksspiel (ICD-10: F63.0) soll erstmals eine umfassende psychopathologische und biologische (Labordiagnostik, Funktionsdiagnostik) Charakterisierung dieses Patientenkollektivs ermöglicht werden. Als Vergleichsgruppe dient eine gemachte Stichprobe von nicht-pathologischen Glücksspielern. Im Zentrum der Untersuchung stehen verschiedene psychische und biologische Faktoren, die innerhalb der GHS und im klinischen Setting der Ambulanz für Spielsucht erhoben werden. Daraus lassen sich insbesondere Bindeglieder in Form von spezifischen Risikomarkern (bspw. Tachykardien oder beeinträchtigte Endothelfunktionen) zwischen Pathologischem Glücksspiel und KHK ableiten. Aus der Fragestellung und bisherigen Studienergebnissen wird folgende Hypothese abgeleitet: Pathologische Glücksspieler weisen im Vergleich zu Kontrollprobanden mehr Risikofaktoren für KHK auf. Darüber hinaus finden sich mehr KHK in der Anamnese der medizinischen Vorgeschichte. Zudem kann untersucht werden, ob defizitäre kognitive Leistungen negativ mit dem Gesundheitsverhalten der Pathologischen Glückspieler assoziiert sind.
Laufzeit: Juli 2015 - Dezember 2021
Förderung: Inneruniversitäre Forschungsförderung
In einer Pilotstudie soll eine modifizierte Expositionsbehandlung in der Behandlung von Internetbezogenen Störungen (IBS) eingesetzt werden und gleichzeitig eine Überprüfung der dadurch erreichten Effekte erfolgen. Dieses erweitere Expositionstraining wird bei einer Kohorte von ambulant behandelten Patienten mit IBS (n=40) als supportives Therapieelement zu einer bereits evaluierten Kurzzeittherapie zur Anwendung kommen. Als Indikatoren für die Effekte des Expositionstrainings werden in der einarmigen Behandlungsbedingung zu drei Messzeitpunkten (Vor, unmittelbar nach und 3 Monate nach der Therapie) veränderungssensitive Verfahren eingesetzt: Der Implizite Assoziationstest und die Ableitung Ereigniskorrelierter Potenziale unter Verwendung des Cue-Reactivity-Paradigmas. Im Projekt Neurokognitive Trainings bei internetbezogenen Störungen wird eine kontrollierte Konfrontation mit suchtassoziierten Bildreizen unter Ableitung emotionaler Reaktionen der Patienten mit IBS erfolgen. Zusätzlich wird eine angepasste Version des alkoholbasierten CBM-Trainings eingesetzt werden. In einer quasi-kontrollierten Studie werden die so gewonnenen Daten mit zwei klinischen Referenzgruppen verglichen, deren Daten bereits vorliegen. Eine Ausweitung des Projekts nach der Pilotphase (Implementierung in stationären Rehabilitationskliniken) ist geplant, um die Wirksamkeit des Verfahrens auf einer höheren Evidenzstufe zu untersuchen.
Laufzeit: Januar - September 2020
Förderung: Inneruniversitäre Forschungsförderung
Internetbezogene Störungen stellen ein zunehmend verbreitetes Gesundheitsproblem in der Bevölkerung dar. Während epidemiologische Studien wiederholt haben zeigen können, dass Männer und Frauen annähernd gleich häufig von Internetbezogenen Störungen betroffen sind, erweist sich unter klinischen Gruppen, dass hier nahezu ausschließlich betroffene Männer wegen der Problematik Hilfe suchen. Eine überzeugende Erklärung für diese Diskrepanz fehlt bislang. Zur Überprüfung der Ursachen dieser geschlechtsspezifischen Unterschiede sieht das Projekt IBSFEMME eine kombinierte Datenerhebung und –analyse im Sinne eines Mehrebenen-Designs vor. Ausgehend von umfassenden Sekundärdatenanalysen, welche adaptiv mit Originaldaten ergänzt werden, erfolgt eine systematische Testung von drei Haupthypothesen. Die Sekundärdaten enthalten quantitative und qualitative Angaben aus verschiedenen Stichproben (klinische und bevölkerungsbasierte) zu relevanten Aspekten wie Ausprägung der Internetbezogenen Störungen, sowie diagnostische Kriterien, Symptombelastung, Komorbidität und Behandlungsmotivation. Die Originaldatenanalysen basieren auf konsekutiven klinischen Stichproben, Daten aus experimentalpsychologischen Testungen und längsschnittlichen Verlaufsmessungen. Die Datenanalyse erfolgt mittels inferenzstatistischer Methoden, ergänzt um qualitative Auswertungsstrategien, was eine umfassende Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes ermöglicht.
Laufzeit: November 2017 - April 2019
Förderung: Bundesministerium für Gesundheit
Die zunehmende Verbreitung des Internets in der Gesellschaft und die annähernd 100%ige Nutzung von internetbasierten Anwendungen durch Jugendliche in Deutschland (Jim-Studie, 2013) hat in den letzten Jahren zu einem intensiven gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs über Vor- und Nachteile der neuen Medien geführt. Zentrale Fragestellungen, die verschiedene Fachdisziplinen (Medienpädagogik, Publizistik, Soziologie, Medienrecht, Ökonomie, Psychologie, Psychosomatische Medizin, Politikwissenschaften usw.) verbindet, beziehen sich auf (1) Nutzungsformen und Intensität der Mediennutzung Jugendlicher, die zu den intensivsten Nutzern moderner Medien zählen; (2) die Frage nach Einflüssen auf die biologische, psychologische, soziale und akademische Entwicklung, sowie (3) nach Einflussgrößen, die eine entwicklungsförderliche oder -hemmende Wirkung haben. Die o.g. Fragestellungen erfordern das Design einer Längsschnittstudie, über welche individuelle Verläufe im Nutzungsverhalten abgebildet werden können. Sie ist innovativ und schließt wesentliche Erkenntnislücken, da methodisch hochwertige Längsschnittdesigns in diesem Bereich noch kaum umgesetzt wurden. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird in enger Kooperation mit dem Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz eine repräsentative Stichprobe von Jugendlichen in Rheinland-Pfalz gezogen (N=1800) und über den Zeitraum von 3 Jahren standardisiert befragt. Die prospektive Längsschnittstudie umfasst somit 3 Erhebungswellen in den Jahren (2015 bis 2018).
Laufzeit: 2015-2018
Förderung: Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz, JGU Mainz
Publikationen:
Müller, K.W., Wölfling, K., Beutel, M.E., Stark, B., Quiring, O., Aufenanger, S., Schemer, C., Weber, M. & Reinecke, L. (in press). Insights into aspects behind internet-related disorders in adolescents: The interplay of personality and symptoms of adjustment disorders. Journal of Adolescent Health, in press.
Beutel, M. E., Klein, E. M., Aufenanger, S., Brähler, E., Dreier, M., Müller, K. W., Quiring, O., Reinecke, L., Schmutzer, G., Stark, B. & Wölfling, K. (2016). Procrastination, Distress and Life Satisfaction across the Age Range–A German Representative Community Study. PloS one, 11(2), e0148054.
Reinecke, L., Aufenanger, S., Beutel, M.E., Dreier, M., Quiring, O., Stark, B., Wölfling, K. & Müller, K.W. (2016). Digital Stress over the Life Span: The Effects of Communication Load and Internet Multitasking on Perceived Stress and Psychological Health Impairments in a German Probability Sample. Media Psychology, 1-26.
Bei dem von der DFG und dem BMBF geförderten Projekt STICA (Short-term Treatment of Internet and Computer game Addiction) handelt es sich um eine multizentrische randomisierte klinische Studie (RCT). Mit dieser Studie wurden Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der an der Ambulanz für Spielsucht entwickelten verhaltenstherapeutischen Behandlung für Computerspiel- und Internetsucht überprüft werden (Wölfling et al., 2012). Insgesamt wurden 165 männliche Patienten im Alter von 17 bis 55 Jahren mit Internet- und Computerspielsucht behandelt. Internetsucht beinhaltet unterschiedliche Aktivitäten im Internet, die von Betroffenen unkontrolliert bzw. exzessiv ausgeübt werden und folgenreiche Symptome produzieren. Ihre Haupterscheinungsformen beziehen sich auf Computer- bzw. Online-Spiele (z. B. Browsergames, Online-Rollenspiele), die Nutzung von sozialen Netzwerken und Chats, das Surfen auf Erotikseiten, die Teilnahme an Online-Glücksspielen (z. B. Poker, Online-Casinos), das Ansehen und Sammeln von Videos bzw. Filmen (z. B. Streaming-Angebote), ausuferndes Einkaufen (z. B. Online-Auktionen) oder das ziellose Recherchieren und Sammeln von Informationen (z. B. Online-Informationsplattformen oder Lexika). In den beteiligten Studienzentren wurden die Patienten zufällig entweder der Therapiegruppe oder einer Wartekontrollgruppe zugeordnet. Mit dem Vergleich dieser beiden Gruppen wurde die Wirksamkeit der speziellen verhaltenstherapeutischen Kurzzeitintervention geprüft. Die Behandlung besteht aus 15 Gruppensitzungen (wöchentlich je 100 Minuten) und acht Einzelsitzungen (alle 14 Tage 50 Minuten). Die Leitung des Projekts wurde durch Prof. Dr. M.E. Beutel (PI) und Dr. K. Wölfling (Co-PI) übernommen.
Laufzeit: 2012-2017
Förderung: Deutsche Förderungsgemeinschaft / Bundesministerium für Bildung und Forschung; 878.500,00€ (ges. Laufzeit)
Publikationen:
Jäger, S., Müller, K.W., Ruckes, C., Wittig, T., Batra, A., Musalek, M., Mann, K., Wölfling, K. & Beutel, M.E. (2012). Effects of a manualized Short-term Treatment of Internet and Computer game Addiction (STICA): Study protocol for a prospective randomised controlled multicentre trial. Trials, 2012, 13(43).[doi:10.1186/1745-6215-13-43]
Wölfling, K., Jo, C., Bengesser I., Beutel, M. E. & Müller, K.W. (2012). Computerspiel- und Internetsucht: Ein kognitiv-behaviorales Behandlungsmanual. In Buchkremer, G., Batra, A. Reihe: Störungsspezifische Psychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
Wölfling, K. Mueller, K.W., Dreier, M. & Beutel, M.E. (2017). Short-term Treatment of Internet and Computer Game Addiction (STICA) - a randomized clinical trial. Journal of Behavioral Addictions, 6, 60-60 [Abstract]
Das Projekt »Neue elektronische Medien und Suchtverhalten – Gefahren, Therapien und Präventionsmöglichkeiten« wurde vom Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) als Gutachten zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ausgeschrieben. Unter der Leitung von Dr. Klaus Wölfling formierte sich ein interdisziplinäres Expertenkonsortium, welches anschließend vom Deutschen Bundestag mit der Durchführung des Projektes beauftragt wurde.
Grundlage des TAB-Projektes war zunächst eine Literatur- und Quellenanalyse zum Stand der interdisziplinären Forschung in diesem Bereich. Die in Wissenschaft und Gesellschaft diskutierten Suchtbegriffe und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Bewertung von Mediensucht sowie eine multiperspektivische Betrachtung der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen einschließlich möglicher Formen zur Prävention, Beratung und Behandlung wurden erarbeitet und vergleichend eingeordnet sowie die Erkenntnisse der Literatur- und Quellenanalyse mit Blick auf die genannten Leitfragen der Untersuchung thesenhaft verdichtet.
Neben leitfadengestützten Interviews mit Stakeholdern wurden mehrere moderierte Workshops durchgeführt, die der Validierung ausgewählter Hypothesen zum gesellschaftlichen Umgang mit dem Phänomen Mediensucht dienten. Es wurden prioritäre Handlungsfelder im Zusammenhang mit der exzessiven Mediennutzung bzw. Mediensucht von Kindern und Jugendlichen für unterschiedliche – insbesondere politische – Stakeholdergruppen identifiziert und beleuchtet. Daneben wurden Kinder und Jugendliche (als auch deren Erziehungsberechtigte) selbst als Akteurgruppe in ausgewählten qualitativen Beteiligungsformaten wie Fokusgruppen in das TAB-Projekt eingebunden. Das erstellte Gutachten wurde vom Deutsche Bundestag geprüft und freigegeben. Die Ergebnisse eines Berichtes, der durch das Büro für Technikfolgeabschätzung beim Deutschen Bundestag erstellt wurde und in seinen wesentlichen inhaltlichen Punkten auf dem o.g. Gutachten aufbaut, können hier eingesehen werden.
Die Projektergebnisse wurden im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung den Parlamentariern im Deutschen Bundestag unter Federführung von Dr. Klaus Wölfling zur Diskussion gestellt.
Laufzeit: Oktober 2014 - Juni 2016
Förderung: Deutscher Bundestag - Büro für Technikfolgenabschätzung, 45.500€ (ges. Laufzeit)
Publikationen:
Der Bericht ist unter diesem Link zu finden: http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab166.pdf
Effekte der stationären Behandlung von Patienten mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel konnten in Deutschland bislang nur in eingeschränktem Umfang vertieft untersucht werden. Die hierzu verfügbaren Studien unterliegen häufig methodischen Schwächen wie etwa einer eingeschränkten Operationalisierung von Behandlungszielkriterien (Endpunkten) oder Selektionseffekten auf Grund geringer Rückläuferquoten. Eine routinemäßige Wirksamkeitsüberprüfung im Rahmen der Standardkatamnese gemäß KDS (Deutscher Kerndatensatz) gestaltet sich zudem oft als schwierig, da die hierzu verfügbaren Fragen vor allem für den Bereich der Substanzabhängigkeit formuliert sind. In einer Erhebung, welche zum Ziel hatte, bestehende methodische Defizite bisheriger Katamneseerhebungen auszugleichen, konnte gezeigt werden, dass die stationäre Rehabilitation bei Patienten mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel eine gute Wirksamkeit aufweist. Gleichzeitig erwies sich, dass bestimmte Sachverhalte nur unzureichend über klassische Auswertungsmethoden bestimmbar sind. Ziel des vorliegenden Projekts war die quantitative Re-Analyse sowie die qualitativ-explorative Auswertung der zuvor gesammelten Daten von Patienten, die vollständige Daten ein Jahr nach Beendigung der stationären Maßnahme zur Verfügung stellten. Hierdurch sollte insbesondere untersucht werden, welche Faktoren (Rückfallpräventionsstrategien und erlebte Veränderungsprozesse) bei den Patienten zu einer dauerhaften Aufrechterhaltung der Abstinenz führen und durch welche Charakteristiken sich Patienten mit einer fortgeführten Glücksspielteilnahme, die jedoch keine pathologischen Züge aufweist, auszeichnen. Zu diesem Zweck wurde eine Kombination von qualitativen und quantitativen Auswertungstechniken realisiert. Die Ergebnisse zeigen, dass mit etwa 40% die Mehrzahl der Patienten ein Jahr nach Behandlungsende eine Abstinenz vom Glücksspiel aufrechterhält, dass ca. 30% über Rückfälle, verbunden mit Symptomen des Pathologischen Glücksspiels, berichten und weitere 30% die Glücksspielteilnahme fortführen, hierdurch jedoch kein erneutes Auftreten der Symptome des Pathologischen Glücksspiels erleben und somit als asymptomatisch bezeichnet werden können. Im Unterschied zu rückfälligen Patienten weisen abstinente und asymptomatische Patienten eine Nachreifung zentraler Persönlichkeitsmerkmale auf, wohingegen eine deutliche Verbesserung des Funktionsniveaus unter allen Patienten deutlich wird. Auf qualitativer Ebene zeigte sich, dass unter anderem soziale Unterstützung, soziale Verpflichtung, Effekte durch Nachsorgemaßnahmen sowie der Transfer von in der Therapie erlernten Techniken in den Lebensalltag nach der Behandlung funktionale Strategien darstellen, um dauerhafte Rückfälle zu vermeiden und den Behandlungserfolg aufrechtzuerhalten.
Laufzeit: November 2015 - Januar 2016
Förderung: Bundesministerium für Gesundheit; 7.575,00 €
Effekte der stationären Behandlung von Patienten mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel konnten in Deutschland bislang nur in eingeschränktem Umfang vertieft untersucht werden. Eine routinemäßige Wirksamkeitsüberprüfung im Rahmen der Standardkatamnese gemäß KDS (Deutscher Kerndatensatz) gestaltet sich oft schwierig, da die hierzu verfügbaren Fragen vor allem für den Bereich der Substanzabhängigkeit formuliert sind. Ziel des vorliegenden Projekts war die Entwicklung einer spezifischen Katamnese (Fragebogen, Durchführungsstandards) für Patienten mit der Diagnose Pathologisches Glücksspiel. Hierüber sollte unter sorgfältiger Definition relevanter und gleichzeitig störungsspezifischer Endpunkte eine möglichst objektive Quantifizierung der Effekte einer stationären Rehabilitation evaluiert werden. Zu diesem Zweck wurden innerhalb eines Jahres mittels eines multizentrischen Messwiederholungsdesigns mit drei Wellen (vor und nach der Therapie sowie ein Jahr nach Therapieende) Daten von 402 Patienten mit der Erstdiagnose Pathologisches Glücksspiel erhoben. Die erzielte Rücklaufquote zum Follow-up belief sich auf 67.7%. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass 69% der Patienten im Follow-up nicht mehr die diagnostischen Kriterien des Pathologischen Glücksspiels erfüllen, obgleich die Abstinenzquoten (nach DGSS 1) mit 40.7% deutlich unter diesem Wert liegen. Hinsichtlich der sekundären Endpunkte erwies sich, dass bei allen Patienten nach der Therapie eine signifikante Verminderung der psychopathologischen Symptombelastung und des Cravings zu verzeichnen war. Sehr hohe Effektstärken im Follow-up waren hinsichtlich der Erhöhung des psychosozialen Funktionsniveaus zu beobachten. Die vor Therapieantritt erlebte psychosoziale Symptombelastung sagte teilweise den zu erwartenden Therapieerfolg voraus, ebenso wie der Persönlichkeitsfaktor Extraversion. Innerhalb der Gruppe der erfolgreich austherapierten Patienten zeigte sich zudem eine Nachreifung in den erhobenen Persönlichkeitsmerkmalen. Die Ergebnisse deuten auf eine insgesamt gute Therapierbarkeit des Pathologischen Glücksspiels durch die suchtspezifischen Therapiekonzepte der partizipierenden Kliniken hin. Vor dem Hintergrund, dass ca. ein Drittel der Patienten nach 12 Monaten noch die Kriterien des Pathologischen Glücksspiels erfüllt, erscheint eine tiefergehende Charakterisierung dieser Klientel notwendig, um eine spezifische Adaption der bestehenden Therapiestrukturen im Indikationsfall realisieren und Rückfälle vermeiden zu können.
Laufzeit: März 2013 - April 2015
Förderung: Bundesministerium für Gesundheit; 26.700,00 € (ges. Laufzeit)
Publikationen:
Müller, K.W., Koch, A., Dickenhorst, U., Naab, L., Beutel, M.E., Dreier, M. & Wölfling, K. (2015). Effects of inpatient treatment of pathological gamblers: First results of a multicenter follow-up study. Journal of Behavioral Addictions 4 (Suppl. 1), p. 29 [Abstract]
Müller, K.W., Naab, L., Wölfling, K., Beutel, M.E., Dickenhorst, U. & Koch, A. (2017). Psychological well-being as an additional outcome parameter in the treatment of patients with Gambling Disorder. Results from a clinical multicenter follow-up study. Journal of Happiness Studies, 18(4), 1045-1059.
Müller, K.W., Wölfling, K., Dickenhorst, U., Beutel, M.E., Medenwaldt, J., & Koch, A. (2017). Recovery, relapse, or else? Treatment-outcomes in Gambling Disorder from a multicenter follow-up study. European Psychiatry, 43, 28-34.